Die Feuer von Córdoba
Ihr werdet doch seiner Exzellenz dem Inquisitor alles weitersagen?«
Stefano nickte langsam. »Natürlich, Señora Martinez. Jede wichtige Nachricht erreicht den Inquisitor.«
»Das ist gut«, sagte sie und lächelte. Aber wirklich erleichtert schien sie nicht. »Sonst hätte ich noch mal herkommen müssen, und ich weiß nicht … Ich muss Euch nämlich eine Hexe melden.«
»Eine Hexe?«
»Ja.« Sie nickte eifrig, fast ein wenig zu eifrig für Stefanos Geschmack.
»Wo lebt diese Hexe?«
»Unter meinem Dach«, erwiderte sie. »Wenigstens bis vor kurzem. Mein Mann hat sie eines Tages mit nach Hause gebracht . Und seither ist er völlig verändert.«
Stefano ließ erneut seinen Blick über die etwas rundliche Figur der Frau gleiten, dann sah er in ihr Gesicht. War da nicht ein hasserfülltes Funkeln in ihren Augen? Sie mochte die Frau, diese »Hexe«, nicht, so viel stand für ihn fest. Aber warum? Hatte die andere ihr den Mann weggenommen? War sie vielleicht schöner und jünger als sie?
»Wie ist ihr Name?«
»Señora Anne de Cabalho«, antwortete sie rasch. »Wollt Ihr das nicht aufschreiben?«, fragte sie und deutete auf das Pergament, das vor ihm lag.
»Gleich, gleich, Señora Martinez«, entgegnete er. »Vorerst müssen noch einige Fragen geklärt werden. Was macht Euch so sicher, dass Señora de Cabalho wirklich eine Hexe ist?«
»Als mein Mann sie mit nach Hause brachte, sagte er, sie sei seine Cousine. Doch das glaube ich ihm nicht. Seit diese Frau unter unserem Dach wohnt, spricht er nicht mehr mit mir, er sieht mich kaum noch an. Dabei ist er ein guter, treuer Mann. Aber jetzt steht er unter ihrem Einfluss. Ich sage Euch, sie hat ihn verhext.« Stefano nickte langsam. Er konnte ihr nicht so recht glauben, und das wiederum schien Señora Martinez nervös zu machen. Ihre Augen huschten im Raum hin und her, während sie offenbar angestrengt überlegte. »Außerdem habe ich beim Aufräumen in ihrem Zimmer seltsame Gerätschaften, verdächtige Kräuter und ein Buch über Hexenkünste gefunden«, fügte sie rasch hinzu und schlug die Augen nieder. Ein zartes Rosa überzog ihre Wangen.
Das war jetzt eine Lüge, dachte Stefano und wunderte sich, dass es ihm überhaupt auffiel. Normalerweise nahm er solche Reaktionen nicht wahr. Aber vielleicht hatte auch seine nächtliche Lektüre ihm den Blick geschärft. In dem verbotenen Buch war von so vielen geschickten weiblichen Winkelzügen die Rede gewesen, wie er es niemals für möglich gehalten hatte. Eifersucht und Rache schienen Frauen in gefährliche , unberechenbare und zu allem fähige Geschöpfe zu verwandeln. Und dass auch Señora Martinez von diesen Motiven getrieben wurde, davon war er fest überzeugt. Er konnte ihre Eifersucht und ihre Wut auf die andere Frau fast riechen. Ehebruch war gewiss ein schweres Vergehen, und so gut er den Zorn und die Verletztheit von Señora Martinez nachvollziehen konnte, so war es noch lange kein Grund, die andere Frau dafür auf den Scheiterhaufen zu bringen. Das wäre Mord. Er betrachtete Señora Martinez nachdenklich . Sie war eine sympathische, aufrichtige Frau, und gewiss war sie ihren Kindern eine gute Mutter und ihrem Mann eine treue Gefährtin. Vielleicht würde der Gedanke, die Nebenbuhlerin brennen zu lassen, sie vorerst befriedigen, das alles verzehrende Feuer der Eifersucht wäre gelöscht – doch nur oberflächlich, denn in der Tiefe würde dieses Feuer weiter schwelen und ihre Seele langsam, aber sicher mit seinen giftigen Dämpfen verseuchen. Dieses Gift würde die Liebe zu ihrem Mann in Misstrauen verwandeln, und im Laufe ihres Lebens würde aus der fröhlichen, liebevollen Frau ein hartes, zänkisches Weib werden. Wenn nicht schon vorher die Last ihres Gewissens sie erdrückt haben würde. Wie auch immer, das Glück, das sie hier auf Erden besaß, wäre für sie verloren.
»Was meint Ihr, Pater?«, fragte sie. »Werdet Ihr Euch um mein Anliegen kümmern?« Ihr Blick war so flehend, so Hilfe suchend, so ängstlich, dass es Stefano schier das Herz zerriss .
»Natürlich werde ich mich darum kümmern«, versicherte er ihr. »Kehrt nach Hause zurück, Señora Martinez, und überlasst alles andere mir.« Er erhob sich und geleitete sie zur Tür. »Ich wünsche Euch einen guten Tag, Señora Martinez«, sagte er und blickte in ihr unglückliches Gesicht.
»Pater, ich …« Sie brach ab.
»Ja, meine Tochter?«
»Ich … ich …« Ihr Blick irrte Hilfe suchend über den Boden . Als sie ihn wieder
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