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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er nur dem Zwange folge; »ich will mir den Leviathan erst einmal richtig ansehen, darum ich weiß, woran ich bin. – Ja, das ist ein Ziegenbock; wer das nicht sieht, der ist dümmer als eine alte Jungfer, und das will doch viel sagen!«
    »Höre Er, soll das etwa auf mich gehen? Dann werde ich mir solche Grobheiten ganz nachdrücklich verbitten!«
    »O nein, denn Sie ist auch ohne Ihre alte Jungferei niemals so recht klug zwischen den Ohren gewesen. Ich kann Ihr das sehr gut beweisen, versteht Sie mich wohl? Und nun passe Sie auf, was ich Ihr sage! Von hier bis Neudorf führt sie den Bock, und ich gehe dahinter her, um ganz genau Achtung zu geben, ob er umgewandelt wird, und von Neudorf bis hierher führe ich die Ziege, und Sie geht dahinter her. Aber nehme Sie Verstand an, und laufe Sie nicht wie ein Scheerenschleifer; mein Holzstummel ist keine Locomotive!«
    »Darüber braucht Er gar keine Sorge zu haben; mein Asthma versteht auch keinen Spaß!«
    »Gut, da wären wir also einig, und es kann losgehen, aber nicht etwa durch die Stadt, sondern fein hinten herum, sonst stehen wir übermorgen im Wochenblatte und werden darunter ausgelacht nach Noten. Hier ist der Strick. Vorwärts, marsch!«
    Heut fühlte Adeline bei Weitem nicht die Angst, mit welcher sie gestern denselben Weg angetreten hatte. Sie war ja nicht allein und kannte Heinrich als einen Mann, der zwar steif und fest an Geister und Gespenster glaubte, aber ganz gewiß muthig Stand halten würde, wenn sich etwas ungewöhnliches zutragen sollte. Sie hegte vor ihm ganz denselben Respect, den er gegen seinen Herrn an den Tag legte, und da sie wußte, daß er zu einer Plauderei mit ihr niemals aufgelegt sei, so schritt sie schweigsam voran und sorgte dabei mit allem Fleiße dafür, daß er sich nicht über ihre Schnelligkeit zu beklagen habe.
    So ging es still und langsam den Berg hinan, wo sie bald an das Wirthshaus gelangten. Hier blieb die Jungfer stehen.
    »Ich kann jetzt partout nicht weiter,« seufzte sie, tief Athem holend, »und muß mich unbedingt da drin ein Wenig verschnaufen, ehe ich wieder gehen kann. Will Er wohl so gut sein und den Bock halten, bis ich herauskomme?«
    »Was fällt Ihr denn eigentlich ein? Glaubt Sie etwa, daß ich Ihr Ziegenjunge bin, den Sie mit Ihrem Hepphepp hinstellen kann wo es Ihr beliebt? Indem hat Sie ja von Wildauen bis Neudorf für diese Kreatur zu sorgen, wogegen mir mein Bein so viel zu schaffen macht, daß ich mich ebenso ein Bischen niedersetzen muß wie Sie! Hänge Sie Ihren Kameraden hier an die Querstange; es wird ihm während der paar Minuten, welche wir in der Stube sind, Niemand das Fell über die Hörner ziehen!«
    Gesagt, gethan! Der Bock wurde angebunden, und die Beiden traten in das Haus. Noch aber hatte sich die Thür nicht lange hinter ihnen geschlossen, so kam der Wirth mit der Ziege um die Ecke geschlichen, um die Verwechselung zu besorgen. Die Wirthschafterin stattete der Schwester und dem Schwager einen langen Bericht über ihr gestriges Abenteuer ab und hätte wohl gar kein Ende ihrer Klagen gefunden, wenn Heinrich nicht darüber die Geduld ausgegangen wäre.
    »Na, höre Sie endlich einmal auf, zu lamentiren, wiewohl die Sache dadurch gar nicht anders wird und wir dafür noch einen weiten Weg haben. Heut wird es schon anders werden, sondern ich lasse mich von keinem Bartholomäus an der Nase herumführen. Vorwärts, daß wir sobald nach Neudorf kommen, indem wir vielleicht nachher noch auf eine Minute hier wieder zusprechen!«
    Sie gingen. Adeline nahm die Ziege an sich, und Heinz bildete wie vorher die Nachhut.
    »Na, sieht Sie, daß er das Fell noch hat? Zudem scheint es mir überhaupt, als ob gestern die Sache gar nicht mit unrechten Dingen zugegangen sei. Ein Geist kann wohl eine Ziege in ein Kameel oder in einen Haifisch verwandeln, einen Bock aber wird er demnach niemals aus ihr fertig bringen. Sie hat eine Ziege angesehen und gehandelt und daher beim Fortgehen sich vergriffen und einen Bock erwischt!«
    »Das mache Er mir nicht weiß,« ertönte im beleidigten Tone die Antwort. »Es ist gar kein Bock im Stalle gewesen!«
    »So? Na, wir werden das ja nachher sehen, obgleich der Heinz der Geschichte ganz gewiß noch auf die Spur kommen wird!«
    »Ja, Er ist immer klüger als andre Leute!«
    »Das ist wahr; aber Sie kommt mithin immer noch über mich!«
    Sie schwieg, und er war ganz damit einverstanden. Trotz ihres Körperumfanges und seines Stelzfußes kam man jetzt bergab schneller

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