Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Die Fastnachtsnarren. Humoresken

Titel: Die Fastnachtsnarren. Humoresken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zu begrüßen; die obere Seite des Kopfes war kahl und zeigte über der Stirn jene weltgeschichtlichen drei Haare, an welchen das Herz eines jeden braven Deutschen mit rührender Pietät zu hängen hat.
    Er nahm ohne weitere Umstände Platz, öffnete einige Knöpfe seines Rockes, streckte die Beine gemüthlich aus und griff in die Cigarrenkiste. Als es ihm mit Hilfe Werner’s gelungen war, eine Probe des zweifelhaften Krautes in das Glimmen zu bringen, meinte er, den Rauch mit Wohlbehagen von sich blasend:
    »Alle Wetter, Herr Feldmarsch – – wollte sagen Herr Kamerad, die Cigarre ist nicht schlecht! Habe diesem Ebersbach gar nichts so Exquisites zugetraut und glaube, daß selbst in Varzin kein solches Deckblatt gezogen werden kann. Stecken Sie sich Eine an!«
    Der Andere kam diesem Rathe schweigend nach; dann vertieften sich Beide in die Karten und gaben sich dabei ihre Meinungen in einer Sprache kund, von welcher keiner der Anwesenden ein Wort verstand. Das währte eine Zeitlang, bis endlich ihre Ansichten einmal auseinander zu gehen schienen. Das Ebenbild des Bismarkportraits sprach sehr eindringlich und wurde sogar etwas hitzig; sein Gegenüber blieb ruhig, schüttelte mißbilligend den Kopf und machte, die Worte sparend, eine sehr bedenkliche Miene.
    »Ach, was gibt es denn da zu zweifeln, Excell – – Herr College,« rief wieder deutsch der Hitzige. »Hier sind ja Leute, bei denen wir uns erkundigen können! Wirth!«
    Im nächsten Augenblicke stand der Gerufene vor ihm.
    »Nicht wahr, Sie kennen uns nicht?«
    »Wenn die Herren es so befehlen, nein!« antwortete Werner mit einem sehr pfiffigen Gesichte.
    »Gut, so werden Sie auch keine störenden Folgerungen aus unseren Fragen ziehen. Wissen Sie, was man unter einem coupirten Terrain versteht?«
    »Ja, das weiß ich ganz genau, denn ich habe die Bücher darüber.«
    »Ist die Gegend zwischen Limberg und Ebersbach coupirt?«
    »Ja, denn sie steht auf jeder Landkarte; aber wer sie coupirt hat, das kann ich hier den Augenblick nicht sagen.«
    »Thut auch nichts zur Sache,« bemerkte mit einem belustigenden Lächeln der Frager. »Wir wollen einmal den Fall setzen, die Russen stünden in Limberg und die Deutschen hier in Ebersbach; ließe sich da wohl mit der Cavallerie ein tüchtiger Choc ausführen? Sie sind ein kluger Mann, das weiß ich, und ich habe meine Gründe, Sie zu fragen.«
    Der Wirth warf einen sehr selbstbewußten Blick auf die am vordern Tische Sitzenden und meinte dann:
    »O, auf solche Fragen verstehe ich schon zu antworten, denn ich habe die Bücher darüber! Freilich wird es gehen; ganz gut wird es gehen, denn Platz ist genug da. Ein Schock Cavallerie! Das sind sechzig Mann, ohne die viere, die man gewöhnlich obendrein bekommt; aber Sie können zwanzigtausend Mann hier ausführen oder aufführen oder anführen, ganz wie es Ihnen beliebt.«
    »Gut,« wandte sich der Dreihaarige an seinen Kameraden, »so schlagen wir sie mit der Reiterei!«
    Der Angeredete zuckte mit der Achsel und warf dabei einen mitleidigen Blick auf die ohrenspitzenden Bauern.
    »Sie meinen, Herr Feldmar – – Herr Kamerad, daß die Felder dabei schlecht wegkommen werden? Ja, das bringt der Krieg einmal mit sich, und ich sehe gar nicht ein, warum wir die Hauptschlacht in eine andere Gegend verlegen sollen!«
    »Könnte man denn nicht einen Artillerieangriff machen?« frug Werner, dem es unter den Nägeln brannte, seine Weisheit an den Mann zu bringen. »Da fliegen die Kugeln über die Felder weg und man braucht auch nicht so viel Menschen daran zu setzen.«
    Bei dieser Erinnerung sprang der Schweigsame auf und starrte mit unaussprechlicher Verwunderung den Rathgeber an. Dann that er etwas, was bisher noch nicht geschehen war; er redete mit dem Wirthe:
    »Das ist richtig! Das ist brillant! Daran habe nicht einmal ich gedacht! Sagen Sie, haben Sie Strategie studirt?«
    »So ein bischen!« meinte Werner ganz überglücklich. »Ich muß mich wohl darauf verstehen, den ich habe die Bücher darüber!«
    »Das hätte ich eher wissen sollen! Vielleicht hätte ich dann meinen Plan ganz anders entworfen; er paßt mir weder rechts noch links, weder hinten noch vorn!«
    »Schadet nichts!« tröstete der Andere, indem er sich mit sorgloser Miene den Schnurbart drehte. »Wir machen morgen Früh noch einmal die Runde. Bei so wichtigen Dingen darf es auf einen halben Tag nicht ankommen. Hören Sie, Werner, Sie werden uns begleiten müssen; wir brauchen Ihren Rath!«
    »Ich stehe ganz

Weitere Kostenlose Bücher