Die Feuer von Eden
Eleanor zurück zur Terrasse führte. Sie bemerkte schläfrig, daß die Big Hale an einem Hang gebaut war und daß der Erdgeschoßeingang der Porte-Cochère-Seite auf der Pazifikseite mindestens zehn Meter über dem Boden lag. Schließlich führte der kleine Mann Eleanor eine Treppe hinunter, an deren Fuß ein Elektrowagen wartete, in dem schon ihre Reisetasche lag.
»Sie haben Tahiti-Hale neunundzwanzig?« erkundigte sich der Mann. Eleanor sah auf ihren Schlüssel, aber es war keine ernstgemeinte Frage gewesen. »Diese hales sind sehr hübsch. Sehr hübsch. Abseits des Trubels der Big Hale.«
Eleanor warf einen Blick zurück auf die Big Hale, während sie den schmalen Asphaltweg zwischen den Palmen entlangsurrten. Das Hauptgebäude der Hotelanlage war dunkel, nur in wenigen Zimmern sah man einen fahlen Lichtschein hinter den Gardinen. Fackeln flackerten im Nachtwind. Eleanor konnte sich nicht vorstellen, daß heute nacht viele Leute in dem Hotel waren oder daß in der Big Hale je Trubel herrschen konnte.
Sie surrten an Lagunen vorbei, schlängelten sich bergab durch einen Garten, dessen schwere Düfte Eleanor ganz schwindelig machten, fuhren über eine Brücke, die sich über eine zweite kleine Lagune spannte, vorbei an einem Wasserfall, über eine weitere Brücke, um einen kleinen Swimmingpool herum, kamen dann, in Sichtweite eines Strandes, an dem sich fahl phosphoreszierende Wellen brachen, schließlich wieder in einen Palmenhain. Eleanor sah, daß zwischen den Palmen verstreut kleine Hütten standen, jeweils um die zwei oder drei Meter über den Weg erhoben, auf dem sie gerade in dem Elektrowagen entlangsurrten. Elektrische Lampen, gut versteckt zwischen den tropischen Pflanzen, glommen Zentimeter über dem Boden, aber die alle paar Meter aufragenden Fackeln brannten hier nicht — vielleicht hatte man sie zu einer christlicheren Zeit gelöscht.
Eleanor ahnte mit einer merkwürdigen Gewißheit, daß die meisten jener kostspieligen hales heute nacht leerstanden, daß das Mauna Pele insgesamt zum größten Teil leerstand — daß die Big Hale und die kleinen hales, die gesamte weitläufige Anlage, so gut wie verlassen waren bis auf das Personal und die Arbeiter der Nachtschicht dort hinten auf jener Insel des Lichts, die von der Empfangshalle und dem Atrium und der Terrasse gebildet wurde —, und dann surrten sie um eine weitere felsengesäumte Lagune herum, bogen links in einen kleinen Weg und hielten vor einer bambusgedeckten hale, die drei Meter oberhalb des Wegs am Ende einer steinernen Treppe stand.
»Tahiti neunundzwanzig«, verkündete ihr Chauffeur. »Sehr hübsch.« Er hievte Eleanors Reisetasche aus dem Wagen, sprang munter die Stufen hinauf und hielt Eleanor die Tür auf.
Eleanor betrat die hale wie in einem Traum. Alles war sehr ansprechend — eine Veranda, eine kleine Diele, ein schmaler Flur, der zu einem Wohnbereich mit Sitzecke führte, dahinter der Schlafbereich, das bequem aussehende Bett mit einer buntgemusterten Tagesdecke und flankiert von zwei brennenden Lampen, zu beiden Seiten Fenster mit halbgeschlossenen Lamellenläden, eine hohe Decke mit Holzbalken, wenigstens zwei träge kreisende Ventilatoren. Eleanor konnte jenseits der Verandatüren eine abgeschirmte lanai sehen und die Umwälzpumpe ihres privaten Whirlpools hören, der dort draußen blubberte.
»Sehr hübsch«, sagte ihr Chauffeur mit der Andeutung einer Frage in seiner Stimme.
»Sehr hübsch«, bestätigte Eleanor.
Der Mann lächelte. »Wie ich schon sagte, ich heiße Bobby. Bitte lassen Sie es mich wissen, wenn ich oder das Personal Ihnen Ihren Aufenthalt auf irgendeine Weise noch angenehmer gestalten können. Das Frühstück wird von sieben Uhr bis zehn Uhr dreißig auf der Terrasse der Big Hale und der Shipwreck -Lanai serviert. Das steht alles hier drin...« Er tippte auf einen dicken Stapel von Informationsbroschüren auf Eleanors Nachttisch. »Wir haben hier keine ›Bitte-nicht-stören‹-Schilder, aber wenn Sie ungestört sein wollen, dann stellen Sie einfach diese Kokosnuß auf die Veranda, und es wird Sie niemand belästigen.« Er hob eine Kokosnuß hoch, auf deren Seite das Vulkan-Symbol des Mauna Pele prangte. »Aloha!«
Trinkgeld, fiel es Eleanor durch den Nebel der Erschöpfung ein, und sie wühlte in ihrer Handtasche. Sie fand nur einen Zehner, doch als sie sich damit umdrehte, war Bobby verschwunden. Sie hörte das Surren des Elektrowagens, aber als sie ans Fenster trat, war er schon außer
Weitere Kostenlose Bücher