Die Feinde des Geisterjaegers
von sich, während sie in stummem Zweikampf den Hang hinab in den Nebel rollten.
Plötzlich fand ich mich allein auf dem Hügel wieder und lauschte dem Hämmern meines Herzens. Sollte ich hinuntergehen und Grimalkin helfen? Was war, wenn sich noch andere Hexen auf sie stürzten? Doch ehe ich eine Entscheidung treffen konnte, wurde ich selbst angegriffen. Eine weitere Wasserhexe trat aus dem Nebel. Sie rannte nicht schnell auf mich zu wie die anderen, sondern kam mit bedachten Schritten langsam den Hügel herauf. Ihr Mund war weit aufgerissen, sodass ich vier riesige gelblich-grüne Reißzähne sehen konnte. Sie sah Morwena sehr ähnlich. Der dreieckige Knochen, der ihr als Nase diente, gab mir das Gefühl, etwas gegenüberzustehen, das mehr tot als lebendig war. Doch trotz ihrer langsamen, wachsamen Annäherung vergaß ich nicht, wie schnell sie sein konnte. Ich wusste, dass sie versuchen würde, mir eine ihrer Klauen ins Fleisch zu schlagen, und vor allem fürchtete ich den Hieb, mit dem sie versuchen würde, meinen Unterkiefer zu durchstoßen und ihren Finger um meine Zähne zu krallen, ein Griff, aus dem ich mich unmöglich wieder befreien konnte.
Wie ein Blitz griff die Hexe an. Sie war schnell, doch ich reagierte ebenso, schwang meinen Stab und verfehlte ihre Wange nur um Zentimeter. Sie ließ ein tiefes Grollen vernehmen. Ich stieß erneut zu, sodass sie einen Schritt zurück machte. Jetzt war es an mir, anzugreifen, und jeder wohlberechnete Hieb trieb sie weiter den Hügel hinab an den Rand des Nebels.
Zu spät erkannte ich, was sie beabsichtigte: mich in den Nebel und in die Marsch zu locken, wo sie im Vorteil war.
Sie hatte nur mit mir gespielt. Mit der rechten Hand schlug sie zu wie eine Schlange. Zwei Finger schossen mit ausgestreckten Krallen zu meiner Kehle. Ich versuchte auszuweichen, spürte, wie ich gestreift wurde und etwas an mir zerrte. Ich verlor das Gleichgewicht und rollte den Hang hinunter, wobei mir der Stab aus der Hand flog. Die Hexe kugelte mit mir zusammen bergab, doch als wir auseinanderfielen, verspürte ich keinen Schmerz an meinem Kiefer. Sie hatte mich verfehlt und statt meiner Kehle den Kragen meiner Schaffelljacke aufgespießt, die beim Sturz gerissen war.
Ich richtete mich auf die Knie auf und sah mich um. Ich war noch nicht unten am Hang, doch die Hexe war weitergerollt. Der Nebel war jetzt dünner und ich entdeckte meinen Stab. Er war außer Griffweite, aber mit vier Schritten zu erreichen. Doch dann sah ich nach rechts und mir gefror das Blut in den Adern. Über der Leiche einer Hexe, die sie getötet hatte, stand Grimalkin, aber sie war wie festgewachsen und starrte völlig reglos Morwena an, die mit ausgestreckten Klauen den Hang hinauf auf sie zukam. Ich griff nach der Silberkette und schlang sie mir um mein linkes Handgelenk.
Grimalkin stand im Bann des blutgefüllten Auges. Gleich würde sie tot sein. Wenn ich mein Ziel verfehlte, würde Morwena sie umbringen und sich danach um mich kümmern.
Es war der Moment der Wahrheit. Würden sich die vielen Monate des Übens im Garten des Spooks bezahlt machen? Es war viel leichter, die Kette über einen Übungspfosten zu werfen als auf eine echte Hexe. Aufregung und Furcht waren nicht zu unterschätzen. Manchmal hatte ich die Kette erfolgreich gegen Hexen eingesetzt, sie aber auch oft verfehlt. Die ungeheure Bedeutung dessen, was von diesem Wurf abhing, ließ Zweifel in mir aufkommen. Wenn ich nicht traf, war es vorbei. Und ich hatte nur einen Versuch.
Der erste Schritt war, daran zu glauben, dass ich es konnte. Positiv denken! Der Spook hatte mich gelehrt, dass der Schlüssel zur Kontrolle über den Körper darin liege, zuerst den Geist zu kontrollieren. Und genau das tat ich jetzt. Ich hob den linken Arm, holte tief Luft und hielt den Atem an.
Ich konzentrierte mich und fixierte mein Ziel: Morwena, die fast bis auf Armeslänge an Grimalkin herangekommen war. Die Zeit schien langsamer zu vergehen. Ich atmete nicht. Selbst mein Herz schien stillzustehen.
Ich schnalzte mit der Kette und schleuderte sie auf die Hexe. Sie bildete eine perfekte, im Mondlicht aufblitzende Spirale in der Luft und schien das Einzige zu sein, was sich bewegte. Sie fiel über Morwena, schlang sich fest um ihre Zähne und Arme, sodass sie in die Knie ging. Ich begann wieder Geräusche zu hören, stieß meinen Atem aus und hörte Grimalkin erleichtert aufseufzen, bevor sie eine lange Klinge aus dem Gürtel zog und entschlossen auf ihre Feindin
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