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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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grinse er übers ganze Gesicht. »Im See darf auch im Sommer nicht gebadet werden – erstens, weil es ein Naturschutzgebiet ist. Zweitens, weil er voller Algen ist … dir ist bestimmt aufgefallen, dass das Wasser völlig undurchsichtig ist, fast schwarz?«
    Benny nickte, erinnerte sich, dass Oliver das im Dunkeln nicht sehen konnte, und schob ein »Ja« hinterher.
    »Nun, Agnes MacKenzie – ihr gehört die kleine Schneiderei – behauptet steif und fest, das seien alles vorgeschobene Gründe. Weder Naturschutz noch Algen seien der wahre Grund für das Schwimmverbot.« Zu Bennys Erleichterung erreichten sie das untere Ende der Treppe, ohne dass er gestolpert war, und schlichen einen Gang entlang.
    »Sondern?«, fragte Benny.
    »Na, der Kelpie.« Oliver blieb stehen, nahm Richard die Taschenlampe weg und leuchtete sich damit von unten an. Sein schmales Gesicht wurde hohlwangig, als schimmerten die Knochen hindurch, die Augen waren schwarz.
    Unbeeindruckt runzelte Benny die Stirn. »Der Kelpie? Ist das nicht so eine Art Pferd?«
    »Fast richtig.« Oliver nickte langsam und bedeutungsschwer. »Ein Wassergeist. Er nimmt gern die Gestalt eines wunderschönen Pferdes an, das am Ufer entlangtrabt und seine prächtige Mähne schüttelt. Wehe dem Wanderer, der vorbeikommt und es einfangen will! O ja, es lässt sich willig einfangen, und der Wanderer kann nicht widerstehen, er schwingt sich auf seinen Rücken. Aber dann – hui! – geht es auf und davon im Galopp, mitten in die schwarzen Fluten des Sees. Der Wanderer greift vor Schreck in die Mähne, wenn der Kelpie losgaloppiert, um sich festzuhalten, und wenn sich die Wasser des Sees über ihm schließen, will er natürlich loslassen und fliehen. Aber die Mähne ist verzaubert, seine Hände geben sie nicht frei. Und so geht es tief und tiefer, man sagt, der Loch sei an seiner tiefsten Stelle zweihundert Meter tief oder gar mehr, und ganz nach unten geht es mit dem armen Wanderer. Ihm schwinden die Sinne, er weiß nicht, wie ihm geschieht. Und dann wendet der Kelpie den Kopf, wie ein richtiges Pferd es gar nicht könnte, wendet ihn einmal ganz herum, als hätte er keine Knochen unter der glitschigen Haut. Er schaut den armen, vor Angst ganz irren Wanderer an, und dann beginnt er, ihn bei lebendigem Leib zu fressen. Denn auf Menschenfleisch ist so ein Kelpie aus.«
    Benny dachte an das Geräusch am See. Das Platschen. Dann ein Schnauben wie das eines riesigen Pferdes. Einen kurzen Au genblick fragte er sich, ob es wirklich der Hund gewesen war – oder ob der Hund nur im richtigen Moment gekommen war.
    »Ich dachte, man entkommt ihm nicht mehr?«, erkundigte sich Richard.
    »Tut man auch nicht«, erwiderte Oliver.
    »Aha«, spottete Richard. »Und woher weiß man dann, was so ein Kelpie tut oder nicht tut, wenn ihm niemand entkommt, um es zu erzählen?«
    Oliver grunzte beleidigt. »Das ist ganz einfach Allgemeinwissen. Schottisches Allgemeinwissen. Klar, dass du davon keine Ahnung hast!«
    Callahan gluckste.
    »Pfff«, machte Oliver und schaltete die Taschenlampe aus. Es wurde stockfinster. »Genug Geschichten für heute«, verkündete er, seine Stimme entfernte sich langsam. »Ihr seid ihrer nicht würdig. Immer diese Skepsis. Unmöglich.«
    »Warte«, zischte Richard. »Mach das Licht wieder an.«
    Weiter vorn klirrte es leise, dann knackte und knisterte es. Ein schwacher Lichtschimmer drang in den engen Gang, mehr zu erahnen als zu sehen.
    »Gestatten«, flüsterte Oliver selbstzufrieden, als sie ihn erreichten. »Die Rote Halle.«
    Sie kamen durch eine kleine Tür unter der Treppe heraus. Die Rote Halle lag friedlich da, nur schwach erleuchtet von einem Kronleuchter über der Treppe und einer nüchternen runden Lampe bei der Tür, die nach hinten zu den Sportanlagen führte. Die zahllosen Wandteppiche und Bilder waren nur als Umrisse zu erahnen.
    »Okay«, murmelte Benny. »Cool. Das ist … cool. Wohin kommt man noch?«
    »Überallhin«, sagte Richard. »Die ganze Burg ist von diesen Dienstbotengängen durchzogen. Sie hängen nicht alle zusammen, manchmal muss man leider über einen Gang von einer Tür zur anderen, oder auch durch die Küche, da führt auch kein Gang komplett vorbei. Und die Dienstboten müssen früher einen kiloschweren Schlüsselbund gehabt haben. Wir haben nur den einen Schlüssel, damit kommt man in genau zwei Gänge – den hier und einen im Westflügel. Aber immerhin besser als nichts.«
    »Und woher wisst ihr dann, dass …«
    Das Licht der

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