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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Frauendorfer Blätter geschrie–rie–rieben hat, kletterte auch so – –«
    »Laß um Gotteswillen Deinen großen Liegel bei Seite und sage, warum Du hast klettern müssen!«
    Unter mancherlei Gesichtsverzerrungen und Gliederverdrehungen kam er dieser schwierigen Aufforderung nach und trat am Schlusse seines Berichtes aus dem Schatten, welchen der Lampenschirm warf, in das Licht, um die Siegesbeute vorzuzeigen.
    »Das ist sie, die Pe–Pe–Perücke!«
    »Da hast Du die Seinige, und er hat wohl die Deinige?« fragte sie, die jetzt erst bemerkte, daß der Schädel ihres Mannes vollständig nackt war.
    »Meine? Die mu–mu–muß doch – – –«
    Er fuhr sich an den Kopf und riß, als er dessen spiegelglatten Zustand bemerkte, trotz der Geschwulst den Mund vor Schreck so weit auf, daß man geradewegs bis hinunter in den Magen sehen konnte.
    »Meine A–A–Atzel ist weg! Mi–Mi–Milchen, die habe ich im Ga–Ga–Garten verloren!«
    Er wollte im Sturmschritte davoneilen, um nach dem verlorenem Kleinode zu suchen; sie aber hielt ihn zurück.
    »Zeige erst einmal diese her!«
    Sie besah die fremde Perücke näher und brach dann in ein schallendes Gelächter aus.
    »Wem gehört das Dings da, he?«
    »Dem Spi–pi–pitzbuben!«
    »Dann bist Du der Spitzbube selbst. Das ist ja Deine eigene Borstenhaube!«
    »Meine – eigene –?« Er griff zu, beguckte sich das zerzauste Surrogat von allen Seiten, stülpte es auf den Kopf und meinte kleinlaut:
    »Aber wo ist denn dem Spi–pi–pitzbuben seine? Nun hat der doch keine!«
    »O Du Dummkopf von einem Manne! Der hat gar keine gehabt!«
    »Aber wie wäre dann meine A–A–Atzel auf seinen Ko–Ko–Kopf gekommen?«
    »Frage ihn selbst! Bei Dir und Deinem großen Liegel ist Alles möglich!«
    Der Kopf brummte ihm vor Verwunderung, aber er konnte den Zusammenhang unmöglich begreifen.
    »Das geht nicht mit re–re–rechten Dingen zu,« meinte er endlich vollständig rathlos; »ich will in die Ka–Ka–Kammer gehen und meine Ri–Ri–Rippen mit Opode–de–deldoc einreiben!«
3.
    »Die Grünewalder kommen! Die Grünewalder kommen!« rief es auf der Straße. Schmerl war grad dabei, dem Herrn Schützenhauptmann den mit einem riesigen Federstutze geschmückten Bounapartenhut zum letzten Male abzubürsten; bei diesem Rufe aber warf er die ehrwürdige Kopfbedeckung auf den Tisch und war mit einem »Meister, ich muß den Esel füttern!« zur Thür hinaus. Draußen aber ging er nicht etwa nach dem Stalle, sondern er sprang auf die Gasse, um sich das Schauspiel der heranmarschirenden Grünewalder Schützen und Turner nicht entgehen zu lassen.
    Mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel kamen sie die Straße herauf, und es war ein gar martialischer Anblick, den die ehrsamen Spießbürger in der ihnen ungewohnten kriegerischen Montirung boten. Voran ritt der Herr Stadtrath Korndörfer als Adjutant. Der alte fette Schimmel, auf welchem er saß, konnte jedenfalls gar nicht recht begreifen, was mit ihm und hinter ihm vorging; er zog den fast kahlen Schwanzstummel so eng wie möglich an den Leib und warf die Beine nach vorn, als liefe er auf Eiern. Auch der Reiter schien im Unklaren zu sein, was er mit seinen Beinen anzufangen habe, und da sie in seiner nächsten Nähe jedenfalls am Besten aufgehoben waren, so hatte er sie mit Hülfe der kurzgeschnallten Steigbügel so viel wie möglich in die Höhe gezogen und seinem runden Bäuchlein damit einen unbezahlbaren Dienst geleistet, denn dasselbe hatte, weil es ihm unter dem bunten Rocke zu eng wurde, einige Knöpfe desselben losgesprengt und legte sich nun mit vertrauensvoller Bequemlichkeit auf die über den Rücken des Pferdes emporragenden Kniee seines geliebten Herren. Diesem standen in Folge der Anstrengung, sich auf seiner Rosinante zu erhalten, dicke Schweißtropfen in dem hochrothen Gesichte; der Gaul hatte einen eigenthümlich schüttelnden Gang, und es stand jeden Augenblick zu befürchten, daß er seinen Reiter zur Erde setzen werde.
    Hinter den Schützen kamen die Turner. Ueber alle hinweg ragte die lange hagere Gestalt des Herrn Director Pappermann, welcher, im weißgewaschenen Drillichanzuge und den gestickten »Gul Heil« um die dürre Taille, unendliche Mühe hatte, Schritt zu halten, da er mit einem einzigen Ausstrecken seines Beines einen Raum überstieg, welchen ein Anderer nur nach mehreren Schritten zurückgelegt hatte.
    »Batail – – lon – – – halllllt!« kommandirte der Anführer der Grünewalder Gäste.

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