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Die Festung des Teufels

Die Festung des Teufels

Titel: Die Festung des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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und er wollte sie beeindrucken.
    Sie sah ihn an und wandte sich ab. »Wir müssen was essen – und reden. Zieh dich an.«
    Ganz beiläufig sagte sie ihm, was er zu tun hatte. Es gefiel ihm nicht, aber die Leute hier hatten wohl nicht viel Gelegenheit, an ihrem Ton und ihren Umgangsformen zu feilen. Er ließ das Handtuch von der Taille gleiten und schlüpfte in die Sachen ihres Bruders.
    Als er auf der Veranda saß – die Kallie auf Afrikaans stoep nannte –, ging die Sonne gerade mit sanftrotem Schein unter und überließ das Land den kühlenden Schatten. Die Nacht bricht schnell herein in diesen Breiten, und als das Essen auf dem Tisch stand, war der Himmel bereits rabenschwarz. Hinter dem Wasser und den Bäumen stieg ein gelber Vollmond auf. Es war das Wunder unbelebter Orte, das Max schon vorher miterlebt hatte: Kristallklare Nächte, ohne die Trübung durch die Lichter der Stadt, verliehen den Sternen die Klarheit von Wasser. Es waren so viele, dass der Himmel funkelte. Und auch jetzt staunte Max wieder darüber, dass dieser Mond, der zum Greifen nah aussah, die Menschheit von Anbeginn begleitet hatte.
    Einer der wenigen Farmarbeiter zündete eine Öllampe an, und die Nachtkäfer und Motten kamen, angezogen von der tödlichen Flamme.
    Die erste anständige Mahlzeit seit zwei Tagen! Es gab Fleisch mit Gemüse, zubereitet von einer Hausangestellten mit mongolischanmutenden Gesichtszügen. Sie hatte hellere, fast aprikotfarbene Haut, hohe Wangenknochen und schräg stehende Augen. Während Max kaute, erklärte Kallie, woher die Frau stammte. Sie war eine Nachfahrin der Buschmänner, der nomadischen Jäger und Sammler, deren Lebensweise man praktisch nicht mehr vorfand. Vor zweihundert Jahren machten Kolonialisten und einheimische Stämme gleichermaßen Jagd auf sie, und obwohl die Buschmänner nie Land besessen hatten – Besitzvorstellungen waren ihnen fremd –, wurden die Gebiete, in denen sie jagten, von der Regierung beschlagnahmt und sie selbst in ein Reservat gepfercht. Es klang genau wie die Geschichte, die Max über die amerikanischen Ureinwohner gehört hatte.
    »Mein Vater hat für die Buschmänner getan, was er konnte«, sagte Kallie. »Sie sind etwas ganz Besonderes. Es gibt nicht viele Menschen, die sie verstehen können, denn ihre Sprache ist extrem schwer zu erlernen. Man muss dauernd mit der Zunge gegen Zähne und Gaumen stoßen – unterschiedliche Töne, unterschiedliche Betonung. Entschuldige, viel taugt die Erklärung nicht, oder?«
    Kallie drehte sich um und sprach leise mit der alten Frau, die ihnen das Essen aufgetragen hatte. In Max’ Ohren hatten die Wörter einen sanften, rhythmischen Klang, und er konnte verschiedene Klicktöne unterscheiden. Die Frau nickte und entfernte sich mit abgewandtem Blick.
    Kallie bemerkte Max’ Neugierde.
    »Starr sie nicht an, Max. Anstarren gilt in der Kultur der Buschmänner als unhöflich.«
    »Entschuldigung«, murmelte Max. »Ich weiß nicht viel über die Eingeborenen hier.«
    Kallie verstummte für einen Moment. »Buschmänner sindim Grunde genommen Gefangene. Sie sind Gottes Geschöpfe, der roten Erde so nah wie die Tiere, die darüber hinwegziehen. Und jetzt sagen wir, sie müssen in Siedlungen leben oder in Reservaten, aber sobald der Regen aufzieht und Blitze die Wolken vor sich hertreiben, müssen sie da draußen sein. Ihr Geist lebt in der Wüste. Wenn man einen dieser Menschen ins Gefängnis steckt, stirbt er, und wenn sie in der Wildnis bleiben, kommen viele vor Hunger und Durst um. Die Klimaveränderung, die Wilderei, der seltene Regen und das einundzwanzigste Jahrhundert – da haben sie kaum noch eine Chance.«
    Kallie sah ihn forschend an, und Max spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Er schaute weg. Max wollte so viel über sie wissen, hatte so viele Fragen an Kallie, aber das gehörte sich vermutlich nicht. Er schwieg.
    »Warum bist du hier?«, fragte Kallie stattdessen.
    »Was meinst du? Wegen meines Dads natürlich. Warum sonst?«
    »Ich weißes nicht.« Sie blickte über den dürren Grasstreifen. »Dieses Land bringt viele Menschen um, Max. Vielleicht solltest du mit dem Schlimmsten rechnen.«
    »Ich möchte die Dinge gern positiver betrachten. Ich glaube, mein Dad ist am Leben.«
    »In Ordnung! Mein Vater hat für die Buschmänner immer getan, was er konnte, weißt du, und deshalb hat auch einer von ihnen diese Feldaufzeichnungen zu uns gebracht. Er hat sich von seiner Familie da draußen getrennt, um das zu tun. Mein Dad

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