Die Feinde des Imperators
er seine ausstehenden
Forderungen eintreiben konnte, als über philosophische Dinge
nachzudenken.
»Decius
Caecilius untersucht den Tod dieser beiden auf der Insel ermordeten
Astronomen, mein Schatz«, sagte Servilia.
»Ah, ja,
verstehe. Eine hässliche Angelegenheit. Ich werde Demades
vermissen.«
»Du kanntest
ihn?«, fragte ich.
»Ja, und ich
wünschte, ich hätte ihn besser gekannt. Es war immer ein
Erlebnis, ihm zuzuhören, wenn er über seine
astronomischen Beobachtungen gesprochen hat. Er konnte einen die Aufregung
des Entdeckens auf eine Art spüren lassen, die ein
beschriebenes Blatt nur selten in einem zu wecken
vermag.«
Das war neu.
»Ich glaube, ich verstehe, was du meinst«, sagte ich.
»Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal Sosigenes im
Museion begegnet bin, hat er es auch beinahe geschafft, mir etwas
von der Aufregung zu vermitteln, die mit seiner Arbeit verbunden
ist, obwohl ich gegenüber den Reizen der Philosophie
normalerweise immun bin. Ich glaube, es lag an der Begeisterung,
die er seinem Fachgebiet entgegenbringt.«
»Ja, genau das
ist es. Ich habe es wirklich genossen, mich mit ihm zu
unterhalten.«
»Es wundert
mich, dich das sagen zu hören«, entgegnete ich.
»Andere, mit denen ich geredet habe, hielten ihn für
einen Langweiler, ein Arbeitstier.«
»Dann musst du
mit den Astrologen und ihren Anhängern geredet haben. Ich
bevorzuge Philosophie, die nicht von Aberglauben verseucht ist,
deshalb schätze ich die Gesellschaft wahrer Astronomen wie
Sosigenes oder Demades.«
»Ich bitte dich,
Brutus«, wies ihn seine Mutter mit zusammengekniffenen Lippen
zurecht. Zu meiner Verblüffung war Brutus nicht im Geringsten
eingeschüchtert.
»Ach, Mutter, du
und dein Anhang, ihr begeistert euch für diese
betrügerischen Scharlatane wie Kinder, die hinter
irgendwelchen Straßenzauberern herrennen, die aus leeren
Taschen Tauben hervorzaubern und den Kindern Denarii aus den Ohren
ziehen.«
»Das reicht
jetzt!« Servilia schäumte beinahe, aber irgendwie war
ihrem Sohn ein Rückgrat gewachsen.
»Ich habe mich
sehr viel mit Philosophie befasst, Mutter, und dabei habe ich
gelernt, die ihr innewohnende Wahrheit zu schätzen. Ich habe
es aufgegeben, diesen ganzen kindischen Unsinn zu glauben, der
davon ausgeht, dass die Götter sich persönlich in die
Angelegenheiten der Menschen einmischen und die Sterne am Himmel
anordnen, damit sie uns sagen, ob es ein guter Tag ist, um eine
vorteilhafte Heirat für eine Tochter zu arrangieren oder mit
dem Bau eines Hauses zu beginnen. Die Götter sind viel zu
erhaben, um sich mit derart profanen Angelegenheiten zu
befassen.«
Sie sprang auf wie
eine sich aufrichtende Kobra, die ihren Nackenschild aufstellt.
»Als dein Horoskop dir eine glanzvolle Zukunft vorausgesagt
hat, hast du nicht so geredet! Außerdem hast du offenbar
vergessen, deiner Mutter vor einem Fremden Respekt
entgegenzubringen.«
»Decius
Caecilius ist wohl kaum ein Fremder, Mutter. Wir kennen ihn schon
seit einer Ewigkeit, oder etwa nicht?«
Sie wandte sich mir
zu, und ich muss gestehen, dass ich zurückschrak.
»Senator, ich fürchte, ich muss unhöflich sein und
mich zurückziehen. Ich hoffe, mein Sohn kann dir bei deinen
Ermittlungen behilflich sein.« Mit diesen Worten wirbelte sie
herum und stolzierte davon, umgeben von einer beinahe sichtbaren
Wolke der
Wut.
»Sie wird mir
nie vergeben, dass ich Zeuge dieser kleinen Szene geworden
bin«, sagte ich seufzend.
Brutus legte
freundschaftlich eine Hand auf meine Schulter, eine weitere
unerwartete Geste. »Schenk ihr keine Beachtung. Servilia hat
ihre besten Tage hinter sich. Sie ist eine alte Frau, die versucht,
noch eine junge zu sein.«
»Sie scheint
Caesars Gunst zurückgewonnen zu haben«, erwiderte ich.
»Ich habe sie erst vor einigen Tagen in seiner Begleitung
gesehen.«
»Caesar ist
zurzeit der bedeutendste Mann der Welt«, stellte Brutus
gravitätisch fest. »Er kann jede Frau haben, die er will. Kleopatra
hat er bereits, aber selbst eine unglaublich reiche Königin
von Ägypten reicht ihm nicht. Nein, was meine Mutter angeht,
bewahrt er einfach eine liebevolle Erinnerung an ihre frühere
Verbindung, das ist alles.«
»Na ja, es geht
mich sowieso nichts an«, erklärte ich. »Was mich
hingegen sehr wohl etwas angeht, sind diese Morde, und ich
wäre dir für jede nur erdenkliche Hilfe
außerordentlich dankbar. Ich wusste nicht, dass du mit
Demades bekannt warst, geschweige denn, dass du ihn
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