Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
Vom Netzwerk:
verschlang. Überall Flammen. Sie flüsterten nicht, sie brüllten. Und sie bissen. Sie bissen. Sie bissen den Krötenkobold, und sie bissen Sil, weil er nicht aufpasste. Verräterische Flammen. Sie bissen so schrecklich wie das breite Krötenkoboldmaul, sie bissen heiß und schrecklich. Es war nur ein kurzer Augenblick, in dem er vor Schmerz nicht wusste, in welche Richtung er sollte, und mitten in den Flammen hing, zu lange. Zu lange. Dann endlich fiel es ihm ein. Das Haus. Die Küche. Brei. Zimtsterne. Die Großfußfrau. Bunte Figuren, die über den Boden kullerten. Wärme.
    Das Feuer spie ihn aus. Er hielt den Krötenkobold nicht mehr umklammert, und es hatte sich auch kein Maul mehr um ihn geschlossen. Es war ein gewaltiger Platsch, mit dem er aus dem Feuer explodierte. Überall spritzte Krötenkobold umher, stinkender, zischender Schleim. Es stank schlimmschlimm. Es schmerzte schlimmschlimm. Schmerz. So viel Schmerz. Schmerz über den schrecklichen Verrat der Flammen, der sich in ihn hineinbrannte.
    Reglos blieb Sil liegen. Nichts bewegte sich. Die Flammen waren fort, aber sie hatten nicht aufgehört zu beißen. Vergessen. Er spürte, wie es kam. Vergessen. Er dachte an Schokolade, aber er hatte vergessen, wie sie schmeckte. Er dachte an Kekse, aber ihm fiel nicht ein, wie sie rochen. Er dachte an den Feuersänger und seinen Gesang. Aber es waren nur Worte. Er erinnerte sich nicht mehr richtig, wie es gewesen war, wenn der Feuersänger machte, dass die Flammen sangen.
    Ein Gesicht tauchte vor ihm auf, winzig, verschreckt und hässlich. Die Nase riesig, der Mund winzigklein und rund. Kleine Mäuseaugen starrten ihn an. Der Mund öffnete sich. »Schmutzig!«, hauchte eine Stimme entsetzt.
    Das Wort bedeutete Sil nichts. Er vergaß, weshalb er hier lag. Das Vergessen kam so schnell, dass es kribbelte. Sil vergaß, dass er ein Pixie war. Sil vergaß, wem dieses Haus gehörte. Sil vergaß den Namen, den sie ihm gegeben hatten. Er vergaß Wind und Wärme und die Behaglichkeit eines Hauses, das ihn barg. Und als er schließlich das Feuer vergaß, hörte er auf zu sein.

32 Abschied
    32 ABSCHIED
    D as Herrenhaus stand still und unverrückbar. Die Fenster schauten auf den Weg hinunter, der nach Glen führte. Hochmütig kam ihr Blick Leslie vor, selbst das Eckzimmer schien sie misstrauisch zu mustern, als sie näher kam. Mit ihrem Beschluss war sie hier nicht mehr zu Hause. Sie war nicht mehr willkommen. Dies hier war der Stammsitz der MacGregors, die zu verraten sie im Begriff war. Damit war sie wohl endgültig keine MacGregor mehr. Nur noch ein Wesen, das im Moor umherstreifte. Leslie, die bei Gin lebte. Eher Leslie McGowan als Leslie MacGregor. Wenn überhaupt eins von beidem. Vielleicht nicht einmal Leslie. Schließlich war es eigentlich nicht ihr Name. Sie hatte ihn unrechtmäßig geerbt. Und das Herrenhaus, das sie seit ihrem ersten Atemzug beherbergt hatte, das sie kannte, seit es sie gab, es wusste Bescheid. Es war nicht mehr bereit, sie zu schonen. Es sah auf sie herunter und sagte verächtlich: Du weißt, dass du hier nichts verloren hast.
    Die Tür war unverschlossen. Leslie trat ein. Die Stille der Eingangshalle umfing sie. So pompös, wie das klang, war es gar nicht. Der Holzfußboden knarrte an drei Stellen, obwohl er so eingebildet glänzte, die Treppe nach oben war gerade mal breit genug, dass drei Leute nebeneinander laufen konnten, und der Gang oben auf der Galerie war schmal. Elf Zimmer hatte das Herrenhaus, dazu drei Badezimmer und zwei Hauswirtschaftsräume. Riesig war das nicht, begriff sie, so gewaltig es ihr auch einmal vorgekommen sein mochte. Immer hatte sich alles in diesen Räumen verloren, mehr noch als auf Glen, immer war sie irgendwo allein gewesen, allein mit sich oder mit den Hunden, die später, als die Kerrigans kamen, regelrecht ausstarben. Als brauchte man keine Hunde mehr, wenn man Leprechauns um sich hatte. Ihnen war nichts zugestoßen, nichts außer Alter oder Krankheit, wie jedem Hund. Aber irgendwann waren sie gestorben, sie alle, wie Hunde es nun einmal taten, und ihnen waren keine neuen gefolgt.
    Leslie sah sie noch vor sich, die beiden großen Wolfshunde und den kleinen Terrier, die hier gelebt hatten, als sie noch klein gewesen war. Nur der Terrier hatte sie oben in ihrem Kinderzimmer besucht, verrückt nach ihr, immer in ihrer Nähe. Die Wolfshunde durften keine Treppen steigen, sie lagen in der Halle, die Hündin, die schon alt gewesen war, immer in der Nähe des Kamins.

Weitere Kostenlose Bücher