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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Becher, während sie draußen auf der kleinen Veranda stand. Vögel kreischten und flatterten zwischen den Palmen; Pfaue stolzierten auf dem Weg unterhalb der Veranda; durch die Büsche und Bäume im Westen konnte man die Brandung hören; im Osten spannte sich der blaue Himmel über die aufgetürmten a’a- Felder, die wenige Meter hinter Eleanors hale anfingen. Im Süden war ein Dunststreifen zu sehen, aber über dem Südwestrücken des Mauna Loa war der Himmel klar.
    Eleanor ließ den Rest des Kaffees als Ansporn auf der Warmhalteplatte, trat aus der hale und machte sich daran, langsam den Weg hinunterzujoggen, vorbei an den künstlichen Lagunen und dem kleineren Pool und dem vierzehnten Loch zu den Petroglyphenfeldern. Eine Viertelmeile weiter, und sie war jenseits der künstlichen Oase aus Bäumen und Gestrüpp, schlängelte sich zwischen mannshohen a’a -Felsen hindurch und erhaschte im Vorbeilaufen hier und dort einen flüchtigen Blick auf gemalte Figuren und piko -Löcher. Schließlich führte der gepflasterte Weg näher an die Klippen, und Eleanor spürte die erfrischende Berührung des Gischtregens, der zehn Meter von den Felsen unterhalb der Klippen hochschoß. Regenbogen tanzten um sie herum. Wieder eine Viertelmeile weiter, und der Pfad endete an einem Warnschild, daß dies die Grundstücksgrenze des Mauna-Pele-Hotels und daß das Betreten der dahinter gelegenen Lavafelder gefährlich sei. Eleanor blieb einen Moment auf der asphaltierten Kehre stehen, doch dann entdeckte sie einen Trampelpfad, der sich zwischen den Schlackenblöcken hindurch zu den Klippen wand, und lief weiter, joggte in lockerem Tempo durch das poröse Gestein.
    Zehn Minuten später fand sie sich auf einer Landzunge wieder. Hier waren die Klippen höher, wenigstens fünfzehn Meter oberhalb des Wassers. Es gab keine Bucht oder Lagune, um die gewaltige Kraft des Windes und der Gezeiten zu brechen, und der Pazifik warf sich mit spürbarer Wut gegen die Felsen. Eleanor lief auf der Stelle und genoß das Panorama.
    Nach Norden hin lag das Mauna Pele, eine grüne Oase aus Palmen und blühenden Sträuchern, die sich um die malerische Bucht zog, dazwischen die an den Hängen der Ausläufer des Mauna Loa erbaute Big Hale und weiter nördlich dahinter der schneebedeckte Gipfel des Mauna-Kea-Vulkans. Das entfernte Vorgebirge und die ansteigenden Kämme präsentierten sich in einer Kombination aus zerklüfteten Felsen und trockenem, bräunlichem Gestrüpp — ganz und gar nicht die Traumvorstellung, die Touristen sich von Hawaii machten. Eleanor fand es atemberaubend.
    Im Süden zogen sich immer zerklüftetere Klippen in einem geschwungenen Bogen nach Osten. Der mächtige Südwestrücken des Mauna Loa versperrte den Blick auf den Himmel, und nun konnte Eleanor auch deutlich die Wolken aus Rauch und Asche sehen, die von den Lavaströmen dort nach Süden trieben. Eine andere graue Rauchsäule fiel ihr ins Auge — dichter, greifbarer als die Aschewolke; sie erhob sich wie ein Stratokumulus von der Küste bis zu einer Höhe von zehn-, fünfzehntausend Metern. Eleanor erkannte, daß sie vor sich eine oder mehrere Dampfwolken sah, die vielleicht zehn Meilen entfernt an der Stelle aufstiegen, wo die Lava sich, direkt hinter der Biegung der Küste, in den Ozean ergoß. Der Anblick ließ sie erschauern, als sie an die ungezügelte Naturgewalt dachte, die hier freigesetzt wurde.
    Eleanor folgte dem Küstenpfad weiter nach Süden, joggte ganz gemächlich, während sie über alles mögliche nachdachte.
    Im hellen Tageslicht überraschte es sie doch sehr, daß sie Cordie Stumpf Tante Kidders Tagebuch geliehen hatte. Obwohl sie durchaus die ungewöhnliche Freundschaft mit der sonderbaren Frau aus Illinois anerkannte — sie mochte Cordie —, war es dennoch völlig untypisch für sie, jemanden das Tagebuch lesen zu lassen. Seit Tante Beanie das Buch vor fast einunddreißig Jahren in ihre Hände übergeben hatte, hatte Eleanor es mit niemandem geteilt. Sie fragte sich, was sie wohl dazu bewogen haben mochte.
    Vielleicht brauche ich wirklich eine Verbündete. Eleanor schnaubte über den bloßen Gedanken und wischte sich den Schweiß aus den Augen.
    Der offensichtliche Verbündete bei allem, was noch bevorstand, war Paul Kukali: Ein Hawaiianer, der sich mit den Mythen und der Geschichte der Inseln auskannte und Verbindung zu den Leuten und Gruppen hatte, mit denen Eleanor früher oder später Kontakt aufnehmen mußte... ganz zu schweigen davon, daß er auch noch

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