Die Feinde des Geisterjaegers
fernzuhalten. Kralle folgte mir dabei, doch dann bellte sie zweimal, umkreiste mich drei Mal und lief davon – wahrscheinlich wollte sie ein paar Kaninchen jagen.
Auch die Wassergruben unter der Mühle machten mir Sorgen. Ich musste an den Skelt und die Hexe denken. Brauchten sie mehr Salz, um ruhig zu bleiben? Aber wenn ich ihnen zu viel gab, würde es sie umbringen. Ich entschloss mich, das Risiko einzugehen, und sie fürs Erste in Ruhe zu lassen.
In der Küche machte ich Feuer im Ofen und trocknete meine nassen Kleider. Ich gönnte mir meinen wohlverdienten Schlaf, bevor ich mir etwas Warmes zu essen machte. Danach entschloss ich mich, nach oben in das Dachzimmer zu gehen und in Arkwrights Bibliothek nach dem Buch über Morwena zu suchen. Ich hatte es nicht ganz gelesen und musste so viel wie möglich über sie wissen. Es konnte über Leben und Tod entscheiden. Ein wenig fürchtete ich die Geister, die stark genug waren, um Dinge zu bewegen, aber es war noch hell und schließlich waren es Arkwrights Eltern, die eher traurig als bösartig waren.
Die Särge standen nebeneinander und die drei Stühle waren vor den Ofen gezogen worden. Ich warf einen Blick auf die erkaltete Asche darin und schauderte in der feuchten Kühle. Traurig schüttelte ich den Kopf. Die beiden Geister würden sich nicht mehr an der Gesellschaft ihres Sohnes erfreuen können.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit Arkwrights Büchern zu. Seine Bibliothek umfasste nur einen Bruchteil von der des Spooks in Chipenden, aber das war ja auch zu erwarten. Mein Meister war nicht nur älter und hatte mehr Zeit gehabt, Bücher zu erwerben und zu schreiben, er hatte sie auch von Generationen von Spooks geerbt, die vor ihm dort gewohnt hatten.
In Arkwrights Regalen standen viele Titel von lokalem Interesse wie: Flora und Fauna des Nordlands, Die Kunst des Körbeflechtens oder Das Seenland – Pfade und Nebenwege . Dann standen dort seine Notizbücher, die von der Zeit seiner Lehre bis fast zum heutigen Tag reichten. Sie waren in Leder gebunden und gaben bestimmt detailliert Auskunft über das Wissen und die Fähigkeiten, die sich Arkwright in unserem Beruf erworben hatte. Außerdem fand ich dort ein Bestiarium, höchstens ein Viertel so groß wie das von Mr Gregory, aber bestimmt genauso interessant. Und gleich daneben lag das Buch über Morwena.
Ich beschloss, es mit nach unten zu nehmen und am warmen Herd zu lesen. Ich hatte gerade einen Schritt auf die Tür zu gemacht, als ich plötzlich eine eisige Kälte verspürte – eine Warnung, dass sich die ruhelosen Toten näherten.
Zwischen mir und der Tür tauchte eine leuchtende, zylinderförmige Gestalt auf. Ich war überrascht. Die meisten Geister tauchten nicht tagsüber auf. War es die Mutter, der Vater oder vielleicht sogar der Geist von Arkwright selbst? Geister, die sich nicht von der Welt lösen konnten, waren meist an ihre Knochen oder den Ort ihres Todes gebunden, aber in seltenen Fällen war ein Geist auch gezwungen umherzuwandern. Ich hoffte nur, dass es nicht Arkwright war. Manche Geister wurden nach ihrem Tod sehr besitzergreifend und störten sich besonders an Eindringlingen in ihrem Haus. Sie wollten dort immer noch leben. Manche waren sich nicht vollständig darüber im Klaren, dass sie tot waren. Ich vermutete, dass er wütend sein würde, wenn er mich in diesem Raum fand, wo ich seine Bücher las. Für so einen Einbruch hatte ich beim letzten Mal Prügel und blaue Flecken bezogen. Und jetzt?
Doch es war nicht Arkwright. Die Stimme einer Frau sprach mich an. Es war Amelia, seine Mutter.
»Mein Sohn William lebt noch. Hilf ihm bitte, bevor es zu spät ist!«
»Es tut mir leid, Mrs Arkwright, es tut mir wirklich leid. Ich wünschte, ich könnte helfen, aber es geht nicht. Sie müssen mir glauben, Ihr Sohn ist wirklich tot«, antwortete ich so ruhig und freundlich wie möglich, wie es mir der Spook im Umgang mit den ruhelosen Toten beigebracht hatte.
»Nein, das ist nicht wahr! Hör mir zu! Er ist im Inneren der Erde angekettet und erwartet den Tod!«
»Woher wissen Sie das?«, fragte ich sanft. »Ihr Geist ist doch an diesen Ort gebunden.«
Sie begann leise zu weinen und das Licht verblasste. Doch gerade, als ich dachte, sie wäre fort, flackerte es erneut auf, und sie rief mit lauter, bebender Stimme:
»Ich hörte es im Heulen eines sterbenden Hundes; ich las es im Flüstern des Riedgrases; ich roch es im tropfenden Wasser am gebrochenen Rad. Sie haben zu mir gesprochen und jetzt
Weitere Kostenlose Bücher