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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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widergespiegelten Licht des Himmels. »Ein Jahr«, erwiderte ich. »Zwei? Vielleicht mehr. Es spielt keine Rolle.«
    »Es gibt also nichts in... ähm... Ohio, das Sie dorthin zurückzieht?« fragte er.
    Statt direkt zu antworten, sagte ich: »Mein Vater hat mir in seinem Testament ein recht beachtliches Vermögen hinterlassen. Ich habe lange Jahre unter chronischen Erkrankungen gelitten. Mein Arzt hat mir angeraten zu reisen.«
    Mr. Clemens Augen blitzten. »Aber sich wohl kaum vorgestellt, daß seine Patientin sich gleich auf eine Weltreise begeben würde«, bemerkte er. Lässig schwang er ein Bein über den Sattelknauf. Seine Stiefel waren staubig. »Hätte Ihr Arzt geahnt, welche Abenteuer Ihnen die Sandwich-Inseln bescheren würden, dann hätte er sie wohl kaum in sein Rezept eingeschlossen.«
    Noch immer erpicht darauf, das Thema zu wechseln, sah ich nach rechts und sagte: »Wie sonderbar. Die Brandung ist mehr als eine Meile entfernt, und doch kann man sie deutlich hören.«
    Mr. Clemens blickte über seine Schulter auf die entfernte Linie der Wellen und Brecher weit unter uns. »Haben Sie die Eingeborenen bei ihrem Nationalsport beobachtet?« fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. Die Pferde trotteten weiter über die glattgeschliffenen Steine. Unser Irrlicht-Führer kam mir in der Benommenheit meiner Erschöpfung und des Entsetzens ob des Todes von Reverend Haymark beinahe alltäglich vor.
    »Das Wellenreiten«, erklärte der rothaarige Korrespondent und klopfte abermals seine Taschen ab, in der Hoffnung, vielleicht doch eine letzte Zigarre übersehen zu haben. »An meinem zweiten Tag auf Oahu traf ich auf eine Schar junger Eingeborenendamen, die nackt, wie Gott sie schuf, in der Meeresbrandung badeten, und so ging ich hin und setzte mich auf ihre Kleider, auf daß diese nicht gestohlen wurden. Ich bat die jungen Damen herauszukommen, da die Flut stieg, und ich befürchtete, daß sie sich in Gefahr brächten, aber sie schienen ohne Furcht und tummelten sich unbeirrt weiter in den Wogen.«
    Ich senkte den Blick und schwieg, versuchte, meinen Kopf so zu halten, daß der dreiste junge Mann mein Schmunzeln nicht bemerkte. Plötzlich fielen mir die Worte der alten Frau wieder ein — »ihr werdet euch von den dummen haole -Kleidern befreien, mit denen ihr eure Körper verhüllt...« — und mein Schmunzeln erlosch.
    »Nach und nach gesellten sich die jungen Burschen des Dorfes zu den Maiden, und ich begann, Gefallen an ihrem Wellenreiten zu finden«, fuhr Mr. Clemens fort. »Jeder der Helden nahm ein kurzes Brett mit ins Wasser, paddelte dreihundert oder vierhundert Meter hinaus aufs Meer, wartete eine besonders mächtige Woge ab und schwang dann sein Brett auf ihre gischtige Krone und sich selbst auf das Brett. Es war ein wahrlich grandioses Spektakel, Miss Stewart. Die besten von ihnen — Männlein wie Weiblein — kamen wie Kanonenkugeln auf die Küste zugeschossen, wie eine Dampflok ohne Bremser! Dabei balancierten die Helden auf einem Bein, winkten einander zu, vollführten einen Handstand, flochten sich das Haar, und das alles, während ihre Bretter von den Gischtkronen der Wellenbrecher pfeilschnell auf den Strand zugetragen wurden.«
    Ich schmunzelte abermals, diesmal, um meine Ungläubigkeit zu bekunden, und sagte: »Haben Sie es denn selbst auch ausprobiert, Mr. Clemens?«
    »Natürlich!« erwiderte der Korrespondent. Ob der Erinnerung legte sich seine Stirn in Falten. »Ich muß gestehen, daß ich kläglich versagt habe. Ich habe zwar das Brett an die rechte Stelle bringen können — und sogar im rechten Moment —, doch leider mißlang es mir, die Verbindung zu ihm zu halten. Das Brett traf eine Dreiviertelsekunde später ohne Fracht auf den Strand, während ich zur gleichen Zeit auf dem Meeresboden auftraf, mit gut zwei Faß Wasser in meinem Bauch. Ich denke, daß wohl niemand außer den Eingeborenen je die Kunst des Wellenreitens meistern wird.«
    Der Himmel hatte nun die morgendliche Helle angenommen, und die Sonne wurde nur noch vom Gipfel des Vulkans im Osten verborgen, doch die Wolken zogen tief und dräuend vom Meer herüber, und trotz des Gegenwinds hing der Gestank des Feuerpfuhls in der Luft. Ich machte Mr. Clemens gegenüber eine diesbezügliche Bemerkung.
    »Ja«, pflichtete der Korrespondent bei, »der Schwefelgestank ist allgegenwärtig, aber für einen Sünder nicht unangenehm.«
    Ich seufzte abermals. Ich wußte, daß die Schäkerei meines Gefährten einzig dazu gedacht war, meine

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