Die Fastnachtsnarren. Humoresken
Concepticus ist von der Schrift, und da könnt Ihr den Prozeß am Ende doch noch gewinnen.«
»Warte Er ‘mal rasch ein Bischen!« rief er da und suchte sich die Nasenklemme aus dem Tischkasten hervor. Dann putzte er den Lampendocht und fing an zu buchstabiren:
»D–i–e Die – – b–e–i bei–d–e–n – den – – beiden – – Die beiden – – U–n– Un – – t–e–r–ter – – Unter – – z–e–i–ch–zeich – – Unterzeich– –n–e–ne– – –n–e–ne– – Unterzeichne– –t–e–n–ten– – Unterzeichneten – – Die beiden Unterzeichneten – – – –«
So ging es fort fast anderthalbe Stunde lang; wir Andern saßen dabei und waren mäuschenstill, um ihn nicht irre zu machen. Als er endlich fertig war, legte er das Papier behutsam auf den Tisch, nahm die Quetsche von der Nase, schob den Docht wieder zurück und gab mir die Hand:
»Hillmann, Er ist eine gute, ehrliche Haut, und ich habe Ihn unrechter Weise im Verdachte gehabt. Da hat Er meine Hand; ich will’s Ihm abbitten! Wir wollen gute Freunde sein, und ich werde Ihm gern allen möglichen Gefallen thun, aber – von dem Mädel muß Er wegbleiben; daraus wird Nichts! Will Er mir das Papier dalassen?«
»Meinetwegen!«
»Gut; ich danke Ihm! Uebermorgen kommt das Gericht aus Lichtenthal gefahren, um sich den Platz einmal zu besehen; sie nennen das eine Commillion oder Confession, ich weiß das Wort nicht so genau, und da werde ich das Concepticus abgeben. Jetzt kann Er gehen. Gute Nacht!«
Ich ging. Der alte Kerl war zwar nicht so manierlich gewesen, wie ich’s erwartet hatte, aber was konnte ich denn machen? Ich mußte mich eben in Geduld fügen und bessere Zeiten abwarten. Und wißt Ihr’s – die kamen rascher, als ich’s selber dachte. Nämlich das ging so zu:
Am andern Abende, spät, als die Alten schon zu Bette waren, sitze ich mit dem Röschen d’rin in der Stube auf dem Kanapee. Es regnete draußen, was nur vom Himmel herunter wollte, und da hatte sie es einmal gewagt, mich mit hinein zu nehmen. Wir hatten uns wie gewöhnlich viel zu sagen und zu erzählen, und so verging die Zeit. Die Lampe durften wir natürlich nicht brennen, laut zu reden fiel uns auch nicht ein, und so konnten wir vom Hofe aus nicht gut bemerkt werden.
Da plötzlich hören wir ein Geräusch, als wenn die Hinterthür leise aufgemacht wird; dann kommt’s ganz sachte, sachte an die Stubenthür geschlichen und horcht. Wir Zweie halten den Athem an und lauschen. Jetzt steckts einen Drücker an, dreht ihn ein paar Mal herum und klinkt dann auf. – Damals gab’s nämlich noch die alten Schlösser mit Schraubenklinken; Schlüssel brauchte man gar nicht, weil man die Klinke abdrehen oder anschrauben konnte, um zu verschließen oder wieder aufzumachen, und weil der einzige Schlosser in der Stadt nur eine Sorte von Schrauben zu machen verstand, so konnte man mit Jedermanns Klinke in Jedermanns Stube gehen. – Einige Augenblicke ließ sich Nichts hören, dann aber flüsterte es:
»Hast Du die Bibel?«
»Ja.«
»Gut; so wollen wir Licht machen. Er hat den Wisch ganz gewiß wieder dahinein gelegt!«
Das waren die beiden Rosenbaums! Sie wußten also schon, daß der Franke das Concepticus von mir bekommen hatte, und wollten es sich jetzt holen. Entweder hatte der alte Multum selber gegen Jemand geplaudert, oder war der neue Geselle zum Verräther geworden, ich weiß es nicht, aber in diesem Augenblicke kommt mich so ein dummer Nieserich an, und zwar was für einer – die Bibel fällt in die Stube, die Spitzbuben reißen aus, und ich –? na, ich bin schnell gefaßt und schieße hinter ihnen her, durch den Flur, zur Hinterthür hinaus und in den Hof. Da bleibe ich stehen. Ueber den Zaun hinweg konnten sie noch nicht sein, so schnell war das nicht möglich – aber wo denn? Als ich noch so horche und speculiere, geht’s auf einmal im Schweinestalle los:
»Gak – gak – gakgak – gakgakgakgakgaaaaak!«
Sofort schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: morgen kommt die gerichtliche Commersion, und da muß der Kerl im Stalle stecken bleiben, bis der Herr Amtmann mit seinen Leuten da ist. Aber dem Franke darf ich Nichts davon wissen lassen, sonst könnte er mir den ganzen Spaß verderben, und vielleicht – – na, rasch bin ich also am Stalle, riegle die Thür zu und rufe leise:
»Halt’s Maul, Gak!«
Sofort ist das Thier ruhig und mag nun sehen, wie’s mit seiner Einquartierung zu Fache kommt. Ich aber suche mir den
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