Die Feinde des Imperators
»Wenn du es nicht für erforderlich
hältst, ihn bei seiner Ergreifung zu töten, würde
ich ihm gerne ein paar Fragen stellen. Er muss ein sehr
interessanter Mensch sein.«
»Ich werde dir
deinen Wunsch liebend gern erfüllen, falls er überleben
sollte. Beziehungsweise falls ich überleben sollte. Meiner
Erfahrung nach widersetzen sich Mörder häufig ihrer
Verhaftung.«
»Na, dann pass
auf dich auf. Ich kann dir gerne ein paar gute Schläger
ausleihen, falls du Verstärkung brauchen
solltest.«
»Danke. Ich habe
selber ein paar, auf die ich zurückgreifen kann. Hin und
wieder braucht ja jeder mal solche Leute.« Ich erhob mich.
»Lass es mich wissen, falls dir noch irgendein Name
einfällt, den Demades erwähnt hat und den ich
womöglich interessant finden könnte.«
Er stand auf und nahm
meine Hand. »Auf jeden Fall. Viel Glück! Ich
wünschte, ich hätte dir eine größere Hilfe
sein können. Und ich entschuldige mich für das Benehmen
meiner Mutter. Seitdem Caesar wieder in Rom ist, ist sie nicht mehr
die Gleiche.«
»Ich
fürchte, das trifft auf uns alle zu.«
Als ich wieder
draußen auf der Straße war, wälzte ich ein paar
neue Gedanken hin und her, während ich gemächlichen
Schrittes Richtung Forum ging. Jetzt hatte ich einen weiteren
Aspekt zu berücksichtigen: einen professionellen Mörder,
der frei in Rom herumlief und der weitaus gefährlicher war als
die gewöhnlichen, gemeinen Mörder. Er bediente sich einer
in Rom unbekannten Mordmethode, die geeignet war, die meisten der
Vorkehrungen, die diejenigen trafen, die Gründe hatten, um ihr
Leben zu fürchten, nutzlos zu machen.
Allerdings waren wir
Römer der politischen Klasse allzu übertriebenen
Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz vor möglichen Angriffen
sowieso schon immer mit Verachtung begegnet. Übertriebene
Vorsicht roch nach Unmännlichkeit. Wir waren ein kriegerisches
Volk, und von einem erwachsenen Römer erwartete man, dass er
in der Lage war, auf sich aufzupassen. Wer dazu nicht in der Lage
war, war ein schlechter Anwärter für die Legionen.
Leibwächter zu haben galt hingegen nicht als Ausdruck von
Ängstlichkeit. Sie bedeuteten lediglich, dass ein Anschlag auf
das Leben des Besitzers der Leibwächter auf eine
Straßenschlacht hinauslaufen würde, und
Straßenschlachten waren uns stets willkommen.
Morde, die in einer
Weise begangen wurden, die wir mit dem Orient assoziierten, waren
etwas anderes. Wir hatten schon immer furchtbare Angst vor
Vergiftungen, die in den römischen Gesetzen mit Zauberei in
Verbindung gebracht werden. Wir haben unsere schlimmsten Strafen
für Giftmörder reserviert, die normalerweise Frauen sind,
die darauf aus sind, Rivalinnen zu beseitigen oder sich ihrer
lästigen Ehemänner zu entledigen. Die Vorstellung eines
professionellen Mörders, der sich einer exotischen
Tötungsmethode bediente, war der römischen
Mentalität zuwider.
Diese neue
Möglichkeit hatte den Fall der ermordeten Griechen beinahe aus
meinen Gedanken verbannt. Vielleicht war dieser Mörder aus
einem ganz anderen Grund in Rom. Vielleicht waren diese ermordeten
Astronomen nur ein Ablenkungsmanöver. Vielleicht war dieser
Mann nach Rom gebracht worden, um ein viel größeres Tier
zu erlegen. Und es gab nur ein potenzielles Opfer, von dem ich mir
vorstellen konnte, dass es bedeutend genug war, damit um
seinetwillen ein derartiges Komplott geschmiedet wurde.
Ich fand dieses
potenzielle Opfer in seiner neuen Basilika, wo es einige riesige
Zeichnungen studierte, die auf einem Tisch ausgebreitet waren.
»Ah, Decius Caecilius, komm her, und sag mir, was du davon
hältst.«
»Caesar, ich
-«
»Sofort. Sieh
dir das erst an.«
Ich ging zu dem Tisch
und studierte die Zeichnungen. Sie schienen Pläne einer Stadt
zu sein, einer Stadt mit breiten Prachtstraßen und
großzügigen, offenen Plätzen. Sie lag an einem
Fluss, und ich erkannte die unverwechselbaren Umrisse des Circus
Maximus. »Das kann doch unmöglich Rom
sein!«
»Warum
nicht?«, fragte Caesar. »Das ist Rom, wie es sein
sollte, nicht dieses aus allen Nähten platzende,
überfüllte, chaotische Dorf, das wir bewohnen. Ich werde
die Stadt komplett neu errichten, mit Straßen, die so breit
sind wie die von Alexandria, und Tempeln, die unserer Götter
würdig sind. Die Stadt wird nicht länger von verheerenden
Feuern heimgesucht werden, und sie wird
ein sehr viel gesünderer Ort zum Leben sein.«
»Aber was willst
du mit dem Rom machen, das bereits da ist?«, fragte
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