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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vorwärts; die Lichter des Dorfes blickten ihnen entgegen, und bald standen sie vor dem Schulzengute, an dessen Thore sie um Einlaß klopften. Ein Knecht kam, um zu öffnen.
    »Gebt einmal die Ziege heraus,« redete Heinz ihn an, »zudem Ihr hier der Jungfer gestern einen Bock aufgehängt habt!«
    »Einen Bock?« war die erstaunte Antwort. »Bei uns hat es im ganzen Leben keinen Ziegenbock gegeben. Da muß ein Irrthum vorliegen!«
    »Nein, darauf giebt es nicht den mindesten Zweifel. Wo ist der Schulze?«
    »Drin in der Stube.«
    »Er soll herauskommen und hierbei eine Laterne bringen!«
    Der Knecht entfernte sich. Sein Bericht brachte nicht blos den Schulzen, sondern sämmtliche Hausbewohner auf die Beine, die bald alle mit einander um die Ziege standen.
    »Einen Bock hätten wir dem Fräulein gegeben?« frug der Gutsherr. »Das könnte ich nicht begreifen. Zeigt einmal her!«
    Er beleuchtete das Thier mit der Laterne, und kaum war der erste Lichtschein auf dasselbe gefallen, so erhob sich ein so dröhnendes Gelächter, daß selbst die Ziege sich hingerissen fühlte und ein verwundertes Meckern hören ließ.
    »Ein Bock soll das sein? Was? Wenn das keine Ziege ist, so fresse ich sie auf der Stelle mit Haut und Haar! Wo habt Ihr Leute denn nur Eure Augen gehabt?«
    Das war nun allerdings ein ganz und gar unbegreiflicher Fall, und die beiden prinzlichen Dienstboten gukten einander so verdutzt in das Gesicht, daß das Lachen mit neuer Stärke begann und gar nicht enden wollte. Das brachte Heinz wieder zu sich selbst.
    »Wollt Ihr wohl sobald auf der Stelle Ruhe geben, Ihr unverständiges Volk Ihr! Ich sage Euch, daß es zudem ganz gewiß ein Bock gewesen ist; wir haben ihn Alle gesehen, und das Krakehllinchen hat ihn geführt, worauf ich hinterher gegangen bin, dafern ich die Verzauberung gleich bemerken könnte. Da ist der heilige Bartholomäus Schuld, von woher Ihr aber nichts versteht und begreift. Packt Euch in Eure Stube und lacht über Eure eigne Unwissenheit. Gute Nacht!«
    »Gute Nacht!« rief es unter einem förmlich wiehernden Gelächter aus allen Kehlen, denn die eigenthümliche und geheimnißreiche Strafrede Heinrichs hatte die Lustigkeit nur vergrößert, anstatt sie zu vermindern. Der Letztere aber stampfte, die Ziege am Stricke hinter sich herzerrend, mit wüthenden Geberde, zum Thore hinaus und blieb erst stehen, als er die jammernde und athemlose Stimme der Wirthschafterin vernahm.
    »Herr Jemine, Herr Jemine, so laufe Er doch nicht, als ob Er den Verstand verloren hätte! Wer soll denn bei einer solchen Hetze Schritt mit Ihm halten!«
    »Das ist wohl auch ein Wunder wenn man wilde wird?! Komme Sie einmal her; ich will Sie Etwas fragen!«
    »Da bin ich! Nun?«
    »Hat Sie gestern wirklich diese Ziege hier mit fortgenommen?«
    »Ja; ich will gleich sterben, wenn es nicht wahr ist!«
    »Und Sie hat ganz dieselbe Ziege sowohl dann nach Wildauen gebracht und in den Stall gesteckt?«
    »Ganz dieselbe!«
    »So ist es kein anderer Mensch als der heilige Bartholomäus gewesen, ganz gewiß und wahrhaftig kein anderer! Heut aber hat der nichts mehr zu befehlen, denn es regiert der heilige Ludwig, was ein sehr guter Patron sein soll, zumal ich extra darüber im Kalender nachgeschlagen habe. Wir brauchen uns also keine Sorge zu machen und werden dafür die Ziege glücklich nach Hause bringen.«
    »Das wäre zu wünschen!« erwiederte die noch immer zweifelnde Wirthschafterin. »Ich werde doch ganz genau Acht geben, ob vielleicht wieder Etwas mit ihr vorgeht; und aller dreihundertdreiunddreißig Schritte machen wir Halt und gehen dreimal um das Thier herum.«
    »Aller – –?! Was fällt Ihr denn da ein? Was hat die Dreihundertdreiunddreißig mit der Ziege zu schaffen?«
    »Das ist ein Gegenzauber, daß sie nicht wieder verhext wird. Er hilft ganz gewiß, wenn man sich nicht verzählt, denn ich habe es im siebenten Buche Mosis gelesen.«
    »Sie? Schwatze Sie doch keine solchen Dummheiten, indessen Sie nicht einmal ein Recept zur Kartoffelsuppe aus Ihrem Kochbuche herausstudiren kann, zufolge das siebente Buch Mosis gar noch in chinesischer Sprache geschrieben ist, worin nicht einmal ich ein Wörtchen verstehe, was weniger so ein altes Blinsenkasserol wie Sie. Sie weiß doch, daß mich Nichts so sehr in Wuth bringen kann, als wenn Sie, nämlich Sie, mir Etwas weiß anstreichen will. Macht Ihr das Zählen und Herumtanzen Vergnügen, so will ich selbst mich Ihr zur Verfügung stellen. Um mich kann Sie also meinetwegen

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