Die Festung der Titanen
festumschlungen.
»Havald!«, hörte ich wie aus weiter Ferne Serafines Stimme, gefolgt von einem gutturalen Knurren, das sich in das Heulen eines Wolfs verwandelte, als Sivret, der Anführer von Ragnars Wolfskriegern, sich über den Körper ihres Prinzen warf. Als Letztes sah ich Serafines Gesicht, wie sie sich mit tränenüberfluteten Augen über mich beugte und meinen Kopf in ihren Schoß bettete, dann fühlte ich nur noch ihre Tränen, bevor mich die Dunkelheit umschlang.
2
Zu viel an Ehrlichkeit
Als ich wieder zu mir kam, sah ich als Erstes Serafine, die sich besorgt über mich beugte und mir ein bitter schmeckendes Getränk einflößte, bitter genug, um mich aus meiner Ohnmacht herauszuholen. Offenbar hatte man mich ins Zelt zurückgebracht, und es musste einiges an Zeit vergangen sein, Oberschenkel, Brust und Seite waren straff mit Streifen aus gekochtem Leinen verbunden, und die Kerze in der Laterne über mir war fast vollständig herabgebrannt.
Das Gebräu, das Serafine mir einflößen wollte, schmeckte so bitter, dass ich ihre Hand unwillkürlich zur Seite schieben wollte, eine Bewegung, die ich noch im gleichen Moment bereute.
»Den Göttern sei Dank«, sagte Serafine mit feuchten Augen und schenkte mir ein mühsames Lächeln, was sie jedoch nicht daran hinderte, mir den Becher wieder an die Lippen zu halten. »Trink!«, befahl sie mir. »Zokora sagt, es wäre gut für dich und würde die Schmerzen lindern.«
Ich trank zwei Schluck, mehr bekam ich beim besten Willen nicht herunter, bevor es mich zu würgen drohte, und wollte sie schon fragen, was denn geschehen war, als es mir wieder einfiel.
»Ragnar!« Ich versuchte mich aufzusetzen, doch Serafine drückte mich mit der flachen Hand wieder in mein Lager zurück. »Was ist mit Ragnar?«
»Er lebt«, sagte Serafine hastig. »Zokora kümmert sich um ihn, er wurde schwer verwundet und für gut eine Kerzenlänge wusste selbst Zokora nicht, ob er es überstehen würde, doch jetzt ist sie zuversichtlich. Wie du auch braucht er Ruhe und muss sich erst noch erholen. Sivret ist bei ihm und wird sich um ihn kümmern, so gut er es zu tun vermag.«
»Ragnar wird es überstehen?«, vergewisserte ich mich noch einmal.
Serafine nickte beruhigend. »Zokora denkt, dass er sich erholen wird. Es wird dauern, Havald«, fügte sie ernst hinzu. »Aber er wird es überleben.«
»Gut.« Ich sah mich suchend um, während ich versuchte, den Schmerz zu ignorieren, der sich wie glühende Eisen in meine Schulter und meine Seite bohrte. »Wo ist mein Schwert?«
Serafine zog einen Schemel heran und setzte sich neben mein Bett, um sich dann zu räuspern. »Das ist das Problem. Seelenreißer wurde dir gestohlen.«
»Es waren dunkle Elfen«, erklärte Zokora etwas später, während sie sich an meinem Waschstand Ragnars Blut abwusch, vielleicht auch das meine. Ihre ganze Rüstung war über und über damit befleckt. »Doch ich glaube nicht, dass sie zu Arkin gehören.«
»Dein Pferd ist großartig«, meinte Varosch begeistert, während er ihr aus der blutigen Rüstung half. »Zeus hat sich deutlich besser geschlagen als ihr beide, er hat einen der Attentäter und die Maestra erwischt. Viel hat er allerdings nicht von ihnen übrig gelassen.«
»Es waren keine Priester des dunklen Gottes?«, fragte Serafine, als sie mir half, mich aufrecht hinzusetzen. Dank Zokoras bitterem Gebräu war der Schmerz nur noch ein dumpfes Pochen, allerdings fiel es mir schwer, meine Gedanken zusammenzuhalten.
»Nein«, antwortete Zokora, die nun nur noch mit Hemd und Stiefeln bekleidet war. Wieder einmal stellte ich fest, dass sie eine schöne Frau war. Wenn man ignorieren konnte, dass sie sechs Messerscheiden an Stellen platziert hatte, an die ich nicht
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