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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Wieder wünschte er, daß er eine Waffe hätte, die ihm mehr Zuversicht verleihen würde. Er erreichte die Brücke und setzte einen Fuß darauf. Tief unter ihm, in der Sohle des Abgrunds, tobten die Schaumkronen zwischen den Granitwänden. Der Fluß sang sein eigenes Lied; es klang nach nach Triumph, aber auch nach Verzweiflung, als sei er ein lebendiges Wesen.
    Elric erbebte, trat aber noch einen Schritt vor. Noch immer sah er keine Gestalt in der Dämmerung. Ein weiterer Schritt - jetzt war er hoch über dem Wasserfall. Er vermied es, nach unten zu blicken, damit das Wasser ihn nicht zu sich riefe. Der Albino kannte die Faszination solcher reißenden Wassermassen, wie sie mit ihrem Tosen und Rauschen hypnotisieren konnten, so daß man sich hineinstürzen wollte.
    »Siehst du einen Wachposten, Prinz Elric?« rief Jaspar Colinadous.
    »Nein!« rief der Albino zurück. Dann machte er wieder zwei Schritte.
    Oone war dicht hinter ihm. Sie bewegte sich ebenso vorsichtig wie er. Elric spähte zum Brückenkopf auf der anderen Seite hinüber. Die feuchten Steinplatten waren von Flechten bewachsen, seltsam bunte Schlingpflanzen rankten sich empor und verschwanden in der Dunkelheit weiter oben. Elric kam es vor, als höre er im Rauschen des Wassers Stimmen und Scharren, das Rasseln einer Rüstung; aber er sah immer noch nichts.
    Er war schon halb über die Brücke gegangen, als er am anderen Ende ganz schwach und schemenhaft ein Pferd zu sehen glaubte, dann auch den Reiter, dessen Rüstung so hell wie seine eigene Albinohaut schimmerte.
    »Wer dort?« rief Elric. »Wir kommen in Frieden. Wir wollen niemandem hier etwas zuleide tun.«
    War es wieder der Wasserfall, oder hörte er leises, boshaftes Gelächter?
    Jetzt wurde das Donnern lauter; aber es kam nicht von unten aus dem Abgrund. Das war Hufschlag auf felsigem Grund! Wie aus Gischt geboren, erschien plötzlich eine Gestalt am anderen Ende der Brücke und hielt direkt auf ihn zu. Das lange, fahle Schwert war zum Todesstoß gezückt.
    Einen Ausweg gab es nicht. Elric hätte nur von der Brücke in den tosenden Wasserfall springen können, um dem Krieger zu entgehen. Sein Blick trübte sich, als er vorsprang, in der Hoffnung, das Zaumzeug des Pferdes zu erwischen und den Reiter so aufzuhalten.
    Da schwirrte wieder etwas durch die Luft, Heß sich auf dem Helm des Angreifers nieder und schlug mit den Krallen nach dem Gesicht darunter. Es war Schnurri. Fauchend und kreischend wie ein ganz gewöhnlicher streunender Kater, der auf einem Hinterhof um einen alten Fischkopf kämpft.
    Das Pferd wieherte. Der Reiter schrie vor Wut und Schmerz laut auf. Dann ließ er die Zügel los, um nach der Katze zu greifen und sie von sich wegzuzerren. Doch Schnurri stieg blitzschnell in die Luft empor, außer Reichweite des Kriegers. Elric erhaschte noch einen Blick aus funkelnden, silbrigen Augen, sah die Zeichen des Aussatzes auf der Haut, dann rutschte das Pferd seitwärts auf dem nassen Felsboden weg. Der Reiter schrie und tobte, das lange, weiße Schwert noch in der Hand. Es sah aus, als fasse das Pferd nochmals festen Halt, doch dann stürzte es mitsamt dem Reiter in den Abgrund. Ein chaotisches Knäuel aus Armen und Hufen wirbelte hinab in die Tiefe, wo es die Wassermassen verschlangen.
    Elric rang nach Atem. Jaspar Colinadous packte ihn am Arm, um ihn zu stützen. Dann half er ihm und Oone auf die andere Seite hinüber. Wie erstarrt standen sie da, als könnten sie nicht fassen, was geschehen war.
    »Ich bin Schnurri wirklich dankbar«, sagte Elric und versuchte zu lächeln. »Das ist wirklich ein wertvolles Haustier, das du da hast, Jaspar Colinadous.«
    »Wertvoller als du ahnst«, sagte der kleine Mann. »Es hat schon in mehr als einer Weltgeschichte eine wichtige Rolle gespielt.« Er streichelte liebevoll seine Katze, die schnurrend und offensichtlich sehr mit sich zufrieden wieder auf seinem Arm saß. »Ich bin froh, daß wir euch helfen konnten.«
    »Also, den Wachposten an der Brücke wären wir endgültig los.« Elric spähte hinab in die schäumende Hölle. »Stehen uns noch mehr solche Angriffe bevor, Mylady?«
    »Aber gewiß doch«, antwortete Oone. Sie hatte die Stirn gerunzelt, als denke sie über ein Rätsel nach, das nur sie lösen konnte.
    Jaspar Colinadous spitzte die Lippen. »Seht doch! Die Schlucht wird immer enger. Sie wird zu einem Tunnel.«
    Es stimmte tatsächlich: Die Felswände neigten sich gegeneinander, so daß der Paß zu einem schmalen Durchgang wurde, zu

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