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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Alles hatte man mit einem gelben Band zusammengebunden. Das konnte wohl der schwache Versuch einer Frau sein, in harten Zeiten ein wenig freundlichen Schmutz anzubringen, doch sie war eigentlich sicher, daß es eine andere Bedeutung haben mußte.
    Sie blieb neben einem leeren Laden stehen, auf dessen Schild über der Tür ein Messer geschnitzt war, tat so, als suche sie einen Stein in ihrem Schuh und betrachtete derweil den Laden der Näherin ganz genau. Die Tür stand offen, und in den Fenstern mit ihren kleinen Butzenscheiben sah sie bunte Stoffballen stehen. Doch es ging niemand hinein und keiner kam heraus.
    »Kannst du ihn nicht finden, Nynaeve? Nimm doch den Schuh ab.«
    Nynaeves Kopf fuhr herum, denn sie hatte beinahe vergessen gehabt, daß auch Elayne da war. Keiner achtete auf sie, und es war wohl auch niemand nahe genug, um sie zu belauschen. Trotzdem senkte sie die Stimme: »Dieses Bündel Besenkraut an der Ladentür. Das ist ein Signal der gelben Ajah, ein Notsignal von einem der Augen-und-Ohren der Gelben.«
    Sie mußte Elayne nicht sagen, daß sie nicht auffällig hinübersehen sollte. Der Blick des Mädchens schien den Laden kaum zu streifen. »Bist du sicher?« fragte sie leise. »Und woher weißt du das?«
    »Klar bin ich sicher. Es stimmt genau; sogar das gelbe Band, das herunterhängt, ist in drei Enden aufgeschnitten.« Sie schwieg einen Moment lang und holte tief Luft. Wenn sie sich nicht ganz und gar irrte, hatte dieses unbedeutende Bündel Kräuter eben doch eine Bedeutung als Notsignal. Falls sie im Unrecht war, machte sie sich zum Narren, und das haßte sie. »Ich habe mich in der Burg sehr häufig mit Gelben unterhalten.« Der wichtigste Lebenszweck der Gelben war das Heilen von Krankheiten und Verletzungen. Sie legten wohl nicht viel Wert auf Kräuter, aber die benötigte man auch kaum, wenn man mit Hilfe der Macht heilen konnte. »Eine von ihnen hat mir das erzählt. Sie hat es nicht für einen besonders relevanten Verstoß gegen die Vorschriften gehalten, da sie sicher war, daß aus mir eine Gelbe wird. Außerdem ist dieses Signal seit beinahe dreihundert Jahren nicht mehr benützt worden. Elayne, selbst in jeder Ajah wissen nur wenige Frauen überhaupt, wer die Augen-und-Ohren ihrer eigenen Ajah sind, aber ein Bündel gelber Blüten, das so wie dieses zusammengebunden und aufgehängt wurde, sagt jeder Gelben Schwester, daß sich hier eine befindet und etwas zu berichten weiß, das wichtig genug ist, um dafür sogar die Entdeckung zu riskieren.«
    »Wie werden wir herausfinden, worum es geht?«
    Das gefiel Nynaeve. Nicht: ›Was sollen wir tun?‹ Das Mädchen hatte Rückgrat.
    »Folge mir einfach nur«, sagte sie und ergriff ihren Korb mit fester Hand, während sie sich aufrichtete. Sie hoffte, sich noch an alles erinnern zu können, was ihr Shemerin gesagt hatte. Sie hoffte auch, daß Shemerin ihr wirklich alles gesagt hatte. Die mollige Gelbe war für eine Aes Sedai schon recht geschwätzig.
    Das Innere des Ladens war nicht sehr groß, und jedes bißchen Wandfläche wurde von Regalen eingenommen. Da lagen dann Ballen aus Seide oder feingewebter Wolle, Spulen mit Fäden oder Säumen, und dazu Bänder und Spitzen jeder Breite und Sorte. Schneiderpuppen standen in den Ecken, auf denen sowohl halbfertige, wie auch fertig genähte Kleidungsstücke hingen - von einem Tanzkleid aus besticktem grünen Wollstoff bis zu einem grauen Seidengewand, die sich auch an einem Hof gut ausgenommen hätte. Auf den ersten Blick strahlte der Laden Geschäftigkeit und Wohlstand aus, doch Nynaeves scharfe Augen entdeckten eine feine Staubschicht auf einer hohen Halskrause aus feinster Solindespitze und auf einer großen Samtschleife um die Taille eines anderen Kleides. Im Laden befanden sich zwei dunkelhaarige Frauen. Die eine, jung und mager, wischte sich ständig mit dem Handrücken die laufende Nase, während sie einen Ballen hellroter Seide ängstlich an den Busen drückte. Ihr Haar fiel in einer großen Anzahl langer Korkenzieherlocken auf ihre Schultern, wie das in Amadicia Mode war, doch gegenüber der ordentlichen Frisur der anderen Frau wirkte es verfilzt. Diese andere war von mittleren Jahren und sah recht gut aus. Sie mußte ganz bestimmt die Näherin sein, denn an einem Handgelenk trug sie ein großes, mit Nadeln gespicktes Nadelkissen. Ihr Kleid war aus grüner Wolle guter Qualität gefertigt, schön geschnitten, und sicher trug sie es, um ihre Kunst auf diese Art gleich vorzuführen. Um den

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