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Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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es ganz besonders darauf abgesehen, uns im Lattenhäuschen zu überfallen und den Wollteufelfrieden zu brechen, wie die Juristen sagen. Da kam es denn oft zu einem tüchtigen Zusammenstoß, und das Ende vom Liebe war allemal, daß ich ihn gehörig durchwalkte, obgleich er einige Jahre älter war als ich. Das kam wohl daher, daß er ein kleiner, dürftiger Kerl war und ich ein kräftiger Bursche, und wenn ich so eine Schlacht gewonnen hatte, war ich stolz wie ein König auf meinen Sieg, denn das Röschen sagte dann allemal:
    »Fritz, Du wirst über Alle Herr; ich werde ‘mal Deine Frau werden!«
    So vergingen die Jahre; das Röschen wuchs und wurde immer schöner; ich wuchs und wurde immer größer, und der Rosenbaum wuchs und wurde immer schlimmer. Wo nur irgend ein unguter Streich ausgeführt worden war, da hieß es gewiß allemal: »Das ist der Rosenbaum gewesen,« und das ging so immer weiter, bis er endlich gar vor’s Gericht gekommen ist, wo sie ihn aber nicht besser gemacht haben.
    Das gab natürlich ein gewaltiges Aufsehen in Orte; seine Mutter hat sich fast gar nicht trösten können, und sein Vater ist zu Frankens gekommen und hat gesagt, das sei nur so ein kleiner Jugendfehler, und der Leichtfuß müsse sich eine Frau nehmen, die ihn gehörig kurz halte. Der Franke hat freilich den Kopf dazu geschüttelt, er aber hat sich nicht aus dem Concept bringen lassen und endlich gar auf das Röschen angespielt. Da ist er freilich schön angekommen, denn ihr Vater hat ihm die Leviten so gelesen, daß ihm gleich die Butter vom Brode gefallen ist und er sich, ganz ruhig davongeschlichen hat.
    Von da an aber ist Feindschaft gewesen zwischen Frankens und Rosenbaums; Keines hat das Andere mehr angesehen, und nur der Taugenichts ist dem Röschen auf Schritt und Tritt nachgelaufen und hat ihr nirgends Ruhe gelassen. Das hübsche Kind hat ihm gar sehr in die Augen gestochen, und er ist sogar des Abends über den Zaun gesprungen, um einmal mit ihr zusammenzutreffen. Aber da sind Zwei gewesen, die ihm die Suppe versalzen haben, nämlich ich und der Gänserich.
    Na, seht Ihr’s, daß der auch noch an die Reihe kommt? Alles hat seine Zeit, sogar der Gänserich, obgleich man von einer Zeit bei ihm eigentlich gar nicht hat reden können, denn kein Mensch hat so recht gewußt, wie alt das Thier gewesen ist. Federn hat’s bei ihm gar nicht mehr gegeben, sondern nur noch Stummel und Borsten, und wenn man den alten »Gak« angegriffen hat, was aber nur Wenige wagen durften, so war’s grad’, als wäre ihm der dürre Balg mit Blei ausgegossen. Zum Schlachten und Braten taugte er schon seit Menschengedenken nicht mehr, dafür aber war er wachsamer als der beste Kettenhund, und wenn sich des Nachts irgendwo Etwas regte, da hättet Ihr nur den Spectakel hören sollen. Seine Gänserichstimme hatte er schon lange nicht mehr, dafür aber konnte er heulen wie ein Brüllaffe, und wenn er einmal den Schnabel aufgesperrt hatte, so klappte er ihn ganz gewiß nicht eher wieder zu, als bis Eins von uns kam und ihm zurief: »Gak, halt’s Maul!« Dann war’s aber auch gleich wie mit einem Schlage alle, denn folgsam war er, das muß ich ihm noch heut zu seiner Ehre nachsagen. Spazieren ist er mit uns gegangen, durch die ganze Stadt und noch viel weiter, und der alte Franke ist des Sonntags fast gar nicht anders ausgegangen als mit ihm. Deshalb hat er auch der Gänserichfranke geheißen. Der alte wachsame Methufalem hatte seine Wohnung im Schweinestalle, und Frankens zogen blos deshalb keine Schinken und Schlackwürste, um den Urahnen nicht aus seinem Palaste zu vertreiben. Der Stall stand Tag und Nacht offen, damit Gak nach Belieben heraus und hineinspazieren konnte, und nun brauche ich Euch wohl gar nicht erst zu sagen, warum dem Rosenbaum sein Zaunsprung so schlecht bekommen ist. Ich habe ihm den Rücken bearbeitet und der Gänserich die Beine, und welche Arbeit am dauerhaftesten gewesen ist, das hat bis heutigen Tages noch kein Mensch erfahren.
    Aber die Sache hat auch ihre Schattenseite gehabt. Dem alten Multum ist es nämlich aufgefallen, daß ich für seine Tochter so gar lebhaft ins Feld gezogen bin; darauf hin hat er uns beobachtet und ist gar bald dahinter gekommen, daß wir uns zuweilen beim Kopf genommen haben. Wie ein Wetter ist er dazwischengefahren, hat das Mädchen in die Kammer gesperrt und mir meinen Wochenlohn ausgezahlt.
    »Wie kann Er nur glauben,« hat er gesagt, »daß ich so einem Heidelbeerjungen meine Tochter zur Frau

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