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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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Neuigkeiten. Mike hatte tatsächlich von ihrem
     Vater ihre erste Chance mitgeteilt bekommen, wie man April wiederbekommen konnte. Mike behauptete zwar, er habe keine Ahnung,
     was ihr Vater mit diesem Hinweis meinte, aber – o Wunder – er wollte helfen.
    »Mike macht mit, Marcy«, sagte Nick, und Marcy fing an zu weinen.
    Immer noch das Telefon am Ohr, streifte sie die Schuhe ab und stellte sich aufs Bett. Sie streckte ihre freie Hand nach dem
     Poster aus und tastete an den Rändern entlang nach einer lockeren Stelle, wo sie das gottverdammte Ding packen, abreißen und
     dann verbrennen konnte. Sie fand eine. Marcy rupfte daran herum, ließ es dann aber, glättete die Ecke wieder und setzte sich
     aufs Bett. Von der durchs Fenster scheinenden Sonne waren die Laken warm, und beinahe fühlte sich diese Wärme an wie von Aprils
     Körper. Marcy hob sich das Kopfkissen an die Nase und sog tief den Geruch ein.
    »Wir werden sie schon finden«, sagte Nick. »Alle beide.«

17
    Gelegentlich stieß Bill mit dem Kopf ans Fenster, wenn die Räder über einen Riss in der Fahrbahn rollten, aber die meiste
     Zeit über war es eine ruhige Fahrt. Normalerweise hätte das eintönige Brummen des Motors ihn vermutlich eingeschläfert, wenn
     er nicht so entsetzt gewesen wäre. Es wusste, dass seine Enkeltochter ebenfalls angespannt war, aus welchem Grund auch immer.
     Ständig sprach sie ihn von der Seite an und fragte, ob sie in die richtige Richtung fuhren. Er nickte dann, weil er nicht
     die Kraft zum Sprechen fand. Einmal hatte er wohl nicht schnell genug reagiert, denn sie hatte ihn in die Seite gestoßen,
     wahrscheinlich, um herauszufinden, ob er noch atmete. Nach und nach hatte seine Erregung sich etwas gelegt und seine Panik
     in etwas anderes verwandelt, eher eine Art Neugier. Er wünschte sich ein wenig Zeit – und ein wenig Ruhe bitteschön, damit
     er dahinterkommen konnte, was genau da eben passiert war.
    »Ich dachte, du hättest Durst.«
    Wie ein kleiner Junge, der endlich einsah, dass es zwecklos war, sich weiter mit der Mutter zu streiten und er das Gemüse
     doch essen musste, schraubte Bill eine der Flaschen auf und nahm einen Schluck.
    »Und noch ein kleiner Rat, Grandpa.« Nicht jeder kann auf hundert Dollar rausgeben.«
    Bill wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. »Hatte ich dir hundert gegeben?«
    »Ja, hundert hast du mir gegeben. Und ich kann die sagen, dieser … Scheißkerl … war nicht erbaut.«
    Na und, dachte Bill, dann hatte sie eben ein bisschen Ärger gekriegt, weil sie es nicht kleiner hatte. War das etwa alles,
     worüber sie sich so aufregte?
    »Es war keine schöne Erfahrung.«
    Bill nahm noch einen Schluck. Vielleicht sollte er ihr mal ein paar Takte über wirklich unschöne Erfahrungen erzählen. Zum
     Beispiel die, wenn ein alter Mann an einer Tankstelle auf die Toilette ging und ohne besonderen Grund bester Laune war, geradezu
     euphorisch sogar, bis er in den Spiegel schaute und ihm plötzlich der Schweiß in Strömen ausbrach und er merkte, dass ihm
     die Beine wegknickten und er keinen blassen Schimmer mehr hatte, wo er steckte oder was er machte.
    »Verrückt«, sagte er.
    »Was ist verrückt?«
    Bill war überrascht, dass er laut gesprochen hatte. »Ach, nichts weiter«, wehrte er ab. Wenn man drüber redete, war es vielleicht
     nicht mehr ganz so verrückt und wurde logischer. Aber Bill redete nicht gern über Dinge, außer er war sich ziemlich sicher,
     wie das Gespräch verlaufen würde – oder wenigstens, wo er es haben wollte. Und es war schlichtweg unmöglich vorherzusagen,
     wie seine Enkelin reagieren würde, wenn er ihr erzählte, dass ihn, nachdem er in den Spiegel geschaut hatte, die Panik angefallen
     hatte wie ein lebendiges Tier, das drohend über ihm schwebte und ihn verschlingen wollte. Um die Angst niederzuringen, hatte
     er eine rasche Bestandsaufnahme gemacht. Er hatte gelernt, wie man so etwas machte, obwohl er nicht mehr wusste, wo oder wann.
     Er war Bill Warrington. Er befand sich irgendwo auf einer schmutzigen Toilette. Er schwitzte. Was noch? Nichts anderes wollte
     ihm einfallen.
    »Wenn du nicht reden willst, auch gut. Soll mir recht sein.«
    Bill schaute hinüber. Sie redete genauso wie Marcy. Aber besonders von der Seite sah sie aus wie Clare. Doch das Merkwürdigste,
     geradezu Unfassbare an der Sache war: Er konnte sich nicht mehr an ihren Namen erinnern.
    Er wusste, dass sie seine Enkelin war. Er wusste, wo sie zusammen hinwollten. Aber ihr

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