Die Fastnachtsnarren. Humoresken
sich nahm, und das war mir von Allem grad’ das Allerliebste.
Weshalb? I nu ja, natürlich von wegen dem Röschen. Ihr müßt nämlich wissen, daß wir beide seit den Heidelbeeren sehr gute Freunde gewesen sind und immer zusammengesteckt haben, wenns nur halbwege möglich zu machen war. Dem guten Mädchen hat es herzlich leid gethan, daß es mir damals so schlecht gegangen ist, und es ist ihr der Gedanke in den kleinen Lockenkopf gefahren, mich durch ihre Freundschaft für die Prügel zu entschädigen. Mir ist das herzlich lieb gewesen, und wenn ich nicht über den Büchern gesessen bin, so haben wir uns bei gutem Wetter ganz gewiß im Freien herumgetummelt, und bei schlechter Witterung sind wir in den Hof geschlichen und haben uns in den Wollteufel gesteckt.
Na, seht Ihr’s denn, daß der Wollteufel auch noch ganz richtig d’rankommt? So eine biographinische Geschichte will ihre gehörige Ordnung haben, wenn sie belletristig werden soll, wie die Gelehrten sagen. Eine ordentliche Geschichte zu erzählen, das ist nicht so leicht, als wie man’s denkt; aber davon habt Ihr keine Ahnung, und mit dem Wollteufel war’s nämlich so:
Die Wolle wird in langen, dicken und großmächtigen Säcken gekauft, und wenn man so einem Kerl den Leib aufschneidet, da ists kaum zu glauben, was außer der Wolle noch für Schmutz und anderes unnützes Zeug drinnen steckt. Dieser Unrath muß natürlich aus der Wolle herausgemacht werden, und daderzu ist eben der Wollteufel dagewesen. Das war ein langer, schmaler, vierbeiniger Kasten, hinten ein Loch mit einer Klappe und vorn ein Loch mit einer Klappe, in der Mitte aber eine Walze, in der ein Dutzend anderthalbelliger Arme staken und die mit einem großen Schwungrade in Verbindung stand. Hinten wurde die Wolle hineingethan und die Klappe wieder zugemacht, und wenn man nachher das Rad in Schwung setzte, so schlugen die Arme in die Wolle hinein und peitschten sie in dem Kasten herum, daß es eine Art hatte; dabei pfiff und heulte und summte und brummte das alte Ding, grad’ als wenn im Puppentheater der Beelzebub den Doctor Faust holt, und deshalb hatte es den Namen Wollteufel. Der Schmutz fiel unten durch ein Gitter, und durch die vordere Oeffnung, die anderthalb Ellen ins Gevierte hatte, wurde dann die gereinigte Wolle herausgenommen.
Diese Oeffnung war mehr als groß genug zum Hineinsteigen für uns, und es saß sich so schön lauschig da d’rin, wenn draußen der Regen niederprasselte oder die Wolken ein Graupelwetter herunterschüttelten. Neben einander hatten wir keinen Platz, sondern ich blieb vorn sitzen, und sie mußte unter der Walze hindurchkriechen und sich hintersetzen. Erst ließen wir gewöhnlich die Klappe auf und lachten einander an, nachher aber machten wir zu und erzählten einander Gespenstergeschichten, und die paßten ganz gewiß dahinein in den finstern, gruseligen Wollteufel.
Der stand natürlich nicht unter freiem Himmel, sondern in einem besonderen Lattenhäuschen, und mit diesem hatte es auch so seine eigenthümliche Bewandtniß.
Dem Multumfranke sein Haus hatte nämlich nur einen winzig kleinen Hof, und der stieß an den Garten des Agenten Rosenbaum. Dem seine Frau war Hebamme, und weil sie ein hübsches Geld verdiente, so hatte er seine eigentliche Profession, die Seilerei, an den Nagel gehängt und machte den Heirathsvermittler, spielte den Winkeladvocaten und trieb überhaupt allerlei Geschäfte, wie sie eben die Gelegenheit mit sich bringt. Er war ein guter Freund von Franke, lag fast alle Abende mit ihm zusammen und hatte ihm von seinem Garten den für das Wollteufelhäuschen nothwendigen Platz abgetreten. Darüber war eine Schrift abgefertigt worden, und die lag bei Frankens in der Nürnberger Bilderbibel, die mit einigen andern Büchern über der Thür auf dem Brette stand. Sie war unterschrieben worden von zwei Zeugen, nämlich dem Klempnermeister Himmelreich und dem Tuchscheerer Krauße, welcher Kirchenvater war und den Klingelbeutel trug, und hatte außerdem noch zwei großmächtige Siegels in den beiden untern Ecken, nämlich dem Franke und dem Rosenbaum seines.
Wenn nun auch die Beiden recht dicke Freunde waren, so konnten doch wir, nämlich das Röschen und ich, weder den alten Rosenbaum noch seinen Jungen recht leiden; der Alte hatte in seinem Gesichte so Etwas, was mir gar nicht behagte, und mit seinem Sohne war ich erst recht spinnefeind, denn der war ein rechter Störenfried und Spaßverderber, that Jedermann gern einen Schur und hatte
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