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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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damals gerade auf der Interstate 80, mitten in Iowa, genau wie wir beide jetzt«, erzählte er gerade und blinzelte
     in die Sonne, während sie weiter nach Westen fuhren. »Da sieht deine Mutter plötzlich ein Werbeschild für den Arnolds Park
     am Oki-Dingsbums-See. Ein Freizeitpark. Damit war die Sache gelaufen. Sie wollte zum Arnolds Park, Punkt. Mit aller Gewalt,
     egal was wir eigentlich vorhatten.
    Ich erklärte ihr, dass sie das vergessen könnte, weil es meilenweit ab vom Schuss lag. Aber ständig kamen entlang der Straße
     diese gottverdammten Werbeschilder, und schon ging das Gebettel und Gequengel wieder von vorne los. ›Guckt mal, die Achterbahn!
     Ein Riesenrad! Autoskooter! Bitte, Daddy, bitte!‹«
    Ihr Großvater kicherte und wurde dann still. April fragte sich, ob er gleich mit der Geschichte weitermachen, eine neue anfangen,
     einschlafen oder ankündigen würde, er müsse mal für kleine Jungs. In letzterem Fall würde sie am Straßenrand anhalten und
     ihn aussteigen lassen müssen, damit er sein Geschäft an Ort und Stelle erledigen konnte.
    »Sofort«, hatte er beim ersten Mal befohlen, als sie vorgeschlagen hatte, bis zum nächsten Rastplatz zu warten, »außer du
     willst, dass ich mir in die Hosen pinkele.« April war sich ziemlich sicher, dass es verboten war, direkt am Straßenrand zu
     urinieren, deshalb schaute sie jedes Mal nervös in den Rückspiegel, ob Polizei kam, wenn ihr Großvater wieder einmal »dem
     Ruf der Natur folgte«, wie er es ausdrückte. Sie befürchtete, dass ihnen das noch einen Haufen Ärger einbringen konnte: ihr
     wegen Fahrens ohne Führerschein und ihm wegen unsittlichen Verhaltens oder so.
    Diesmal handelte es sich aber entweder um eine Pause oder eine Vorstufe von Schlaf, denn ihr Großvater zappelte nicht herum
     wie sonst üblicherweise, wenn er sich Erleichterung verschaffen musste. Sie hoffte, dass es nur eine Pause war. Die Geschichten,
     die er über Onkel Mike und Onkel Nick erzählte, gefielen ihr zwar, aber da sie sie nicht gut genug kannte, konnte April sich
     die beiden nur schwer als kleine Jungs vorstellen, eigentlich überhaupt nur als ältere Männer. Manchmal hörte sie nur halb
     zu, wenn ihr Großvater von den beiden erzählte. Aber wenn es um ihre Mutter ging, war sie ganz Ohr. Ihre Mutter konnte sie
     sich problemlos als kleines Mädchen vorstellen.
    »Dann fing sie an, ihre Brüder zu bearbeiten«, hob ihr Großvater wieder an, nachdem sie etwa eine Meile schweigend gefahren
     waren. »›Würdet ihr nicht auch lieber mit der Achterbahn fahren als euch einen dämlichen Salzsee anzusehen?‹, fragte sie die
     zwei anderen. ›Wenn ihr die Wahl hättet, würdet ihr lieber aneinem stinkenden See rumsitzen oder Karambolage fahren?‹« Aprils Großvater lachte. »Sie ließ einfach nicht locker. Dabei war
     sie doch die Kleinste von den dreien, und trotzdem bestimmte sie, was die anderen zu denken hatten. Die hat sich nie ins zweite
     Glied abdrängen lassen.«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen«, sagte April. »Immer muss sie bestimmen, wo es langgeht. Das treibt mich noch zum Wahnsinn.«
    »Red nicht so über deine Mutter«, wies er sie zurecht.
    April verstand nicht. War das die Art, wie Erwachsene miteinander redeten? Wenn
sie
jemanden in die Pfanne hauten, war das vollkommen in Ordnung, aber wehe, man selbst sagte mal was: Sie wollte ihm gerade erklären,
     dass sie ihm doch nur beigepflichtet hatte, aber dazu blieb ihr gar keine Gelegenheit.
    »Die gibt nie Ruhe«, fuhr ihr Großvater fort, als hätte es diesen kleinen Rüffel gar nicht gegeben. »Sie traktierte also weiter
     ihre Brüder. ›Wer interessiert sich denn schon für ein blödes Naturwunder? Berge sind langweilig. Was ist mit Achterbahn und
     Go-Karts? Wollt Ihr keinen Spaß haben? Dafür fährt man doch schließlich in Urlaub!‹
    Ich sagte Clare, sie solle Marcy zum Schweigen bringen, aber die hatte auch nicht mehr Glück als ich. Außerdem war sie schon
     längst im Bilde. Ohne dass ich es ihr erklären musste, wusste sie genau, was ich vorhatte. Das war bei ihr einfach so. Bei
     uns beiden. Wir mussten nicht ständig über unsere Gefühle faseln. Schließlich habe ich also am Straßenrand angehalten. Dann
     habe ich Marcy gedroht, wenn ich noch ein Wort hören würde, führe ich sofort zurück nach Ohio, und sie bekämen überhaupt nichts
     zu sehen. Den Jungs erklärte ich, dass dasselbe auch für sie galt. Dann habe ich ihnen tief in die Augen geschaut und sie
    

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