Die Fastnachtsnarren. Humoresken
»Rrrrrechts – – ummmm!«
Alle drehten sich auf die rechte Seite, nur Einer nicht, und das war der Schimmel, welcher in frommer Unbefangenheit immer gradaus weiter trollte. Sein Reiter gab sich die erdenklichste Mühe, ihn zum Stehen zu bringen, aber vergebens, bis endlich Schmerl sich erbarmte, dem Thiere in die Zügel fiel und es unter allgemeinem Halloh zu der ihm gebührenden Stelle führte.
»Augen rrrechts! – – – Augen grrraaaad aus! – – – Präsentiiiirts G’wehr! – – – Imparade marrrrsch!« klangen die einzelnen Commando’s und auf den letzten Ruf lösten sich die Chargirten aus den Gliedern, um den Fahnen das Chrengeleite in das Haus des Herrn Schützenhauptmann Passelmüller zu geben. Als der Schimmel diese Bewegung bemerkte, beschloß er, seine Kenntnisse auf dem Gebiete des Exerzier-Reglements durch schleunige Betheiligung an den Tag zu legen; verständnißvoll mit dem ehrwürdigen Graukopfe nickend, schritt er gravitätisch nach der Pforte des Vorgärtchens. Hier aber trat in dem zwischen dem Stakete hervorblickenden Grün dem streitbarem Rosse eine Versuchung entgegen, der es unmöglich widerstehen konnte. Die Beine breit auseinander nehmend, bückte es sich nieder, um von den saftigen Blättern zu kosten, und dadurch bekam sein Rücken eine so Demuth predigende Neigung, daß der Herr Stadtrath mit anerkennungswerther Folgsamkeit über den Hals des Thieres zur Erde rutschte. Die Truppen sahen diesem Sonnenuntergange mit präsentirtem Gewehre zu, und trotz des militairisch ernsten Augenblickes lief ein schallendes Gelächter die lange Fronte hinunter. Der Schimmel hob den Kopf, um einen strafenden Blick über die Compagnie zu werfen, der Adjutant aber beeilte sich, ins Haus zu kommen, wo ihm der Meister mit heiterem Lachen entgegentrat:
»Willkommen, Herr Rath! Auf Wunsch des Herrn Particulier Reichmann ersuche ich Sie, mein Gast zu sein. Schmerl, hole den Schimmel!«
Allerdings war es eine Enttäuschung für Korndörfer, statt eine Treppe höher, hier unten beim Bäcker einquartirt zu werden, und als nach dem »Rührt Euch« der Schuldirector mit erhobenem Haupte und zweideutigem Blicke an ihm vorüber und nach oben ging, waren es zwei sehr unangenehme Gefühle, die sein sonst so kaltblütiges Herz unter der dicken Specklage schneller klopfen ließen: der Aerger und die Eifersucht. – – –
Abend wars, und tiefe Finsterniß herrschte ringsumher; aber draußen über der Vogelwiese schwamm ein heller Lichtschein, denn hunderte von Flammen erleuchteten die Zelte und Buden, in und zwischen denen eine aufgeheiterte Menschenmenge sich bewegte.
In einem der Zelte saß Frau Reichmann, die sich mit dem Herrn Schuldirector von der Gesellschaft der Andern zurückgezogen hatte, um mit ihm über den gemeinschaftlichen Heirathsplan zu verhandeln. Sie schienen am Schlusse ihrer Unterredung angekommen zu sein, denn die Dame erhob sich jetzt, indem sie ihrem Günstlinge die Hand bekräftigend entgegenstreckte.
»Abgemacht, lieber Herr Director! Sie bekommen das Mädchen, und mein Alter wird gar nicht erst lange darum gefragt. Jetzt aber lassen Sie uns sehen, wo er mit dem Mädchen stickt!«
In einem andern Zelte saß Reichmann an der Seite des Stadrathes. Beide waren augenscheinlich etwas illuminirt, denn nur dann, wenn er einen kleinen Spitz besaß, wagte der Particulier, gegen seinen »Herrn im Hause« zu conspiriren.
»Abgemacht, Stadträthchen! Du bekommst das Mädchen, und meine Alte wird gar nicht erst ewig darum gefragt. Jetzt aber wollen wir sehen, wo das Weibsvolk hingelaufen ist! Milchen sieht es nicht gern, wenn man sie vernachlässigt.«
Die Hummelgeschwulst hatte sich vollständig wieder gelegt, so daß er also wieder wie ein vernünftiger Mensch reden konnte.
Während dieser beiden Heirathsabschlüsse standen Marie und Julius mit einander in einem abgelegenen Winkel des Festplatzes und hatten einander so viel zu sagen, daß sich ein Ende ihrer Unterredung gar nicht ersehen ließ. Da kam Schmerl, welcher Wache gestanden hatte, gelaufen.
»Macht, daß Ihr auseinander kommt! Sie sitzen beisammen im Schützenzelte!« Und als Marie beim Abschiede eine Klage vernehmen ließ, tröstete er mit vielem Selbstbewußtsein: »Habt nur keine Sorge! Ihr kriegt einander und die beiden Alten werden gar nicht erst viel darum gefragt. Laßt mich nur machen, ich habe so meine Gedanken!« – –
Die Nacht war bereits vorgeschritten, doch ging es auf der Vogelwiese noch lebhaft zu. Wenn
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