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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gutaussehend und charmant und auf seine galante Art sehr sexy war.
    Eleanor schnaubte abermals und schüttelte ihre Hände, um die Durchblutung anzuheizen. Sie hatte viele Männer wie Paul kennengelernt, und obgleich sie alle durch die Bank interessant und charmant waren, hatte keiner von ihnen verstehen können, warum sein Charme nicht auch bei der einsamen, mittlerweile nicht mehr ganz jungen Lehrerin namens Eleanor Perry gewirkt hatte. Dennoch brauchte sie Pauls Kontakte, und sie hatte ein wenig das unschöne Gefühl, den Kunstkurator auszunutzen.
    Unsinn, dachte Eleanor, er wird weit mehr als ich davon profitieren, wenn wir dieses alte Geheimnis lösen.
    Der Trampelpfad hatte sich so sehr verengt, daß man ihn kaum noch als Pfad bezeichnen konnte, sondern eher als eine Reihe von Durchlässen zwischen den Felsen. Eleanor entschied, daß es Zeit zum Umkehren war. Sie war stehengeblieben, um Luft zu schöpfen, und stand vorgebeugt da, die Hände auf die Knie gestützt, als sie das Geräusch hörte.
    Es war ein merkwürdiges Geräusch, so explosiv wie die Brandung, aber nicht synchron mit den sich brechenden Wellen zu ihrer Rechten. Erst kam das Krachen der Brandung und dann, zehn oder fünfzehn Sekunden später, dieser zweite Geräuschschwall, wie ein gigantisches Ausatmen. Eleanor wandte sich nach rechts und suchte sich zwischen den Lavablöcken einen Weg zur Quelle des Geräuschs.
    Sie lag kaum dreißig Meter vom Klippenrand entfernt. Eleanor sah zuerst die hochspritzende Gischtfontäne wie von einem blasenden Wal. Sie tastete sich über den flachen, nassen Felsen und ging neben dem Loch in die Hocke. Die Abfolge blieb immer gleich: Zuerst das Krachen der Brandung zu ihrer Rechten, dann ein Heulen wie von einem Chor gemarterter Seelen oder von hundert Flöten und Oboen, die von unmusikalischen Laien geblasen wurden, und dann folgte die Spritzwasserfontäne, fast schon mehr ein feiner Gischtnebel. Das Wasser schoß mit der Kraft eines Hochdruckschlauchs aus dem Loch, und Eleanor sprang die ersten paar Male eilig zurück, denn ihr wurde plötzlich bewußt, daß sie zehn, wenn nicht gar fünfzig Meter durch die Luft geschleudert werden würde, sollte der gewaltige Salzwasserschwall sie erfassen. Doch als sie die Abstände besser abschätzen konnte und wußte, daß wenigstens eine Minute zwischen den Fontänen lag, hockte sie sich neben das Loch und spähte hinein.
    Offensichtlich ein Lavatunnel, der zum Meer führte. Eleanor konnte das Klatschen der See hören, als die urgewaltige Brandung in die schmale Röhre zehn Meter tiefer strömte. Irgendeine Dynamik des Lavatunnels preßte die Wassermassen offensichtlich diese Felsspalte hinauf zu der kleinen Öffnung, neben der Eleanor jetzt hockte. Befriedigt von der Erklärung, wollte Elenaor sich gerade auf den Rückweg machen, als sie etwas anderes über dem Heulen des Windes und des Wassers hörte.
    Stimmen. Aus dem Lavatunnel drangen Stimmen.
    Eleanor wich zurück, als der Gischtgeysir von neuem explodierte. Sobald sich der Meerschaum wieder zurückzog, trat sie abermals an den Felsspalt und beugte sich hinunter.
    Stimmen, entweder in einem rhythmischen Streitgespräch oder tatsächlichem Singsang erhoben. Eleanor verließ sich darauf, daß der Wasserschwall nicht plötzlich ausgestoßen würde, und steckte Kopf und Schultern in das Loch. Sie erkannte, daß der Spalt gut fünf Meter nach unten reichte, bis er abknickte und die Decke einer Höhle bildete. Zum Meer hin war der Lavatunnel viel tiefer und enger, wobei sich die etwas erhabene Höhle wie eine Rampe aufwärts zu diesem Loch zog. Eleanor sah, daß der Tunnel auf den letzten zwanzig, dreißig Metern kaum noch einen Meter breit war. Je weiter landeinwärts er sich unter den Lavafeldern erstreckte, desto breiter und ebener wurde er.
    Da Eleanor mit ihrem Oberkörper das Loch abdeckte, hätte sie das alles in der Dunkelheit eigentlich gar nicht sehen können. Aber es war nicht völlig dunkel. Der Schein von Fackeln oder irgendein grünliches Licht erhellten den Lavatunnel in landwärtiger Richtung. Eleanor hörte die krachende Brandung aus der entgegengesetzten Richtung, und plötzlich sah sie vor ihrem geistigen Auge, wie der Wasserschwall mit Hochdruck auf sie zugeschossen kam. Sie hatte zu lange in das Loch gestarrt und die Zeit vergessen. Hastig versuchte sie, sich auf dem glitschigen Stein abzustützen und ihren Kopf und ihre Schultern aus dem Spalt zu ziehen, bevor der Geysir sie zerschmetterte wie ein

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