Die Feinde des Geisterjaegers
untergebracht ist«, zischte Morwena und hielt ihr Gesicht so dicht vor meines, dass ihr knochiger Nasenrücken nur noch Zentimeter von mir entfernt war. »Aber dich will ich lieber in Sichtweite haben. Du bist schließlich der Köder, der deinen Meister in den Tod locken wird!«
Die letzten Worte presste sie hervor wie das hässliche Quaken einer Sumpfkröte in einem stinkenden Moor. Rasch zog sie ein lumpiges Taschentuch aus ihrem Ärmel und knebelte mich damit. Dann sah sie plötzlich auf und schnüffelte zwei Mal.
»Er ist fast hier!«, stellte sie fest und nickte zu den beiden Männern hinüber, die sich in den Schatten auf die Lauer legten. Ich nahm an, dass sie sich zu ihnen gesellen würde, doch zu meiner Bestürzung ging sie zum Rand des Kanals, ließ sich ins Wasser gleiten und verschwand.
Der Spook war zäh und konnte gut mit seinem Stab umgehen. Wenn man ihn nicht völlig überraschte, schätzte ich, dass er mit den beiden Männern gut fertigwerden konnte. Aber wenn ihn die Hexe vom Wasser aus angriff, während er mit ihnen kämpfte, sah die Sache anders aus. Mein Meister schwebte in höchster Gefahr.
Ich bemühte mich, mich von dem dicken Seil zu befreien, mit dem ich an die Säule gefesselt war. Es saß sehr stramm, und egal wie sehr ich mich auch wand und drehte, es gab kaum nach. In der Ferne hörte ich ein leises Geräusch. War es einer der wartenden Männer? Oder war das der Spook?
Gleich darauf gab es keinen Zweifel mehr. Es waren die hallenden Schritte des Spooks, der mit seinem Stab und seiner Tasche über den Kai auf mich zukam. Wir bemerkten einander gleichzeitig, denn sobald ich ihn sah, blieb er stehen. Er starrte mich an und ging dann langsam weiter. Mir war klar, dass er bereits wusste, dass es eine Falle war. Warum sollte ich sonst an so offensichtlicher Stelle gefesselt sein? Er konnte sich also entweder zurückziehen und fliehen oder weitergehen und hoffen, dass er mit dem, was für ihn im Hinterhalt lag, fertigwerden würde. Ich wusste, dass er mich nicht im Stich lassen würde – er hatte also keine Wahl.
Nach zwanzig Schritten blieb er erneut stehen, direkt unter einer der großen Säulen, die das Dach des Lagerhauses stützten. Er betrachtete die beiden toten Pferde. Die Laterne leuchtete ihm direkt ins Gesicht, so konnte ich sehen, dass die Augen in seinem alten, hageren Gesicht zornig aufblitzten und dass seine Sinne hellwach und geschärft waren, als er die dunklen Nischen des Lagerhauses nach Anzeichen von Gefahr absuchte.
Wieder kam er auf mich zu. Ich hätte zum Wasser hin nicken können, um ihn auf die Gefahr hinzuweisen, die ihm von Morwena drohte. Doch das hätte ihn möglicherweise von den beiden Gestalten abgelenkt, die im Dunkeln zu seiner Rechten lauerten.
Plötzlich blieb er wieder stehen, keine zwanzig Schritte vor mir. Dieses Mal stellte er die Tasche ab und hob den Stab in Verteidigungsposition. Ich hörte das typische Klicken, mit dem die versteckte Klinge ausfuhr, und dann geschah alles sehr schnell.
Die beiden Schurken stürzten sich links von mir mit blitzenden Messern im Schein der Laternen auf ihn. Der Spook wandte dem Wasser den Rücken zu und wirbelte zu ihnen herum. Einen Moment lang schienen seine Gegner zu zögern. Vielleicht hatten sie die gefährliche Klinge am Ende des Stabes gesehen, vielleicht aber auch die Entschlossenheit in seinem Blick. Doch als sie ihn mit erhobenen Messern angriffen, um ihn niederzustrecken, schlug er zu. Mit dem dicken Knauf des Stabes versetzte er dem einen Mann einen furchtbaren Schlag an die Schläfe. Noch während er ohne einen Laut von sich zu geben umfiel, stieß der Spook mit der Klinge nach dem zweiten Angreifer. Der ließ sein Messer fallen, als ihm die Klinge in die rechte Schulter fuhr, und stieß einen dünnen hohen Schmerzensschrei aus.
Der Spook hob seinen Stab über den Gefallenen und einen Augenblick lang sah es aus, als wolle er zustechen, doch dann schüttelte er nur den Kopf und sagte leise etwas zu ihm, woraufhin der Mann aufstand, sich die Schulter hielt und in die Dunkelheit davonhastete. Erst da sah der Spook wieder zu mir und ich konnte endlich verzweifelt zum Wasser des Kanals hin nicken.
Die Warnung kam keine Sekunde zu früh. Morwena schoss mit der Kraft eines Lachses, der einen Wasserfall hinaufspringt, aus dem Wasser und streckte die Krallen nach dem Gesicht des Spooks aus, obwohl ihr linkes Auge noch geschlossen war.
Mein Meister begegnete ihr mit der gleichen Geschwindigkeit. Er
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