Die Feuer von Eden
Blätter der lehua rauschen;
Zorniges Knurren des Gottes Pana-ewa,
O Pana-ewa!
Ich bereite dir Pein,
Siehe, ich verteile die schweren Schläge
der Schlacht.
Hi’iakas Beschwörung gegen Peles Feinde
18. Juni 1866, in einem namenlosen Dorf an der Kona-Küste
Das Wesen aus Nacht und Nebel erwählte Reverend Haymark als sein Opfer und stürzte sich so blitzschnell auf ihn, daß Mr. Clemens, selbst wenn er sich hätte rühren können — und ich konnte sehen, daß er noch immer von unsichtbaren Kräften zu Boden gedrückt wurde —, ihm nicht mehr zu Hilfe hätte eilen können. Der Nebelmann, der vormals der Knabe Halemanu gewesen war, sprang wie ein reißender Panther und schien den unglücklichen Geistlichen schier zu umzingeln. Reverend Haymark stieß einen Schrei aus, aber es war ein schwacher Laut, der aus weiter Ferne zu kommen schien. Ich versuchte, mich zu erheben, zu dem Geistlichen zu stürzen, aber dieselbe Zauberei, die meine beiden Gefährten in ihrem Bann hielt, verweigerte auch mir, mich von der Stelle zu rühren. Aus der wirbelnden Nebelsilhouette drang ein Knurren und Schnappen, wie ich hoffe, es mein Lebtag nie wieder zu hören. Es war, als würde irgendein abscheuliches Tier gierig über einen Brocken Fleisch herfallen.
Schließlich erlahmten Reverend Haymarks Kräfte, er gab seine verzweifelte Gegenwehr auf, und das Nebelwesen — Pana-ewa? — schien an Substanz zu gewinnen, obgleich diese Substanz eine Finsternis tiefer als die Nacht war. Das Knurren und Schnappen verwandelte sich in die Laute eines abscheulichen Tieres, das gierig trank, so als söffe es Wasser aus einem Trog. Dann verstummten die Laute.
Der alte Mann, der neben Reverend Haymark gesessen hatte, stimmte einen Gesang in altem Hawaiisch an. Das Nebeltier glitt von dem leblosen Leib unseres Freundes fort und schien... sich zu verwandeln... bis etwas Großes, Schuppiges, nicht ganz Reptiliengleiches, aber auch bestimmt kein Mensch, in der dunklen Ecke hockte.
Die alten Männer sangen weiter in ihrer melodiösen Sprache. Ich hörte den oft wiederholten Namen Pana-ewa heraus. Der Reptilienmann schien sich im Takt des Gesangs zu wiegen. Seine Menschenaugen wanderten im Schein der Bankulölfunzeln von links nach rechts und zurück, um Mr. Clemens und mich beinahe spöttisch zu betrachten. Seine spitzen Zähne schimmerten feucht. Eine lange Zunge schnellte hervor, um die Luft zu kosten. Ich sah hilfesuchend zu Mr. Clemens, aber der Korrespondent hatte nur Augen für jenes Grauen in Reptiliengestalt; seine Kinnlade hing schlaff herunter, und seine Augen waren weit aufgerissen. Ich sah zu Reverend Haymark hinüber, aber der Geistliche war vollkommen reglos. Ich befürchtete das Schlimmste.
Schließlich beendeten die alten Männer ihren Gesang, erhoben sich einer nach dem anderen und verließen die Hütte, bis nur noch die alte Frau hinten in der dunklen Ecke, Mr. Clemens, ich selbst, der Leib unseres Gefährten und das Ungetüm, das sie Pana-ewa nannten, zurückblieben.
Es sprach. »Eure Sssseeelen sssind mein, haole. Ich werde zurückkehren, um ssssie mir zu holen.« Und mit diesen Worten schien sich das Wesen in den weichen Erdboden der Hütte einzugraben, bis es gänzlich verschwunden war. Wie von unsichtbaren Ketten befreit, fiel ich beinahe vornüber, so stark waren die Fesseln gewesen, und so angestrengt hatte ich mich unbewußt gegen sie gestemmt.
Mr. Clemens und ich stürzten zum Pastor. Während ich nach seinem Puls tastete, spähte der Korrespondent in das Loch, in dem das Wesen verschwunden war. »Sonderbar«, bemerkte er. »Höchst sonderbar.«
Ich blickte ihn entsetzt an. »Reverend Haymark ist tot«, erklärte ich. »Ich finde keinen Puls.« Noch bestürzender als der fehlende Puls war die Körpertemperatur unseres früheren Gefährten: Die Haut des Geistlichen war kalt wie Eis. Frost hätte sich auf den starren Augen des armen Mannes bilden können, und sein Leib war so hart wie gefrorenes Rindfleisch.
Mr. Clemens trat näher heran und bestätigte meine Diagnose. »Tot wie ein Dorsch«, murmelte er.
»Er ist nicht tot«, sagte die alte Frau hinten im dunkelsten Winkel der Hütte. Ihr Englisch war etwas ungelenk und hatte einen starken Akzent, doch es war fehlerfrei.
Ich glaube, wir fuhren beide unwillkürlich zusammen, als wir die Stimme hörten. Die Alte war während der unglaublichen Geschehnisse der letzten halben Stunde so still gewesen, daß wir ganz vergessen hatten, daß es sie gab.
Mr. Clemens
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