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Die Feen - Hallmann, M: Feen

Die Feen - Hallmann, M: Feen

Titel: Die Feen - Hallmann, M: Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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dass er selbst ihn ausdünstete.
    »So«, sagte Miss Fish. »Was versuchst du da gerade zu tun?«
    Er hustete und starrte sie benommen an. Wenn möglich, war ihr Gesicht noch ein wenig blasser als sonst, aber ihre Augen funkelten. »Robin Benjamin Reutter«, sagte sie. »Wie lange bist du jetzt hier? Ein paar Wochen? Und schon wirklich ernsthaften Ärger am Hals. Da frage ich mich doch: Weißt du eigentlich, was du da tust?«
    Er blinzelte. »Na ja«, sagte er. »Also …«
    Sie musterte ihn eingehend. »Also nicht«, stellte sie fest. »Das dachte ich mir. In dem Fall rate ich dir dringend, die Finger von dem zu lassen, was du gerade versucht hast.«
    »Äh«, machte er. »Ich habe versucht, eine Mail zu schreiben. Darf man das nicht auf Glen? Das ist aber eine reichlich drastische Sicherung, wenn dann bei jedem Versuch, eine Mail zu schreiben, der Rechner explodiert.«
    »Frech«, stellte sie anerkennend fest. »Du musst nicht auf mich hören. Es ist nur eine unverbindliche Empfehlung. Ein Ratschlag.«
    Auch Ratschläge sind Schläge, hallte das Echo eines der Lieblingssprüche seines Vaters durch Bennys Kopf, unerwünscht und überdies zusammenhanglos.
    »Danke«, sagte er.
    »Ich will gar nicht wissen, was du gesucht oder gemacht hast«, versicherte sie ihm. »Ich sage es nur für den Fall, dass du nicht weißt, was du tust – ich würde mich nicht mit ihnen anlegen.«
    »Mit dem Zirkel?«, fragte er, herausfordernder, als er vorgehabt hatte.
    Sie neigte den Kopf. »Der Zirkel«, sagte sie, mit einem Mal sanft. »Ach!« Eine wegwerfende Handbewegung, ein Kopfschütteln, dann lachte sie. »Der Zirkel! Ja, mit denen solltest du dich allerdings auch nicht anlegen. Ich sehe mal nach dem Rechner.«
    Er band seine Schnürsenkel neu, folgte ihr hinaus, presste den Ärmel seiner Uniform über Mund und Nase und sah zu, wie sie sich unter den Tisch beugte. Ihr Hals war lang und schmal. Plötzlich durchzuckte ihn der Impuls, die Hände darumzulegen und zuzudrücken. Erschrocken trat er einen Schritt zurück. Wurde er etwa tatsächlich verrückt?
    »Kann schon sein«, sagte Miss Fish gleichmütig und richtete sich wieder auf. Ihr schien der Gestank nicht viel auszumachen.
    »Hab ich das laut gesagt?«, fragte er verblüfft durch den vor Mund und Nase gepressten Ärmel.
    »Hast du das?«, fragte sie und hob die Brauen.
    Er wich einen weiteren Schritt zurück. Sie betrachtete ihn reglos. »Nur ein gut gemeinter Ratschlag«, sagte sie dann. »Deine Sache, ob du dich daran hältst oder nicht.« Sie wandte sich ab und ging zum Tresen, wo sie in einer Schublade herumwühlte.
    Einen Augenblick lang starrte er sie an und erwartete, dass sie ein Messer herauszog und mit irrem Lachen auf ihn losging, aber als sie ein neues Stromkabel zutage förderte, wurde ihm klar, wie absurd das war. Vermutlich war es der Gestank. Er konnte nicht mehr klar denken.
    »Ich geh dann mal«, sagte er. »Ich hab Unterricht.«
    Sie schenkte ihm keine weitere Beachtung. Er ging so langsam, wie er es fertigbrachte, und redete sich ein, dass er vor dem Gestank floh. Nicht vor Miss Fish.

16 Der Brief
    16 DER BRIEF
    A ls er aufwachte, war es stockdunkel, und der Schlaf klebte an ihm wie Morast, der ihn wieder hinunterziehen wollte in die Untiefen, denen er gerade erst entronnen war. Mühsam kämpfte er sich nach oben, blinzelte, tastete nach etwas Handfestem und spürte den rauen Stoff der Bettwäsche unter den Fingern. Daran hielt er sich fest. Seine Brust war so schwer, als läge ein riesiger Stein darauf, er bekam kaum Luft, und in seiner Nase hing eine Spur des widerlichen Gestanks aus der Bibliothek.
    Überreste des Traums huschten durch sein Bewusstsein, unscharfe, aber intensive Bilder, und er wusste nicht, ob ihm davon übel wurde oder von dem Gestank. Er wusste nur, dass er nicht wieder einschlafen wollte, dass er nicht so schnell wieder zurückwollte in die Dunkelheit hinter seinen Lidern, in der er solchen Träumen hilflos ausgeliefert war. Mit dem Fuß tastete er nach seinen Pantoffeln, über die er sich so lustig gemacht hatte, als Frau Berger, die seit dem Tod der Mutter den Haushalt führte, sie mit heimbrachte und auf der Liste abhakte. Schwankend stand er auf, die Brust noch immer schmerzhaft eng, und nahm so leise wie möglich ein großes Handtuch, einen frischen Pyjama und den Beutel mit Shampoo und Zahnputzzeug aus dem Schrank. Jetzt war er Felix dankbar, weil der die Sachen so peinlich ordentlich eingeräumt hatte, er fand auf Anhieb,

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