Die Feinde des Geisterjaegers
sie viel zu weit entfernt. Die erste Welle schwappte mir über die Stiefel, die zweite gleich über die Knöchel. Bald musste Kralle schwimmen und mir ging das Wasser schon bis zur Taille. Wenn ich ebenfalls schwimmen musste, dann würde ich meinen Stab und meine Tasche verlieren, in der meine Silberkette lag.
Ich mühte mich so schnell wie möglich weiterzukommen und erreichte endlich wunderbarerweise das Ende der Bucht, wo ich an einer Düne zusammenbrach und nach Atem rang, während mir meine Glieder vor Erschöpfung zitterten.
Plötzlich hörte ich Kralle warnend knurren, und als ich aufsah, bemerkte ich, wie sich ein Mann mit einem Stab über mich beugte. Einen Augenblick lang hielt ich ihn für einen Spook, doch dann erkannte ich Sam Jennings, den Sandführer.
»Was bist du für ein Narr, Junge!«, fuhr er mich an. »Was hat dich nur geritten, so spät und ohne Führer die Bucht zu durchqueren? Ich habe die Kutsche weit vor Sonnenaufgang mitgenommen. Eines der Pferde wurde lahm und wir haben es selbst nur so eben geschafft.«
»Entschuldigung«, stammelte ich und stand auf. »Aber ich wurde verfolgt, ich hatte keine Wahl.«
»Entschuldigung? Dich bei mir zu entschuldigen ist reine Zeitverschwendung. Denk lieber an deine Familie, die um dich trauern würde, und deine arme Mutter, die einen Sohn verloren hätte. Wer hat dich denn verfolgt?«
Ich antwortete nicht. Ich hatte schon zu viel gesagt.
Er musterte mich und betrachtete misstrauisch meinen Stab und meine Tasche.
»Selbst wenn dir der Teufel auf den Fersen gewesen wäre, wäre das sehr unvernünftig gewesen, Junge. Bill hat mir selbst erzählt, dass er dich vor den Gefahren hier gewarnt hat. Er ist öfter mit mir über den Sand gegangen, als ich zählen kann. Warum hast du nicht auf ihn gehört?«
Ich schwieg.
»Nun, wollen wir hoffen, dass du deine Lektion gelernt hast«, fuhr Jennings fort. »Sieh mal, meine Hütte ist nicht weit von hier. Komm mit und wärme dich erst einmal etwas auf. Meine Frau hat bestimmt etwas Warmes für dich zu essen, damit du wieder auftaust.«
»Vielen Dank für das Angebot«, sagte ich, »aber ich muss zurück zur Mühle.«
»Na, dann mal los, Junge. Aber überlege das nächste Mal! Denk daran, was ich dir gesagt habe. Zu viele sind schon da draußen ertrunken. Werde nicht einer von ihnen!«
In meinen nassen, kalten Sachen zitternd, setzte ich meinen Weg fort. Zumindest war ich der Hexe jetzt einen Tag voraus und mit ein wenig Glück würden Alice und der Spook bald kommen. Ich hatte dem Führer nichts von Arkwrights Tod erzählt, weil es zu viel von der Arbeit eines Spooks verriet. Mir schien, als würde man Arkwright hier vermissen. Bei all seinen Fehlern hatte er gute Arbeit geleistet, die Menschen hier im Norden des Landes zu beschützen, und die Leute kannten ihn und betrachteten ihn fast als ein Mitglied ihrer Gemeinde.
Ich hatte gerade eine gefährliche Begegnung mit dem Meer hinter mir und doch war das feuchte Nordland noch nicht mit mir fertig. Weil ich Zeit sparen wollte, ging ich nicht direkt zum Kanal, um ihm bis zur Mühle zu folgen, sondern versuchte es auf dem direkten Weg von Norden. Ich lief um das Kleine Meer herum zu dem Pfad, auf dem mir Morwena beim ersten Mal begegnet war. Ich glaubte, dass ich weit genug vom Sumpf weg war, doch da täuschte ich mich. Gerade noch stapfte ich frohgemut dahin und im nächsten Augenblick versank ich im weichen Boden.
Je mehr ich mich bemühte, desto schlimmer wurde es, und der weiche Schlamm ging mir bald bis zu den Waden. Panik stieg in mir auf, doch ich holte tief Luft, um mich zu beruhigen. Mein anderer Fuß war nicht so tief eingesunken und musste wohl auf festerem Boden stehen. Ich verlagerte mein Gewicht auf den Stab und schaffte es, ganz langsam meinen rechten Fuß frei zu bekommen. Mit einem Schmatzen löste sich der Stiefel aus dem Schlamm.
Danach passte ich wesentlich besser auf, wohin ich trat. Ich hatte gerade wieder gesehen, wie gefährlich das Moor war. Endlich erreichte ich den Pfad und lief wieder schneller zur Mühle.
Doch nachdem ich vorsichtig den Graben überquert und die Mühle gründlich durchsucht hatte, sah ich ein, dass meine Befürchtungen grundlos waren. Hier befanden sich weder Werber noch Hexen. Trotz meiner Müdigkeit schleppte ich die fünf Salzfässer hinaus in den Garten und kippte sie in den Graben, vor allem in den Teil, der zum Moor hin offen war. Ich musste die Konzentration des Salzwassers erhalten, um Morwena
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