Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
Vom Netzwerk:
warf ihm einen verwirrten Blick zu.
    »Ein männlicher Dackel«, erklärte Bill. »Kommst du jetzt drauf?«
    »Hab schon verstanden. Ich singe also beschissen.«
    »Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte Bill.«Ich habe dir nur erklärt, wie es sich für mich angehört hat. Und sollte es sich
     für einen in meinem Alter nicht auch besser so anhören? Würde es dich nicht nervöser machen, wenn es mir etwa gefiele?«
    Etwa eine halbe Meile lang schwieg April, dann sagte sie: »Wahrscheinlich hast du recht.«
    »Natürlich habe ich recht. Ich erzähle dir mal was. Eines Tages kam deine Mutter nach Hause. Sie war damals ungefähr in deinem
     Alter, vielleicht noch ein paar Jahre jünger. Sie rannte nach oben und spielte in voller Lautstärke irgendeine Platte ab.
     Dann zeigte sie mir die Hülle und fragte mich, genau wie du gerade, wie ich es fand. Ich sagte ihr, die Burschen müssten dringend
     zum Friseur und würden nie wieder einen Produzenten bequatschen können, mit ihnen noch eine Platte zu machen. Rat mal, wer
     das war.«
    »Die Beatles.«
    »Wie hast du das gewusst? Die waren doch lange vor deiner Zeit.«
    »Von meinem Vater! Sobald einer von ihren Songs im Radio lief, wurde er immer todernst und erklärte mir, die Beatles hätten
     die Welt verändert.«
    »Ach, denen hat er also die Schuld in die Schuhe geschoben. Aber du weißt schon, worauf ich hinauswill. Was ich denke, spielt
     doch gar keine Rolle. Geh einfach da rauf auf die Bühne und sing dir die Seele aus dem Leib oder bist du umfällst oder was
     auch immer.«
    April fuhr noch ein paar Meilen, dann sagte sie: »So allmählich fange ich an zu glauben, dass das Ganze hier … na ja … doch
     eigentlich Schwachsinn ist.« Sie machte eine ausladende Handbewegung, die ihn, das Auto und die Straße umfasste.
    Bill nahm sich Zeit, bevor er antwortete.
    »An dieser Stelle bin jetzt wohl ich wieder dran mit dem Satz, dass es nie Schwachsinn ist, wenn man seine Träume zu verwirklichen
     versucht. Dass es schon klappen wird. Dass du es drauf hast und sagenhaft erfolgreich sein wird als …«
    »Singer …«
    »… Songwriter. Aber woher soll ich das denn wissen? Das Einzige, was ich sagen kann, ist: Wir werden sehen. Aber sehen werden
     wir es nur, wenn du es auch versuchst, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    Allmählich wurde es dunkel. Bill schlug April vor, doch vielleicht mal die Scheinwerfer anzuschalten. Sie gehorchte. Ein paar
     Minuten später fragte sie: »Wo fahren wir eigentlich hin, Grandpa?«
    Bill musste keine Sekunde lang nach der Antwort suchen, und das erfreute ihn.
    »Das siehst du, wenn wir hinkommen. Du wirst begeistert sein.«
    »Und dann geht es weiter nach Westen?«, fragte April. »Nach San Francisco?«
    »Darauf kannst du wetten. Aber hallo. Mit der Golden- Gate-Brücke, Kabelbahnen bis rauf in die Sterne und allem Drum und Dran.«
    Sie fuhren weiter. Inzwischen war es fast stockfinster, und Bill merkte, dass die Scheinwerfer der entgegenkommenden Fahrzeuge
     April etwas verunsicherten. Er schlug vor, dass sie anfingen, nach einem freien Zimmer Ausschau zu halten.
    »Grandpa?«
    »Ja?«
    »Danke.«
    »Wofür?«
    »Dafür, dass dir mein Name wieder eingefallen ist.«
    Bill wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Er starrte hinaus in die Dunkelheit.
    »Grandpa?«
    »Ja?«
    »Kannst du mir eine Geschichte über meine Mutter erzählen?«
    »Was denn für eine?«
    April zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Vielleicht eine aus der Zeit, als sie in meinem Alter war.« Sie unterbrach sich.
     »Viel leicht eine, wo sie mal Zoff hatte.«
    Bill lachte. »Da könnten wir bis nach Kalifornien und wieder zurückfahren und ich wäre immer noch nicht fertig«, sagte er.
     »Deine Mutter war eine kolossale Nervensäge.«

18
    Heimlich versuchte April, die Scheibe auf der Fahrerseite einen Spalt weit zu öffnen. Ihr Großvater mochte es überhaupt nicht,
     wenn die Scheiben beim Fahren offen waren. Angeblich tat ihm der Krach in den Ohren weh. Sie wollte ja nicht, dass er sich
     unwohl fühlte, aber die Klimaanlage funktionierte nun mal nicht, obwohl er das Gegenteil behauptete. Und der abgestandene
     Pfeifenqualm und der Geruch nach alten Leuten – er hatte sich schon zwei Tage nicht mehr geduscht – sowie seine mehr als nur
     gelegentlichen Fürze raubten ihr schier den Atem. Zum Glück war er im Moment wieder in eine seiner Endlosgeschichten vertieft
     und schien das plötzliche scharfe und dann leisere Pfeifen nicht zu bemerken.
    »Wir waren

Weitere Kostenlose Bücher