Die Feuer des Himmels
hohen Kragen herum war es allerdings nur mit wenigen Stickereien in Form weißer Blumen geschmückt, sicher, um ihre Kundinnen nicht in den Schatten zu stellen.
Als Nynaeve und Elayne eintraten, rissen beide Frauen die Augen auf, als sei seit dem letzten Jahr niemand mehr hereingekommen. Die Näherin fing sich zuerst und musterte sie mit ernster Würde, während sie einen leichten Knicks andeutete. »Wie kann ich Euch behilflich sein? Ich heiße Ronde Macura. Mein Geschäft steht Euch zu Diensten.«
»Ich möchte ein Kleid, das am Brustteil mit gelben Rosen bestickt ist«, sagte Nynaeve zu ihr. »Aber bitte ohne Dornen«, fügte sie lachend hinzu. »Ich heile nicht so schnell.« Was sie sagte, spielte keine Rolle, solange die Worte ›gelb‹ und ›heilen‹ darin vorkamen. Wenn jetzt nur nicht dieses Kräuterbündel reiner Zufall war! Falls es so wäre, müßte sie eine Ausrede finden, warum sie doch kein Kleid mit Rosen kaufen wolle. Und einen Ausweg, damit Elayne nicht die ganze unglückliche Angelegenheit brühwarm Thom und Juilin auftischte.
Frau Macura blickte sie einen Augenblick lang mit ihren dunklen Augen an und wandte sich dann zu dem Mädchen. Sie schob sie in den hinteren Teil dieses Gebäudes. »Geh in die Küche Richtung Luci, und bereite eine Kanne Tee für diese guten Damen. Aus der blauen Dose. Das Wasser ist bereits heiß, dem Licht sei Dank. Geh nur, Mädchen. Leg das hin und hör mit der Gafferei auf. Schnell, schnell. Die blaue Dose, vergiß es nicht! Mein bester Tee«, sagte sie, als sie sich wieder Nynaeve zuwandte, während das Mädchen durch die Hintertür verschwand. »Ich wohne über dem Laden, und meine Küche befindet sich hinten.« Sie strich nervös ihren Rock glatt, wobei Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand einen Kreis andeuteten. Für den Ring der Großen Schlange. Sie würde, wie es schien, keine Ausrede des Kleides wegen benötigen.
Nynaeve erwiderte das Zeichen, und nach einem Augenblick tat es ihnen auch Elayne nach. »Ich heiße Nynaeve, und das ist Elayne. Wir haben Euer Signal gesehen.«
Die Frau bebte wie ein Vogel, der wegfliegen möchte. »Das Signal? Ach ja. Natürlich.«
»Also«, sagte Nynaeve. »Wie lautet Eure dringende Botschaft.«
»Wir sollten hier draußen nicht darüber sprechen... äh...
Frau Nynaeve. Es könnte jemand hereinkommen.« Das bezweifelte Nynaeve. »Ich werde es Euch bei einer schönen Tasse Tee berichten. Mein bester Tee, hatte ich das erwähnt?«
Nynaeve tauschte einen Blick mit Elayne. Wenn Frau Macura so zögerte, ihre Botschaft loszuwerden, mußte sie wohl wirklich schlimm sein.
»Wenn wir einfach nach hinten gehen«, sagte Elayne, »wird uns niemand hören.« Ihr vornehmes Auftreten ließ die Näherin vor Ehrfurcht erstarren. Einen Augenblick lang hoffte Nynaeve, es werde ihre Nervosität lindern, doch im nächsten Moment plapperte die törichte Frau wieder los.
»Der Tee wird sofort fertig sein. Das Wasser ist bereits heiß. Wir haben sonst immer Tee aus Tarabon hier hereinbekommen. Deshalb bin ich ja wohl auch hier. Natürlich nicht wegen des Tees. All der Handel vorher und all die Neuigkeiten, die man von beiden Seiten her durch die Händler und ihre Angestellten erfuhr. Sie... Ihr werdet vor allem an Ausbrüchen von Epidemien oder an neuen Krankheiten interessiert sein, und das interessiert mich auch. Ich beschäftige mich ein wenig mit...« Sie hustete, und es sprudelte weiter aus ihr heraus. Hätte sie dabei ihr Kleid noch ein wenig fester geglättet, dann wäre es vermutlich bald verschlissen. »Es gibt natürlich auch einiges von den Kindern des Lichts, aber sie... Ihr... seid daran wohl kaum sehr interessiert.«
»Die Küche, Frau Macura!« mahnte Nynaeve, als die Frau einmal Luft holte. Wenn die Nachricht dieser Frau sie derartig verschüchtert hatte, dann würde Nynaeve kein Zögern mehr dulden. Sie mußte wissen, worum es ging.
Die Hintertür öffnete sich, und Lucis ängstliches Gesicht erschien. »Alles ist fertig, Frau Macura«, verkündete sie atemlos.
»Hier entlang, Frau Nynaeve«, sagte die Näherin, die immer noch über die Vorderseite ihres Rocks strich. »Frau Elayne.«
Ein kurzer Flur führte an einer engen Treppe vorbei in eine gemütliche Küche mit dicken Deckenbalken. Auf dem Herd stand ein dampfender Wasserkessel. Überall an den Wänden befanden sich hohe Schränke. Zwischen dem Hintereingang und einem Fenster, aus dem man in einen kleinen, von einem hohen Holzzaun umgebenen Hof sah, hingen
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