Die Feuer des Himmels
Der Schmerz war noch nicht verflogen, aber der Druck war weg, und damit würde auch der Schmerz nicht mehr lange andauern. Er konnte den Blick nicht von dem Ter'Angreal wenden. Moiraine. Ihr Name erfüllte seinen Verstand und glitt in großen Lettern über die Blase des Nichts.
Lan schlurfte an ihm vorbei, den Blick stur auf den Wagen gerichtet. Er beugte sich vor, daß es aussah, als müsse er sich weiterbewegen, weil er sonst nach vorne wegkippen würde.
Mehr als dieses Aufstehen konnte Rand im Augenblick auch nicht bewältigen. Er verwob einen Strang aus Luft und fing damit den Behüter auf. »Ihr... Ihr könnt nichts tun, Lan. Ihr könnt ihr nicht folgen.«
»Ich weiß«, sagte Lan mit Hoffnungslosigkeit in der Stimme. Er wurde von dem Strang aus Luft im Schritt mit einem erhobenen Fuß festgehalten, kämpfte aber nicht dagegen an, sondern starrte nur auf diesen Ter'Angreal, der Moiraine verschlungen hatte. »Das Licht gebe mir Frieden, ich weiß es.«
Der Wagen selbst hatte mittlerweile Feuer gefangen. Rand versuchte, die Flammen zu ersticken, doch sobald er einem Brandherd die Hitze entzogen und sie abgeleitet hatte, entzündete ein Blitz einen neuen. Der Türrahmen selbst begann bereits zu qualmen, obwohl er ja aus Stein bestand. Der weiße, beißende Rauch stieg auf und ballte sich unter der grauen Kuppel zusammen. Nur ein kurzer Hauch ließ Rands Nase brennen und zwang ihn zum Husten. Seine Haut prickelte, und es stach, wo der Qualm sie berührte. Schnell löste er das Gewebe der Kuppel auf und wartete nicht erst darauf, daß sie von allein verschwand, sondern trieb ihre Reste auseinander. Dann webte er einen hohen Schornstein aus Luft über dem Wagen. Die Luftsäule schimmerte wie Glas. So konnte der Qualm nur noch nach oben entweichen. Erst dann ließ er Lan los. Bei diesem Mann hatte er es durchaus für möglich gehalten, daß er Moiraine trotz allem gefolgt wäre, hätte er nur den Wagen erreichen können. Der aber stand nun in hellen Flammen. Der steinerne Türrahmen schmolz wie Wachs, doch vielleicht hätte selbst das einen Behüter nicht abhalten können.
»Sie ist weg. Ich kann ihre Gegenwart nicht mehr spüren.« Es klang, als reiße sich Lan jedes Wort aus der Brust. Er wandte sich um und begann, ohne einen Blick zurück die Reihe der Wagen entlangzugehen.
Rand folgte dem Behüter mit den Augen, doch dann fiel ihm Aviendha auf, die immer noch auf den Knien lag und Egwene in den Armen hielt. Er ließ Saidin los und rannte den Kai entlang. Die körperlichen Schmerzen, die das Nichts auf Distanz gehalten hatte, brachen jetzt mit voller Wucht über ihn herein, doch er rannte, wenn auch mühsam, zu den Frauen hin. Auch Asmodean befand sich bereits dort und blickte sich ängstlich um, als erwarte er, daß Lanfear plötzlich hinter einem Planwagen oder einem umgestürzten Gemüsekarren hervortreten werde. Und Mat hockte daneben, den Speer an die Schulter gelehnt, und fächelte Egwene mit seinem Hut Luft zu.
Rand schlidderte zum Stand. »Ist sie...?«
»Ich weiß nicht«, sagte Mat kleinlaut.
»Sie atmet noch.« Das klang bei Aviendha, als wisse sie nicht, wie lange noch, doch als Amys und Bair sich mit Melaine und Sorilea im Schlepptau gewaltsam an Rand vorbeidrängten, schlug Egwene gerade die Augen auf. Die Weisen Frauen knieten sich neben die jungen Frauen nieder und sprachen leise miteinander, während sie Egwene untersuchten.
»Ich fühle mich...«, begann Egwene mit schwacher Stimme und hielt inne, um zu schlucken. Ihr Gesicht war blutleer und bleich. »Es ... tut weh.« Eine Träne quoll ihr aus dem Auge.
»Selbstverständlich«, sagte Sorilea kurz angebunden. »So etwas passiert eben, wenn man sich in die Angelegenheiten eines Mannes verwickeln laßt.«
»Sie kann nicht mit Euch gehen, Rand al'Thor.« Melaine mit dem sonnenfarbenen Haar war ganz offensichtlich wütend, blickte ihn aber nicht direkt an. Ihr Zorn mochte gegen ihn gerichtet sein, vielleicht aber auch allgemein gegen das, was nun einmal geschehen war.
»Ich ... bin bald wieder munter wie ein Fisch im Wasser ... wenn ich ... ein bißchen ausgeruht habe«, flüsterte Egwene.
Bair befeuchtete ein Tuch an einem Wasserschlauch und legte es auf Egwenes Stirn. »Es wird Euch wieder gut gehen, wenn Ihr lange genug geruht habt. Ich fürchte, heute abend werdet Ihr Euch nicht mit Nynaeve und Elayne treffen. Ihr werdet ein paar Tage lang von Tel'aran'rhiod fernbleiben, bis Ihr wieder stärker seid. Seht mich nicht so widerspenstig
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