Die Feuer des Himmels
sagte Luca. Aus den sechs Steinen wurden acht, dann zehn, dann ein Dutzend. »Ihr seid nicht schlecht.« Aus dem einen Kreis wurden zwei ineinander verschlungene. Luca rieb sich überlegend das Kinn. »Vielleicht kann ich Euch gebrauchen.«
»Ich kann auch Feuer schlucken«, sagte Thom und ließ die Steine fallen, »mit Messern arbeiten«, wobei er die leeren Hände spreizte und dann scheinbar aus Lucas Ohr einen Kieselstein hervorzog, »und noch ein paar andere Sachen machen.«
Luca unterdrückte sein erfreutes Grinsen. »Damit wäre für Euch gesorgt, aber wie steht es mit dem Rest?« Er schien sich über sich selbst zu ärgern, weil er einen Moment lang etwas wie Begeisterung oder auch nur Zustimmung gezeigt hatte.
»Was ist das?« fragte Elayne und deutete nach vorn.
Die beiden hohen Masten, über die sich Nynaeve schon gewundert hatte, als sie errichtet wurden, waren jetzt mit Seilen festgezurrt worden, jede trug obenauf eine kleine Plattform und zwischen ihnen war ein etwa dreißig Schritt langes Seil straff gespannt. Von jeder Plattform hing eine Strickleiter herunter.
»Das ist Sedrins Gestell«, antwortete Luca und schüttelte den Kopf. »Sedrin der Seilgänger, der in zehn Schritt Höhe auf einem dünnen Seil wahre Kunststücke vollbringt. Der Narr.«
»Ich kann auch darauf laufen«, sagte Elayne daraufhin zu ihm. Thom faßte nach ihrem Arm, als sie den Hut abnahm und losging, doch nach einem Lächeln und einem leichten Kopfschütteln ihrerseits ließ er sie gehen.
Luca versperrte ihr allerdings den Weg. »Hört mal, Morelin oder wie Ihr sonst heißen mögt, Eure Stirn mag vielleicht zu hübsch sein, um ein Brandzeichen zu tragen, aber Euer Hals ist ganz gewiß zu hübsch, um ihn Euch zu brechen. Sedrin wußte, was er tat, und wir haben ihn vor kaum einer Stunde begraben. Deshalb befinden sich alle in ihren Wagen. Sicher, er hat letzten Abend zuviel getrunken, nachdem man uns aus Sienda verjagt hatte, aber ich habe ihn schon auf dem Seil laufen sehen, obwohl er mit Schnaps gefüllt war wie ein Faß. Ich sage Euch etwas. Ihr müßt die Käfige nicht reinigen. Ihr zieht zu mir in meinen Wagen und ich sage allen, Ihr wärt meine Geliebte. Nur einer Erklärung wegen natürlich.« Sein verschmitztes Lächeln sagte deutlich, daß er auf mehr als nur eine Erklärung hoffte.
Elaynes Lächeln dagegen hätte ihn eigentlich vor Kälte erstarren lassen sollen. »Ich danke Euch vielmals für Euer Angebot, Meister Luca, aber wenn Ihr nun freundlicherweise zur Seite treten würdet...« Uns blieb keine Wahl.
Juilin zerknüllte den zylindrischen Hut mit beiden Händen und dann rammte er ihn sich wieder auf den Kopf, als sie gerade begann, eine der Strickleitern zu erklimmen. Sie hatte ein wenig Probleme mit ihrem Rock. Nynaeve wußte, was das Mädchen vorhatte. Den Männern sollte es an sich auch klar sein, wenigstens Thom, aber er wirkte immer noch sprungbereit, als wolle er hinüberlaufen und sie auffangen, falls sie stürzte. Luca trat ebenfalls näher heran, als gehe ihm der gleiche Gedanke durch den Kopf.
Einen Augenblick lang stand Elayne auf der Plattform und strich sich den Rock glatt. Jetzt, da sie oben stand, wirkte die Plattform viel kleiner und viel höher. Dann raffte sie graziös ihren Rock ein wenig höher, als schreite sie durch Schlamm, und trat hinaus auf das dünne Seil. Sie hätte genausogut über eine Straße gehen können. Nynaeve wußte, daß dieser Vergleich sogar auf gewisse Weise zutraf. Sie konnte das Glühen Saidars nicht erkennen, wußte aber wohl, daß Elayne zwischen den beiden Plattformen eine Brücke, zweifellos aus dem Element Luft, gewebt hatte, die ebenso hart war wie Stein.
Plötzlich streckte Elayne die Hände hinunter und schlug zweimal hintereinander ein Rad. Das rabenschwarze Haar wirbelte und die seidenbestrumpften Beine blitzen im Sonnenschein auf. Einen winzigen Augenblick lang, als sie sich gerade aufrichtete, schien ihr Rock über eine unsichtbare Fläche zu streifen doch dann hatte sie ihn schon wieder hochgerafft. Zwei weitere Schritte brachten sie zu der anderen Plattform. »Hat Meister Sedrin so etwas fertiggebracht, Meister Luca?«
»Er hat Überschläge gemacht« rief er zurück. Viel leiser fügte er hinzu: »Aber er hatte keine solchen Beine. Eine Lady! Ha!«
»Ich bin nicht die einzige, die das kann«, rief Elayne. »Juilin und« - Nynaeve schüttelte wild den Kopf. Mit Hilfe der Macht oder nicht - ihr Magen würde oben auf dem Seil genauso rebellieren wie
Weitere Kostenlose Bücher