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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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den Kurator mit Namen gegrüßt.
    »Freundliches Arbeitsklima hier«, bemerkte Cordie.
    »Ich kenne die meisten der Leute hier auch privat«, erwiderte Paul. »Molly und Theresa waren kurze Zeit meine Studentinnen in Hilo. Es ist eine große Insel, aber nur eine relativ kleine Gemeinde.«
    »Wie viele Einwohner?« fragte Eleanor.
    »Um die hunderttausend, aber ein Drittel davon lebt in Hilo. Was die Bevölkerungsdichte angeht, ist dies die verlassenste Insel der ganzen Kette.«
    Sie bogen nach links in einen anderen Tunnel und blieben kurz vor der geschäftigen Wäscherei stehen. Eleanor stieg der Geruch von Weichspüler und warmem Frottee in die Nase. Ionen aus den Trocknern kitzelten ihre Stirnhöhlen.
    »Hat Mr. Trumbo Schwierigkeiten, Arbeitskräfte zu finden?« erkundigte sich Cordie.
    »Ja und nein«, erwiderte Paul. »Nein, weil kein Mangel an Leuten herrscht, die von den relativ hohen Löhnen des Hotels gelockt werden... die Insel befindet sich seit Jahrzehnten in einer schweren Rezession. Durch den Verlust der Ananas- und Zuckerrohrplantagen und die Tatsache, daß es kaum einheimisches Gewerbe gibt, um sie zu ersetzen, sind leider viele ortsansässige Arbeiter gezwungen, in den Dienstleistungsbereich zu gehen. Aber andererseits hat Mr. Trumbo durchaus Schwierigkeiten, Arbeitskräfte zu finden, weil das Hotel recht abgeschieden liegt und weil...« Er verstummte.
    Cordie beendete den Satz für ihn. »Und weil das Gerücht umgeht, das Mauna Pele sei gefährlich... hier würde es spuken.«
    »Ja.« Paul lächelte. »Hier ist mein Büro... leider gibt’s darin nichts Interessantes zu sehen. Und hier ist das Büro des leitenden Astronomen... komisch, Mr. Wills Tür steht offen...«
    In diesem Moment gingen die Lichter aus.
    Eleanor war einmal in einer Höhle in Frankreich gewesen, wo sie für einige Minuten die Lampen gelöscht hatten, um den Leuten die Wirkung völliger Dunkelheit zu demonstrieren. Sie hatte noch immer Alpträume davon. Jetzt stand sie da und hielt die Luft an, während ihr Brustkorb vom Druck der Finsternis um sie herum schmerzte.
    »Verdammt«, fluchte Paul. Dann: »Rühren Sie sich nicht von der Stelle. Es gibt Notfallgeneratoren für das Licht hier unten. Sie sollten jeden Moment anspringen.«
    Es blieb stockdunkel.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Paul. »Die Notbeleuchtung hängt an ihrem eigenen Stromkreis. Sie sollte...«
    »Still!« kam Cordies Stimme aus der Dunkelheit. »Hören Sie doch.«
    Eleanor lauschte angestrengt. Die Geräusche, die noch vor wenigen Minuten den Korridor erfüllt hatten... das Wispern der Ventilation, das Poltern der großen Waschmaschinen und Trockner in der Wäscherei, das leise Summen der Neonbeleuchtung an der Decke, die Gesprächsfetzen aus der Bäckerei... alles war verstummt. Die Stille schien ebenso vollkommen wie die Dunkelheit. Es war, als wären die wenigen Menschen, die sie gesehen hatten, mit dem Licht verschwunden.
    »Ich...«, ertönte Paul Kukalis Stimme.
    »Seien Sie still«, flüsterte Cordie.
    Und da hörte Eleanor es, zu ihrer Linken, obgleich sie geglaubt hatte, dort wären nur noch die Wände und ein paar verschlossene Büros. Es war ein seltsames Geräusch, teils Rascheln, teils Röcheln, teils ein schleimiges Entlangglitschen auf Fels. Eleanor merkte, wie sich ihre Hände unwillkürlich zu Fäusten ballten, während sie angestrengt versuchte, etwas in der tintigen Finsternis zu erkennen.
    Plötzlich ertönte das Rasseln von Schlüsseln. »Bleiben Sie hier«, sagte Paul in der Dunkelheit. »Ich taste mich an der Wand entlang zu meinem Büro. In meiner Schreibtischschublade liegt eine Taschenlampe. Ich werde...«
    »Rühren Sie sich nicht vom Fleck«, fuhr Cordies Stimme dazwischen, und ihr Tonfall war so scharf und bestimmt, daß die anderen beiden erstarrten. Plötzlich flammte ein Licht auf; Eleanor fuhr herum und sah Cordie Stumpf gebückt am Boden, ein Feuerzeug in der erhobenen linken Hand. Eleanor war so erleichtert, das Licht zu sehen... zu sehen... daß sie einen Moment lang gar nicht reagierte, als Cordie in ihre große Schultertasche aus Stroh griff und einen Revolver herausholte. Die Waffe wirkte absurd riesig und langläufig, als Cordie sie, noch immer kniend, hob und in die Richtung des glitschenden, scharrenden Geräusches schwenkte. Was immer dieses Geräusch machte, hielt sich immer knapp außerhalb des Lichtkegels. Eleanor konnte jetzt Stimmen hinter der Biegung des Tunnels hören, aus Richtung der

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