Die Festung des Teufels
entstanden durch Feuchtigkeit, die von unten aus dem Boden aufstieg, sie durchzogen das gesamte Gebiet und erinnerten durch den roten Staub an Blutspuren.
Max durchforstete sein Gedächtnis. Was hatte sein Vater in den Aufzeichnungen vermerkt, die er in Angelo Farentinos Büro gelesen hatte? Anzeichen für Bohrungsgerät, hatte sein Vater notiert, aber die sollte es in dem Gebiet, in dem er sich befand, als er dies notiert hatte, nicht geben. Es gab hier keine Indizien für Ausgrabungen oder Tunnelbohrungen. Aber die Buschmänner hatten die Aufzeichnungen von Max’ Vater an sich genommen, und dann ging Tom Gordon weg. Wohin? In welche Richtung? Die natürliche Schlussfolgerung war, dass er von einem unterirdischen Wasserlauf gewusst hatte, einem Aquifer, der tief in dieses Gebiet eindrang; dann war es auchwahrscheinlich, dass er diesem gefolgt war. !Koga aber hatte gesagt, dass die Wagen in zwei verschiedene Richtungen gefahren waren.
Das war verwirrend. Jetzt, da er seinem Vater endlich näher kam, wäre es unerträglich, die falsche Richtung einzuschlagen. Auf einmal kam ihm das ganze Unterfangen völlig lächerlich vor. Ein Junge aus dem Westen, ohne Kompass, nur mit einer Armbanduhr ausgerüstet, mit eingetrocknetem Schlamm bedeckt und einem primitiven Bogen über der Schulter, hier mitten im Nichts, ohne einen Hinweis auf die Gegenwart eines anderen Lebewesens, nur von einem jungen Buschmann begleitet, der im Schatten hockend darauf wartete, dass er eine Entscheidung traf. Sein Vater war verschollen, Tote waren aus ihren Gräbern geraubt worden; er steckte irgendwo in der Wildnis fest, hatte einen Angriff überlebt und eine tödliche Vergiftung überstanden, hatte Bilder gesehen, die er nicht beschreiben konnte – und als wäre all das nie geschehen, hinterließ gerade vierzigtausend Fuß über seinem Kopf ein Flugzeug einen weißen Kondensstreifen am Himmel. Vierhundert Menschen saßen dort oben, während er hier unten in diesem Staubbecken stand, ein nutzloses Handy in der Tasche seiner zerschlissenen Shorts.
Er winkte dem silbernen Flieger nach. »Hallo! Schönen Urlaub! Vergesst nicht, eine Ansichtskarte zu schicken!« Er musste selbst lachen über seine Albernheit, besann sich aber schnell wieder, als er !Koga sah, der ihn verunsichert anschaute. »Entschuldige. Es ist so verrückt, dass ich es nicht erklären kann. Verstehst du?«
Der Junge schüttelte den Kopf.
»Nein, natürlich nicht«, sagte Max. Er schämte sich ein bisschen für seinen Ausbruch und wusste nicht, ob er den geschändetenGräbern seine Ehrerbietung bezeugen sollte, hatte aber auch keine Idee wie.
Als er seine Gedanken geordnet hatte, wusste er plötzlich, was zu tun war. Er machte kehrt und lief los, auf die dunklen Berge zu, die wie Schatten am Horizont standen.
»Wir gehen dorthin?«, fragte !Koga.
»Ja.«
»Woher weißt du … ?«
»Einfach so«, erwiderte Max. Irgendetwas zog ihn an, er wusste nicht, was, doch es war derselbe Instinkt, der ihn bis hierhin geführt hatte. Und noch etwas gab ihm Trost. !Koga war mehr als nur ein Führer und Kamerad. Er und Max hatten kulturelle Grenzen überschritten. Diese Freundschaft war aus den Gefahren heraus gewachsen, denen sie sich gemeinsam gestellt, und den Prüfungen, die sie zusammen gemeistert hatten. Max wollte nicht nur seinen Vater finden, sondern auch den Buschmännern helfen. Er würde dafür sorgen, dass die Welt von ihrer Not erfuhr.
!Koga hatte ihm erzählt, dass man sie von dem Land vertrieben hatte, auf dem sie immer gelebt und gejagt hatten, das jetzt riesige Flächen Nationalparks für geschützte Tiere waren, die die Buschmänner jedoch als Nahrungsgrundlage und für ihre Kleidung brauchten, und dass Viehzüchter den größten Teil des übrigen Landes in Besitz genommen hatten. ! Kogas Volk wurde immer weiter zurückgedrängt. Und das war einfach nicht richtig. Sein Volk und deren Lebensweise waren bereits beinahe ausgestorben.
Max verwarf den Gedanken und rief sich innerlich zur Ordnung – er machte sich nur wichtig! Die Höhlenzeichnungen enthielten keine Prophezeiungen, nichts, was darauf hindeutete, dass er den Buschmännern helfen würde. Es war eineWunschvorstellung, auf die die Buschmänner durch die Zeichnungen seines Vaters gekommen waren.
Er wollte das hier einfach nur erfolgreich zu Ende bringen, aber vielleicht hatten ihn die Buschmänner ja wegen der Höhlenzeichnungen gepflegt und wieder aufgepäppelt und ihm irgendeine Macht verliehen. Dieselbe
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