Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Zeit, denn der Zug befand sich schon in unmittelbarer Nähe und machte dann vor dem Hause halt. Hier wurde dem Hauptmann Passelmüller ein dreimaliger Tusch gebracht, dessen Klänge so laut in die Backstube drangen, daß die beiden Teigschnarcher erwachten. Die Musik hören und mit beiden Beinen zugleich aus der Beute fahrend, war das Werk nur eines Augenblickes, und da die Läden geschlossen waren, so bemerkten sie ihren Nudelüberzug nicht, sondern rannten spornstreichs hinter einander durch den Flur hinaus in den hellen lichten Morgen.
    Kein Mensch vermag das Halloh zu beschreiben, welches ihnen ertönte; Tusch erscholl auf Tusch, Hoch auf Hoch, aber der arme Schmerl kam dabei am schlechtesten weg. Die Gesellen waren erwacht und kamen halb angekleidet herbeigelaufen. Einen Blick auf die Teigabenteurer und in die Beute machte ihnen den Vorgang klar, und sofort warfen sie sich auf den unglücklichen Bonifazius, welcher unter lauten Demonstrationen seine Prügel so lange in Empfang nahm, bis ihn Julius befreite.
    Unter den Klängen der schmetternden Musik und der wirbelnden Trommeln verschwand er, sich den Buckel reibend, im Hause.

Im Wollteufel
Humoreske von Karl May
    »Gut, es soll reihum ein Jeder erzählen, wie er zu seiner Frau gekommen ist, und da fängst Du an, Hillmannfritze!«
    »Ich? Warum denn grad’ ich?«
    »Weil Du der Aelteste bist und auch der Erste hier am Tische.«
    »So! Na, wenn Ihr denkt, daß es nicht langweilig wird, da sollt Ihr meinetwegen hören, wie ich mir meine Alte erobert habe. Bekommen sollte ich sie freilich nicht, aber meine ist sie doch noch geworden, und daran ist der Wollteufel schuld; denn wenn der nicht gewesen wäre, so lief ich heute noch auf Freiersfüßen, wenn ich sie mir nicht derweile abgelaufen hätte.«
    »Der Wollteufel! Was ist denn das für ein Kerl?«
    »Für ein Kerl? I nu ja – Ihr seid keine Seiden-, Zeug-und Wollenweber und habt also von dem Dinge auch keinen rechten Begriff. Ich muß es Euch schon erklären; aber Alles hat seine Zeit, und wenn ich’s machen will, wie es sich gehört, so kann ich nicht mit dem Wollteufel anfangen, sondern erst muß mein Schwiegervater, Gott hab’ ihn selig, der alte Multumfranke, d’rankommen.«
    »Aha, da giebt’s wieder einen Spaß! Der alte Frankenaugust war ein sonderbarer Kerl; sie hießen ihn auch den Gänserichfranke, weil – –«
    »Du halte ‘mal eeh! Wenn ich erzählen soll, da erzähle ich, und wenn Du d’ran bist, so erzählst Du, das ist so parlamentarischer Takt, und der Gänserich wird schon auch noch an die Reihe kommen!«
    »Na, da fange an, alter Krakehlfritze!«
    »Höre Du, ich will’s blos für Spaß nehmen, das mit dem Krakehl, sonst wollte ich Dich befritzen, daß Du Dein Lebtag an meinen Wollteufel denken solltest. Also, da paßt auf:
    Da unten am Markte, grad’ neben der Apotheke, da wohnte der Zeug-, Leinen-und Wollenweber August Ehregott Franke mit seiner Frau, die eine geborene Wellner war und Johanna hieß, was aber abgekürzt im Deutschen wie Hanne ausgesprochen werden muß. Er war mager und lang wie eine Zaunlatte; sie war fett und klein, mit einer Tallje von drei Ellen Umfänglichkeit, und Beide hatten eine Tochter, die bei der heiligen Taufe den Namen Röschen erhalten hatte und deshalb in ihrem achtzehnten Jahre ein Mädchen war, das man gar nicht ansehen durfte, wenn man nicht aus lauter Liebe perflex werden wollte. Das hatte ich an mir selbst erlebt, und das ging nämlich folgendermaßen zu:
    Ich stamme doch eigentlich vom Gebirge herunter, das wißt Ihr Alle, und da giebt es so viel arme Leute, daß sie sich, wenn unglücklicher Weise ‘mal die lieben Kartoffeln nicht gerathen, vor lauter Hunger einander aufessen möchten. Von großem Verdienste ist da oben nicht die Rede, und so gehen denn Viele herunter ins Niederland, um sich Arbeit zu suchen, oder sie legen einen kleinen Handel an und hausiren mit Löffeln, Bürsten, Band, Spitzen und dergleichen im Lande herum. Mein Vater, der liebe Gott tröste ihn für die vielen Prügel, die ich geschmeckt habe, war ein armer Holzhacker, und meine Mutter klöppelte Spitzen; er verdiente in der Woche zwei Thaler sechs gute Groschen und sie alle Tage achtzehn Pfennige, das macht bei sechs Kindern, einem Großvater und zwei Großmüttern zusammen acht gute Groschen vier Pfennige und elf Mäuler für den Tag. Zu beißen gab’s da wenig, zu kauen noch weniger und zu essen am allerwenigsten, und Ihr könnt es Euch da wohl vorstellen, daß der

Weitere Kostenlose Bücher