Die Fastnachtsnarren. Humoresken
hereingebracht.«
»Heiz!«
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Hole sie herüber!«
Im nächsten Augenblicke befand sie sich in der Hand ihres Besitzers.
»Da stopfe Er sich einmal von diesem neuen Knaster! Komm Heinz, der muß so fein wie möglich geschnitten werden!«
Während Karl der Aufforderung des Obersten Folge leistete und seine Pfeife in Stand setzte, beschäftigten sich die beiden Andern einträchtiglich mit der Zerkleinerung einer mächtigen Rolle amerikanischen Wickeltabakes. Lange ward kein Wort dabei gesprochen, und es war Nichts zu vernehmen, als das Knirschen der Messer und das fleißige Paffen der sechs rauchenden Lippen. Trotz des geöffneten Fensters füllte sich das Zimmer mit einer wahren Unmasse dicken Rauches an, so daß ein Nichtraucher es wohl schwerlich lange darin ausgehalten hätte; aber das war ja grad die Atmosphäre, welche der »alte Knaster« so ungemein liebte, und je dichter sie wurde, desto mehr ließ sich auch nach und nach jenes behagliche Knurren hören, welches wir schon am Anfange unsrer Geschichte erwähnt haben.
»Heinz!« klang es endlich.
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Weißt Du, daß die Botenhanne den Fuß gebrochen hat?«
»Ja, Dorchlaucht.«
»Wie geht es mit ihr?«
»Schlecht, Dorchlaucht, trotzdem sie vier kleine Kinder hat, wogegen der Vater im vorigen Frühjahr gestorben ist. Es ist ein Elend! Kein gescheidtes Bett und kaum ein Stückchen trockenes Brod. – – Dorchlaucht!«
»Was?«
»Soll ich ihr darüber ein paar Thaler hintragen?«
»Ist nicht nothwendig! Es hat schon vorgestern Jemand für sie gesorgt.«
Es war gut, das der Rauch so undurchdringlich war, sonst hätte die Röthe auf dem Gesichte Karls verrathen, wer dieser Jemand sei.
»Heinz!« ertönte es nach einer Weile wieder.
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Weißt Du, daß der Schneider Müller wegen Schulgeldern gepfändet werden sollte?«
»Nein, zumal das ein braver Kerl ist, der Tag und Nacht arbeitet, bis es ihm nicht gut aus der Hand geht und er auch niemals genug verdienen kann. – – Dorchlaucht!«
»Was?«
»Soll ich ihm ein paar Thaler hintragen?«
»Nein! es hat schon Einer das Schulgeld für ihn bezahlt.«
Wieder war es gut, daß der Tabaksqualm dem drohenden Verrathe steuerte.
»Heinz!« rief es jetzt zum dritten Male.
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Ich kenne einen Studenten, dem ist plötzlich der Vater gestorben, und nun fehlen ihm die nöthigen Mittel, die Universität weiter zu besuchen. Er hat Etwas gelernt, führt gute Conduiten, und es wäre jammerschade, wenn er die Carrière aufgeben sollte!«
»Das ist schlimm, Dorchlaucht, indem es kein Unglück giebt, wenn man Bauernknecht gewesen ist und nachher fürstlicher Leibjäger wird, sondern auch das ist viel trauriger, wenn man auf der Schule studirt hat und nachher ein Hans Staarmatz werden soll. – – Dorchlaucht!«
»Was?«
»Wollen wir dem Menschen helfen, hingegen wir ja auch nicht wissen, wie es uns noch einmal gehen kann?«
»Nein! Das ist nicht nöthig, da ein anderer Student ihn zu sich genommen hat und nicht nur Kost und Logis sondern auch sein Taschengeld mit ihm theilt.«
»Sapperlot, Dorchlaucht, das ist ein tüchtiger Junge, den ich darauf wohl einmal kennen lernen möchte! Hat er Geld?«
»Nein. Seine Eltern sind selbst ganz arm, so daß er sie schon jetzt mit unterstützen muß. Zwar bekommt er von irgend Jemandem ein Weniges, aber das will nicht weit reichen, und da giebt er Privatstunden und schreibt Kollegienhefte für Andre, um sich Etwas zu verdienen.«
»Indem ich den Menschen nicht kenne, möchte ich zuweilen seinen Namen wissen. Wie heißt der Kerl, Dorchlaucht?«
»Heinz?«
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Du bist ein Esel!«
»Sapperlot, Dorchlaucht, das leide ich nicht, wo hingegen ich noch bei keinem andern Herrn gedient habe als bei Ihnen, so will ich doch einmal sehen, wer mich darüber einen Esel nennen kann!«
»Und doch bist Du einer!«
»In sofern denn?«
»Sonst müßtest Du ja lange wissen, von wem ich spreche!«
Jetzt erst ging dem alten, treuen Degenknopf ein Licht auf.
»Sapperlot, Dorchlaucht, dazumal bin ich auch gewiß und wahrhaftig einer, wogegen ich neben ihm sitze und mir doch nicht denken kann, wer es ist! Und das ist Alles wahr, von der Botenhanne, dem Schneider und sowohl auch von dem Studenten? Da ist es ja gar kein Wunder, wenn unsre Groschens auf die Neige gehen, indem folglich auch noch Dinge vorgehen werden, die wir noch gar nicht erfahren haben! –
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