Die Fastnachtsnarren. Humoresken
welche dieser Ort einzuflößen vermag, schoß der Herr Direktor im Eifer seines Vorhabens eine Lerche schief über den Hof hinüber und sprang in Folge dessen mit gleichen Beinen und bis unter die Arme in jene dunkle Flüssigkeit, für welche der Landmann eine besondere Vorliebe hat.
»Hülfe, Hülfe – ich ersaufe – ich verbrenne – ich erfriere – ich ersticke – Hülfe, Hüüüül–fe!«
Schmerl war ihm nachgeschlichen, hatte ihn sofort beim Kragen und half ihm aus dem Syrup. Das kalte Bad und der Schreck hatten nicht etwa ernüchternd auf den Verunglückten gewirkt, sondern derselbe fiel im Gegentheile, sobald er das Trockene berührte, vollständig betäubt und besinnungslos zur Erde. Der Lehrjunge ließ ihn liegen und ergriff die Leiter, mit welcher er nach dem Vorgärtchen zurückkehrte.
»Du bists?« fragte ihn die Dame. »Wo ist denn der Herr Director?«
»Der liegt im Hofe. Da werde ich ‘mal hinaufgucken!«
Ohne eine Antwort abzuwarten, legte er die Leiter an den einen Nußbaum, stieg hinauf und blickte in das Fenster.
»Nun?« fragte sie, die nicht recht wußte, ob sie ihren Freund aufsuchen oder bleiben solle. »Siehst Du etwas?«
»Freilich; sie sitzen auf dem Kanapee und haben einander beim Kopfe.«
»Geh’ runter!« befahl sie ihm entschlossen. Das war’s, was er wollte; im nächsten Augenblicke stand er unten und die resolute Frau stieg die Leiter hinauf, um die beiden Liebenden auf frischer That zu ertappen. Als sie ihren Blick in das Zimmer warf, fand sie dasselbe leer und bemerkte zu gleicher Zeit, sich zurückwendend, daß Schmerl die Leiter weggenommen und an den andern Baum gelegt hatte. Sie war gefangen; Franziskus Bonifazius aber kehrte leise kichernd in den Hof zurück, wo er den Betrunkenen bei den Beinen faßte und unter die Pumpe schleifte, um ihm das duftende
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aus den Kleidern zu spülen. Einige Minuten lang ließ sich Pappermann den Guß gefallen, dann aber schien ihm die Besinnung langsam zurückzukehren; er grunzte einige Male höchst mißbilligend zu dem Bade und gab sich dann Mühe, auf die Beine zu kommen. Schmerl half ihm dabei nach Kräften und führte ihn dann in die Backstube. Willenlosließ sich der pudelnasse Heirathscandidat auf den Backofen schaffen und war bald in einen unruhigen Schlaf geschlafen.
Nun lauschte Schmerl nach seiner Gefangenen. Diese verhielt sich vollständig ruhig; sie überlegte sich wohl, daß sie fürchterlich blamirt sei, wenn sie Lärm mache, und glaubte zuversichtlich, daß der Junge die Leiter ganz von selbst wiederbringen werde. Dieser aber schlich sich an die Thür Reichmanns, an welche er leise klopfte. Der Particulier war noch nicht zur Ruhe gegangen und öffnete.
»Was willst Du?« fragte er.
»Herr Reichmann, es ist ein Spitzbube in den welschen Nüssen.«
»In den Nüssen? Die sind ja noch nicht ganz reif!«
»Wenn auch; er ist aber doch droben auf dem Baume.«
»Aber wie ist er denn hinauf gekommen? Die Bäume sind doch so dick, daß kein Mensch hinauf oder herunterklettern kann.«
»Er hat sich die Leiter geholt. Aber ich habe sie ihm weggenommen, und nun kann er nicht herunter. Sie lehnt an dem andern Baume.«
»Das hast Du gescheidt gemacht! Gewiß ist’s derselbe Kerl, der gestern in den Rettigsbirnen war. Ich werde mir Hülfe holen, und den Menschen fangen.«
»Hülfe? Es ist kein Mensch da; sie sind alle noch auf der Vogelwiese.«
»So?« meinte Reichmann, der in Folge seines gestrigen Abenteuers nicht gesonnen war, eine zweite Rutschparthie zu machen. »Na, ansehen werde ich mir ihn doch. Ich steige auf den andern Baum, und da kann er mir ja Nichts anhaben. Komm!«
Gesagt, gethan. Unten angekommen, erblickte er ganz deutlich den Nußdieb zwischen den Zweigen und stieg, ohne ein Wort zu sagen, die Leiter hinan. Sobald er zwischen den Aesten festen Fuß gefaßt hatte, begann er das Verhör.
»Heda, guter Freund, wer sind wir denn?«
»Halt’s Maul!« tönte es leise aber barsch zurück; sie hatte ihren Eheliebsten sofort an der Stimme erkannt. »Schaffe mir die Leiter her, daß ich hinunter kann!«
»Wa–wa–wa–waaaas?« klang es aus dem Munde Reichmanns, und wenn es heller gewesen wäre, hätte man sehen können, wie er vor Verwunderung fast nach Luft schnappte. »Du bist’s, Milchen? So Etwas ist doch selbst dem großen Liegel nicht passiert, der Apotheker in Braunau war und die schönen Auf – – –«
»Halts Maul, sage ich, mit Deinem ewigen Liegel und sorge, daß die Leiter
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