Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feinde des Geisterjaegers

Die Feinde des Geisterjaegers

Titel: Die Feinde des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
Vom Netzwerk:
es für eine Brücke, doch dann erkannte ich, dass es die Einfahrt in ein großes Lagerhaus war, durch das der Kanal hindurchführte.
    Als wir durch den Eingang glitten, wurden die Pferde langsamer. Es war ein riesiges Lagerhaus, in dem große Haufen von Schiefer lagen, die wahrscheinlich mit den Schiffen aus dem Norden hergebracht worden waren. Am hölzernen Kai befanden sich mehrere Pfähle zum Festmachen von Schiffen, fünf große Holzsäulen ragten empor und verschwanden in der Dunkelheit unter dem Dach. An jeder dieser Säulen hing eine Laterne, die den Kanal in gelbliches Licht tauchte. Doch dahinter erstreckte sich die unheimliche, dunkle und riesige Lagerhalle.
    Mr Gilbert bückte sich zur nächsten Ladeluke und machte sie auf. Bis zu diesem Augenblick war mir nicht aufgefallen, dass sie nicht verschlossen gewesen war, dabei hatte er mir erzählt, dass das lebenswichtig sei, wenn man Fracht transportierte. Zu meiner Überraschung schien auch im Frachtraum Licht, und als ich hinuntersah, bemerkte ich zwei Männer, die auf einem Stapel Schieferplatten saßen und von denen jeder eine Laterne hielt. Gleich darauf entdeckte ich links von ihnen etwas, was meinen ganzen Körper erbeben ließ, und mich packten Entsetzen und Verzweiflung.
    Es war ein toter Mann, dessen blicklose Augen nach oben gerichtet waren. Ihm war die Kehle herausgerissen worden, und zwar auf eine Art und Weise, wie Morwena es bei Beißer getan hatte. Doch noch mehr als seine schreckliche Todesart erschütterte mich seine Identität.
    Der Tote war Mr Gilbert.
    Ich sah über die offene Ladeluke zu dem Wesen, das die Gestalt des Schiffers angenommen hatte.
    »Wenn das Mr Gilbert ist«, krächzte ich, »dann musst du …«
    »Nenn mich, wie du willst, Tom. Ich habe viele Namen«, erwiderte er. »Aber keiner von ihnen wird meiner wahren Natur gerecht. Meine Feinde geben ein falsches Bild von mir. Luzifer war einst ein Engel. Das könnte ich auch sein. Wenn du mich nur besser kennenlernen würdest …«
    Bei diesen Worten spürte ich, wie mich alle Kräfte verließen. Ich versuchte, nach meinem Stab zu greifen, doch meine Hände gehorchten mir nicht, und während um mich herum alles dunkel wurde, erhaschte ich einen Blick auf Alice’ entsetztes Gesicht und hörte sie angstvoll aufschreien. Dieser Laut ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Alice war stark. Alice war mutig. Wenn sie so schrie, dann war es mit uns aus. Das war das Ende.
    Beim Aufwachen hatte ich das Gefühl, vom Grund eines tiefen, dunklen Ozeans an die Oberfläche zu treiben. Dann hörte ich Geräusche, das entfernte, erschrockene Wiehern eines Pferdes und das laute Gelächter eines Mannes in meiner Nähe. Während mir langsam wieder die Erinnerung an das Geschehene kam, stieg ein Gefühl von Panik und Hilflosigkeit in mir auf und ich versuchte aufzustehen.
    Ich gab auf, als mir meine Situation klar wurde. Ich befand mich nicht mehr auf dem Kahn, sondern saß auf dem hölzernen Kai, fest an eine der Dachstützen gefesselt, wobei meine Beine parallel zum Kanal lagen.
    Durch reine Willenskraft hatte der Teufel mich bewusstlos werden lassen. Und was noch schlimmer war – die Kräfte, auf die wir uns bislang hatten verlassen können, hatten sich als nutzlos erwiesen. Alice hatte die Gefahr nicht erschnüffeln können. Meine Fähigkeiten als siebter Sohn eines siebten Sohnes hatten uns nicht helfen können. Selbst die Zeit schien alles andere als normal vergangen zu sein. Eben hatte noch die Sonne geschienen und die Stadt lag in der Ferne, und plötzlich war es fast dunkel und wir befanden uns weit innerhalb der Mauern. Wie konnte man gegen eine solche Macht ankämpfen?
    Der Kahn lag noch immer an der Anlegestelle und die beiden Männer mit den langen Messern in den Ledergürteln saßen am Kai und ließen die Füße in den Stahlkappenstiefeln über den Rand baumeln. Doch die Pferde waren nicht mehr angeschirrt. Eines von ihnen lag ein Stück weiter weg auf der Seite und die Vorderbeine hingen über dem Wasser. Das andere war etwas näher und lag ebenfalls. Das Mädchen hatte die Arme um seinen Hals geschlungen. Zuerst dachte ich, sie wolle ihm helfen aufzustehen. Waren die Pferde krank?
    Doch irgendetwas an ihr war anders. Ihr zuvor goldenes Haar war jetzt dunkel. Wie konnte ihr Haar so seine Farbe ändern? Ich war noch viel zu durcheinander, sonst hätte ich längst gemerkt, was los war. Erst als sie vom Pferd wegging und auf nackten Füßen auf mich zukam, begann ich zu

Weitere Kostenlose Bücher