Die Fastnachtsnarren. Humoresken
kein Geld dafür genommen, sondern dem Herrn Obersten ein Geschenk damit machen wollen. Meine Schwester draußen auf dem Berge hat die Ziege auch angesehen und – und – heut ist es ein Bock geworden!«
»Ein Bock geworden? Das will Sie doch nicht etwa mir weiß machen! Entweder hat Sie einen Bock gekauft, oder es ist Ihr ein Streich gespielt und die Ziege hier im Stalle umgetauscht worden.«
»Nein, gnädiger Herr, es ist dieselbe Ziege, ganz dieselbe Ziege; ich weiß es ganz genau und kann es mit tausend Eiden beschwören; aber gestern war der heilige Bartholomäus los und da ist aus der Ziege ein Bock geworden.«
»Der heilige Bartholomäus war los? Höre Sie, ich glaube, ich werde nun auch bald los sein! So Etwas ist doch seit Methusalems Esel noch nicht dagewesen! Hat das Frauenzimmer einen Bock für eine Ziege angesehen und schiebt, da sie sich vor Dummheit nicht zu lassen weiß, dem armen Heiligen die Schuld in die Schuhe! Das ist nicht nur dumm, das ist sogar schlecht und lästerlich, und ich werde Sie ganz exemplarisch dafür bestrafen! Sie wird den Bock so lange melken müssen, bis er Ziegenmilch giebt, hört Sie!«
»Herr Oberst, ich bitte um Gnade! Der Bartholomäustag ist gewiß und wahrhaftig ganz allein daran schuld. Vor drei Jahren hat der Ottendorfer Fleischer an diesem bösen Tage ein Kalb gekauft und als er es nach Hause gebracht hat, ist es eine zwölfbeinige Seeschlange gewesen. Ich weiß das ganz genau, denn der Fleischer hat es mir selbst erzählt. Er hat wohl an die vierzig Wochen darüber krank gelegen, und weil er vor Schreck mit den Händen nach hinten gefahren ist, hat er heut noch ganz deutlich die Seeschlange auf dem Rücken. Es ist ein Feuermaal wohl über eine Elle groß. Und mit meiner Ziege ist es ebenso. Die hat neben mir hergetrappst wie ein Elephant und ist mit jedem Schritte größer geworden, bis ich gar nicht mehr über sie hinwegsehen konnte. Und heut, ja heut ist es ein Bock!«
»Und da hat Sie nun wohl auch diesen Bock auf dem Rücken, zehn Ellen groß?!« rief der Prinz, indem er mit großen Schritten in dem Zimmer auf und niederlief. Er war mit sich selbst im Unklaren, ob er vor Wuth zuschlagen, vor Mitleid weinen oder vor Humor laut lachen solle. In diesem Zweifel nahm er seine Zuflucht zu seinem gewöhnlichen Orakel:
»Heinz!«
»Was denn, Dorchlaucht?«
»Was sagst denn Du zu der Bartholomäusziege?«
»Ich, Dorchlaucht? Obgleich ich in meinem Leben schon Manches erfahren habe, was Niemand hat begreifen können, so glaube ich auch schon ohne den heiligen Bartholomäus, daß es zuweilen Geister giebt, die trotzdem auch gar wohl in eine Ziege fahren können, denn es steht ja außerdem schon im alten Evangeliumbuche, daß der Beelsebub in die Schweine gefahren ist. Damals habe ich schon als Junge einen Schneider gekannt, der den Pillenschnitter machte, und der Pappelmüller hatte gar den Drachen.«
Der ehrliche Heinz stammte aus der guten, alten Zeit, welche gern jede unverstandene Naturerscheinung auf übernatürliche Wesen oder Kräfte zurückführte. Auch er hatte den in der Kindheit eingesogenen Aberglauben mit in die späteren Lebensjahre herübergenommen und ließ sich die vermeintlichen Heiligthümer der Jugend nicht gern antasten. Aber diese unerwartete Vertheidigung der Wirthschafterin ließ dem Prinzen sowohl das Lachen als auch das Weinen vergessen. Sich scharf auf dem Absatze herumdrehend, blieb er vor dem Diener stehen und rief:
»Was? Auch Du glaubst an die Faselei? Da habe ich es also mit lauter Narren zu thun!«
»Dorchlaucht, was sowohl die Narren betrifft, so ist das nicht wahr, als auch die Geschichte mit der Ziege ihre Richtigkeit haben kann. Ich könnte Manches erzählen, was ich selbst erlebt habe, indem es Niemand glauben würde. Das war damals; Sie standen mit mir in Frankreich, und wir lagen bei einer jungen Wittfrau in Quartier, die ganz verteufelt hübsch war, trotzdem wir Anno Vierzehn schrieben. Außerdem hatte sie das eine Auge auf mich geworfen und ich stehe eines Tages unter der Hausthür und putze grad mein Lederzeug, da kommt plötzlich ein –«
»Heinz, Du bist ein Esel!«
»Sapperlot, Dorchlaucht, das leide ich nicht! Denn damit will ich blos sagen, daß der Bock wirklich eine Ziege gewesen sein kann; jedoch wenn wir ihn zurückschicken, so wird er in seinem alten Stalle gewiß wieder eine Ziege werden, wiewohl die Verzauberung nachher ihr Ende erreicht hat. Sie wissen, Dorchlaucht, daß ich der Jungfer gar nicht helfe,
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