Die Feinde des Imperators
nacheinander.«
Es ist eine
große Kunst, sich nicht an einem Mundvoll getrockneter Erbsen
und Nüsse zu verschlucken, wenn Neuigkeiten wie diese auf
einen niederprasseln. Zum Glück bin ich ein Meister in dieser
Kunst. Das hat mir bei etlichen politischen Banketten geholfen,
meine Dignitas zu bewahren. Ich kaute weiter und ließ das
Mampfen in ein Nicken übergehen.
»Macht
Sinn«, sagte Hermes.
Ich schluckte.
»Unbedingt. Könige tun so etwas doch
ständig.«
»Im Osten ist es
eine traditionelle Methode, um Bündnisse zu
schließen«, erklärte Cinna, »und Caesar
plant weitere Eroberungen in diesem Teil der Welt. Alexander hatte
kein Problem damit, die Tochter irgendeines unbedeutenden
Königs zu heiraten, wenn er diesen als Bündnispartner
brauchte.«
»Und nach allem,
was wir wissen, hat Caesar sich Alexander als Vorbild
auserkoren«, sagte Hermes mit einem Anflug von grenzenloser
Weisheit. Er trug ein bisschen dick auf, aber Helvius Cinna schien
die Sorte Mann zu sein, die so etwas nicht bemerkte. Ein typischer
Dichter eben.
»Hat er dir
einen Hinweis gegeben, wann er möchte, dass du die
Gesetzesvorlage vor das Concilium bringst?«, fragte ich
ihn.
»Nein, aber ich
glaube nicht, dass er noch lange warten wird. Er wird bald zu
seinem Feldzug nach Asien aufbrechen.«
Wir tranken unseren
Wein aus, tauschten noch ein paar Höflichkeiten aus und
verabschiedeten uns mit herzhaftem Händeschütteln und
gegenseitigen Freundschaftsbekundungen. Ohne ein Wort miteinander
zu wechseln, gingen Hermes und ich zum Tiberufer hinunter, wo sich
oberhalb der nach der letzten großen Flut von den Aedilen
errichteten Böschungsmauer eine schöne Grünanlage
befand. Dort entdeckten wir zwischen schattenspendenden Bäumen
eine schöne Marmorbank. Wir setzten uns und sahen zu, wie der
Fluss gemächlich an uns vorbeifloss.
»Also
gut«, sagte Hermes schließlich. »Was bedeutet
das also? Einen
Teil kann ich mir denken, aber es muss noch mehr
dahinterstecken.«
»Welche
Schlussfolgerungen hast du denn gezogen?«, fragte ich
ihn.
»Dass er
Kleopatra heiraten wird. Sie wird seine rechtmäßige
Ehefrau werden, nicht nur seine Konkubine. Die ägyptischen
Bräuche kenne ich nicht, aber mit den Legionen im Rücken
macht ihn das, soweit wir betroffen sind, zum
Pharao.«
»Genau. Und wie
haben die Pharaonen dafür gesorgt, dass der Titel sozusagen in
ihren Familien blieb?«
»Sie haben ihre
Schwestern geheiratet, damit die königliche Blutlinie nicht
befleckt wird. Aber Caesar hat keine lebenden Schwestern, und seine
einzige Tochter ist tot.«
»Wer bleibt also
übrig?«, hakte ich nach.
Er dachte nach.
»Atia?«
»Genau, seine
Nichte. Und dann wird ihr Balg, Octavius, zum jungen Caesar und
erbt nicht nur sein Vermögen, sondern auch seine Macht. Wenn
Caesar stirbt, wird er unser gesamtes Imperium in Händen
halten.«
»Dann sind
Servilia und all die anderen also aus dem Rennen.«
»Dieses Gesetz
erlaubt es ihm, auch sie zu heiraten, wenn ihm danach ist. Aber
Servilia wird niemals seine Nebenfrau werden. Weder neben Kleopatra
noch neben irgendeiner anderen.«
»Ob das Volk das
hinnehmen wird?«, überlegte Hermes laut. »Das
purpurne Gewand, die roten Stiefel, selbst die Krone - das sind
alles nur läppische Äußerlichkeiten. Aber
jahrhundertealte Bräuche zu ignorieren und die von dem ersten
Brutus geschaffene republikanische Ordnung außer Kraft zu
setzen ist etwas ganz anderes.«
»Ich bin
ratlos«, räumte ich ein. »Die Masse des Volkes
liebt ihn, und zum Teil liegt das daran, dass er die Aristokratie
gedemütigt hat. Ich bin mir nicht sicher, ob viele von ihnen
einen großen Unterschied darin sehen, ob sie von einem
König regiert werden oder von einem Senat, der sich aus Leuten
wie Lucius Cinna, Brutus und Cassius zusammensetzt, Aristokraten,
die dem gemeinen Volk immer mit Verachtung begegnet sind. Nicht
dass ihre Stimmen viel zählen würden. Caesar hat das Volk
mit Ruhm und der Eroberung ausländischer Gebiete
beglückt, er hat den Leuten öffentliche Bankette beschert
und sie mit kostenlosem Getreide versorgt. Vielleicht sind sie
einfach nur deshalb für ihn.«
Hermes schwieg eine
Weile. Dann fragte er: »Glaubst du, Caesar hat den Verstand
verloren?«
»Falls ja,
wäre er nicht der Erste, der zum absoluten Machthaber
aufsteigt und als Folge den Bezug zur Realität
verliert.« Ich erhob mich. »Aber vielleicht hat dieser
Dichter Helvius Cinna uns ja auch eine Lüge aufgetischt.
Darauf können wir immer noch
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