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Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
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Schlosses und der Kirchtürme von Caster waren, wurde er auf einmal sehr gesprächig.
    »Hast du Brüder, Tom?«, fragte er.
    »Sechs«, antwortete ich. »Der älteste, Jack, wohnt noch auf der Farm unserer Familie. Er betreibt sie zusammen mit James, dem zweitältesten, der von Beruf Schmied ist.«
    »Und was ist mit den anderen?«
    »Sie wohnen über das ganze Land verteilt und haben ihre eigenen Berufe.«
    »Und sie sind alle älter als du?«
    »Alle sechs«, antwortete ich lächelnd.
    »Natürlich sind sie das, wie dumm von mir zu fragen! Du bist der siebte Sohn eines siebten Sohnes. Der letzte, der einen Beruf wählen muss, und der einzige, der von Geburt an geeignet ist, Bill Arkwrights Beruf auszuüben. Vermisst du sie, Tom? Vermisst du deine Familie?«
    Ich antwortete nicht, denn einen Moment lang schnürten mir meine Gefühle die Kehle zu. Ich spürte, wie mir Alice die Hand auf den Arm legte, um mich zu trösten. Dass ich mich elend fühlte, lag nicht nur daran, dass ich meine Brüder vermisste, sondern auch daran, dass im Jahr zuvor mein Vater gestorben und meine Mutter in ihre Heimat zurückgekehrt war, um die Dunkelheit zu bekämpfen. Ich fühlte mich auf einmal schrecklich einsam.
    »Ich verstehe deine Trauer, Tom«, sagte Mr Gilbert. »Die Familie ist sehr wichtig und ihr Verlust kann nie ersetzt werden. Es ist schön, wenn man seine Familie in der Nähe hat und mit ihr zusammenarbeitet so wie ich. Ich habe eine treue Tochter, die mir hilft, wann immer ich sie brauche.«
    Plötzlich schauderte ich. Gerade noch hatte die Sonne hoch über den Baumwipfeln gestanden, doch jetzt wurde es schnell dunkel und dichter Nebel sank herab. Ganz plötzlich erreichten wir die Stadt und zu beiden Seiten des Kanals erhoben sich die kantigen Umrisse von Häusern wie bedrohliche Riesen, obwohl abgesehen vom Klappern der Hufe alles ruhig war. Der Kanal war hier viel breiter, und an den Ufern gab es viele Nischen, in denen Schiffe vertäut lagen. Doch es gab nur wenig Anzeichen für Leben.
    Ich spürte, wie der Kahn anhielt. Mr Gilbert stand auf und blickte auf Alice und mich herab. Sein Gesicht lag im Schatten, und ich konnte seinen Ausdruck nicht sehen, doch er kam mir auf einmal bedrohlich vor.
    Ich sah nach vorne und konnte die Gestalt seiner Tochter ausmachen, die über dem vorderen Pferd hing. Sie schien sich nicht zu bewegen, also striegelte sie es nicht. Es hatte fast den Anschein, als würde sie ihm etwas ins Ohr flüstern.
    »Meine Tochter«, seufzte Mr Gilbert. »Sie liebt diese dicken Pferde so. Sie kriegt gar nicht genug davon. Tochter! Tochter!«, rief er plötzlich laut. »Für so etwas haben wir jetzt keine Zeit! Du musst damit warten!«
    Fast augenblicklich zogen die Pferde wieder an und der Kahn glitt weiter. Mr Gilbert ging wieder zum Bug und setzte sich.
    »Das gefällt mir nicht, Tom«, flüsterte mir Alice ins Ohr. »Da stimmt etwas nicht. Ganz und gar nicht.«
    In diesem Moment hörte ich über uns im Dunkeln plötzlich Flügelschlag, gefolgt von einem gespenstischen, klagenden Schrei.
    »Was ist das für ein Vogel?«, fragte ich Alice. »Genau so einen Schrei habe ich vor ein paar Tagen auch gehört.«
    »Das ist ein Leichenhuhn, Tom. Hat dir der alte Gregory nie davon erzählt?«
    »Nein«, musste ich zugeben.
    »Nun, als Spook musst du über so etwas aber Bescheid wissen. Es sind Nachtvögel, und manche Leute glauben, dass Hexen ihre Gestalt annehmen können, was Unsinn ist. Aber Hexen nutzen sie als Seelenverwandte, als Gefährten. Mit ein wenig Blut wird das Leichenhuhn zu ihren Augen und Ohren.«
    »Also ich habe eines davon gehört, als ich nach Morwena gesucht habe. Glaubst du, das ist ihre Seelengefährtin? Wenn ja, dann ist sie vielleicht in der Nähe. Vielleicht ist sie schneller, als ich gedacht habe. Vielleicht schwimmt sie unter Wasser ganz dicht neben dem Kahn her.«
    Der Kanal verengte sich und die Gebäude zu beiden Seiten rückten näher, als versuchten sie, uns von dem schmalen Streifen Himmel über uns abzuschneiden. Es waren große Warenhäuser, in denen tagsüber bestimmt geschäftiges Treiben herrschte, die jetzt aber still und verlassen lagen. Gelegentlich flackerte das Licht einer Wandlaterne auf dem Wasser, aber viele Bereiche waren düster und manche so stockfinster, dass ich dunkle Vorahnungen bekam. Ich stimmte Alice zu. Ich konnte nicht genau sagen, was es war, aber irgendetwas stimmte hier mit Sicherheit nicht.
    Vor uns sah ich einen dunklen Steinbogen. Zuerst hielt ich

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