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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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würde, und ihr befahlen, sich zu unterwerfen. Sie hatten Angst, daß alle Feuer von den Regenfluten ausgelöscht werden würden.«
    »Typisch«, bemerkte Cordie und ließ ihre Fingerknöchel knacken.
    »Ja«, sagte Eleanor nachdenklich. »Kamapua’a wäre ein guter Kandidat als Verdächtiger, aber er kommt nur selten auf die leewärtige, trockene Seite der Insel, wenn man den...«
    »Heiliges Kanonenrohr«, enfuhr es Cordie. Sie starrte über Eleanors Schulter.
    Beide Frauen standen auf und traten an die Brüstung der Terrasse. Im letzten fahlen Schein des Sonnenuntergangs, der von der niedrigen Aschewolkendecke reflektiert wurde, trieben Tausende winziger Flocken durch die Luft und reflektierten das Sonnenlicht wie feinste Fasern reiner Farbe. Cordie und Eleanor stürzten hinaus auf die Walbeobachtungs lanai und von dort in die Gartenanlage zwischen der Big Hale und dem Strand. Überall lag das fadengleiche Zeug herum — auf dem Gras, auf den Gehwegen und in den Büschen entlang des Wegs. Klumpen der biegsamen Fasern, etliche davon über einen Meter lang, waren gewellt wie Frauenhaar.
    »Was ist das?« fragte Cordie.
    Eleanor schüttelte den Kopf. Nun, da die Sonne untergegangen war, hatten die Fäden ihre farbige Leuchtkraft verloren, schimmerten nur noch in einem ausgeblichenen Rot oder glänzendem Silbergrau. Sie erinnerten auf unheimliche Art an das Haar einer Frau.
    »Peles Haar«, sagte eine Stimme hinter ihnen.
    Sie drehten sich um und entdeckten Paul Kukali. Der Kurator wirkte noch immer geistesabwesend und besorgt. Seine Stimme war tonlos. »Es ist eine Form von Glasgespinst, die entsteht, wenn der Mauna Loa und der Kilauea ausbrechen«, erklärte er. »Fassen Sie es nur mal an... fühlen Sie, wie biegsam es ist? So weit von den Vulkanen entfernt findet man es nur selten.« Er sah nach Osten, wo der Himmel in ein leuchtenderes Rot getaucht war als im Westen. Es sah aus, als gäbe es an diesem Abend zwei Sonnenuntergänge. »Der Ausbruch muß stärker werden.«
    Eleanor berührte die haargleichen Fasern ein letztes Mal und richtete sich wieder auf. »Bedeutet das, daß der Rundflug abgesagt ist?«
    »Nein«, erwiderte Paul, »ganz im Gegenteil. Der Hubschrauber ist hier, auch wenn wir lieber schnell aufbrechen sollten, bevor die Aschewolke dichter wird und sie uns nicht mehr aufsteigen lassen.«
    Eleanor wandte sich zu Cordie. »Bist du sicher, daß du nicht doch...«
    »Mhm-mhm«, erklärte die kleinere, stämmigere Frau. »Es gibt nicht viel, wovor ich Angst habe, Nell, aber beim Fliegen geht mir der Arsch auf Grundeis. Wenn ich nicht unbedingt muß, tue ich es nicht. Aber ich komme mit und winke euch zum Abschied.«
    Paul war mit einem Golfwagen gekommen, und so fuhren sie zu dritt um die Big Hale, vorbei an den Tennisanlagen und den Parkplätzen und quer durch den nördlichen Golfplatz, bis sie schließlich den Hubschrauberlandeplatz erreichten, der mitten in den Lavafeldern lag. Dort draußen, jenseits der Baumgrenze, war der Himmel heller, aber die Aschewolke war allgegenwärtig, hing grau und dräuend keine tausend Meter über dem Boden.
    Der Hubschrauber stand mit träge kreisendem Rotor in der Mitte des runden Asphaltplatzes. Er war weit kleiner, als Eleanor erwartet hatte, kaum mehr als eine Plexiglasblase mit Leitwerk und Heckmotor. Der Südostwind blies in den orangefarbenen Luftsack, der an einem Mast auf dieser Seite des Landeplatzes hing. Da die Plexiglaskuppel den Himmel spiegelte, konnte man den Piloten nur als vagen Umriß ausmachen.
    Eleanor drehte sich um und faßte Cordie am Oberarm. »Wir sehen uns dann in ein, zwei Stunden.«
    Cordie sah Eleanor durchdringend an. »Sei vorsichtig, Nell. Wenn du findest, wonach du, wie ich glaube, suchst, dann grüß von mir.«
    Eleanor schmunzelte, nickte und folgte Paul geduckt zum Hubschrauber.
    Cordie trat aus dem Luftstrudel der Rotorblätter. Von dort, wo sie stand, konnte sie den Piloten nicht sehen, aber sie schaute zu, wie erst Paul einstieg und dann Eleanor ihren Sitzgurt anlegte. Das Jaulen des Hubschraubermotors wurde schriller, die Rotorblätter drehten sich immer schneller, und mit einem Mal schien die kleine Maschine einen Satz in die Luft zu machen wie eine Libelle. Cordie sah ihnen hinterher, wie sie noch einmal im Tiefflug über das Ferienzentrum hinwegzogen und dann zum Meer hin abschwenkten, wo sie leise ratternd der Küstenlinie Richtung Süden folgten.
    »Viel Glück, Nell«, flüsterte Cordie. Dann wandte sie sich wieder zum

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