Die Feuer von Córdoba
schmale Hand seines Herrn in seine eigene. Sie war erschreckend kalt, so als wäre Cosimo in Wahrheit bereits gestorben. »Es gibt bestimmt noch Hoffnung. Wir müssen nur …« Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf wie die Bälle eines Jongleurs. »Ich habe die Samen eingesammelt und alle in einem Tongefäß aufbewahrt. Wir können sie erneut aussäen. Wir können neue Pflanzen züchten.« Und warum hast du das nicht schon längst getan, du Nichtsnutz von einem Narren?, fügte er in Gedanken hinzu. Am liebsten hätte er sich selbst geohrfeigt, sich an den nächsten Pfahl gebunden und ausgepeitscht. So viele Stunden und Tage hatte er mit sinnlosen Gedanken über Langeweile auf der Bank sitzend zugebracht und sich selbst bemitleidet, statt das Naheliegende zu tun. »Wir können neue Pflanzen züchten, Cosimo . Es ist noch nicht zu spät.«
Cosimo sah ihn an, und seine Augen schimmerten feucht.
»Mein lieber, guter Anselmo«, sagte er und strich Anselmo liebevoll über das Haar und über die Wange, als wäre er wirklich sein Sohn. »Der Ansatz, den ich jetzt zubereitet habe, kann nicht warten, bis die Pflanzen wieder gewachsen sind. Bis dahin wäre er verdorben. Ich müsste mit allem von vorne beginnen. Aber das ist es gar nicht mal. Ich würde das auf mich nehmen. Es ist noch nicht einmal die Gefahr, dass ich erneut den richtigen Zeitpunkt verpassen könnte. Doch die Zutaten setzen uns Grenzen. Das Laboratorium von Teresas Vater ist zwar exzellent ausgestattet, aber die Ressourcen sind nicht unerschöpflich. Bereits jetzt habe ich manche Ingredienzien bis auf einen kleinen Rest verbraucht, und ich glaube nicht, dass noch genug von ihnen vorhanden ist, um ein zweites Mal das Drachenöl zu brauen. Es hat keinen Sinn mehr, Anselmo.«
Anselmo presste die Lippen aufeinander. Er wollte es einfach nicht glauben. Er wollte nicht wahrhaben, dass dies wirklich das Ende sein sollte. Es musste doch noch einen Ausweg geben. Sie hatten bisher immer einen Ausweg gefunden.
»Dann müssen wir uns eben die fehlenden Zutaten erneut beschaffen!«, rief er aus.
»Und woher?«
»Was weiß ich? Aus Córdoba vielleicht. Oder wir könnten doch mit Bartolomé …«
»Verzeiht, dass ich mich einmische«, sagte Teresa. Weder Cosimo noch Anselmo hatten bemerkt, dass sie die Treppe heruntergekommen war. »Ich habe Euer Gespräch mit angehört . Ihr seid verzweifelt, weil die Pflanzen Euch nicht mehr zur Verfügung stehen. Doch Ihr braucht nicht zu resignieren, Señor de Cabalho.«
»Aber Teresa, gutes Kind!«, rief Cosimo und lachte bitter. »Ich fürchte, dir fehlt die Vorstellung von den Ausmaßen dieser Tragödie. Innerhalb von drei Tagen müssen die frischen Kräuter dem Ansatz hinzugefügt werden, um mit dem Prozess der Herstellung fortzufahren. Danach ist das Ganze wertlos. Vielleicht taugt das Zeug dann noch, um damit unsere Weiden zu düngen, aber auf keinen Fall können wir noch ein brauchbares Drachenöl herstellen.«
Doch Teresa schüttelte den Kopf. Und sie lächelte. Anselmo warf ihr einen zornigen Blick zu. Wie um alles in der Welt konnte sie angesichts ihrer verzweifelten Lage noch lächeln? Cosimo hatte Recht, sie verstand nichts. Gar nichts.
»Auch ich habe das Rezept gelesen, und ich weiß, dass Ihr die Kräuter braucht, Señor de Cabalho«, erklärte sie so ruhig, als würde ihnen nichts weiter als ein wenig Sauerteig fehlen, um einen Brotteig anzusetzen. »Und ich kann Euch sagen, woher Ihr sie bekommt.« Cosimo und Anselmo starrten sie sprachlos an, doch Teresa fuhr ungerührt fort: »Nachdem ich Euch zum ersten Mal das Labor meines Vaters gezeigt hatte, hat Mutter Maddalena mich gebeten, ihr die Samen der Pflanzen ebenfalls mitzubringen. Sie hat sie im Garten der Einsiedelei ausgesät, alle paar Tage ein paar Samenkörner. Einige der Pflanzen haben mittlerweile wieder Samen gebildet und sind verwelkt wie Eure. Doch andere stehen noch in Saft, andere beginnen erst Samen zu bilden oder blühen, während wieder andere Pflanzen gerade erst austreiben.«
Cosimo und Anselmo sahen sich an.
»Du beliebst zu scherzen«, sagte Cosimo.
»Nein, wirklich, ich spreche die Wahrheit.«
»Und warum hat Mutter Maddalena das getan?«
Teresa zuckte mit den Schultern. »Ihr wisst, dass sie oft Dinge tut, die ein gewöhnlicher Mensch nur schwer begreifen kann. Vielleicht hat sie gewusst, dass Ihr die Kräuter eines Tages brauchen würdet.«
Cosimo rieb sich das Kinn. Seine Hand zitterte, aber seine Lippen hatten wieder
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