Die Feuer von Eden
Wäscherei.
»Schwenken Sie das Licht hierher«, sagte Paul, ein Schatten zu ihrer Linken, »dann suchen wir mein Büro.«
»Nein«, gab Cordie zurück, und abermals erlaubte ihr Tonfall keinen Widerspruch. »Nicht bewegen.« Sie erhob sich, ihr häßliches Kleid wallte um sie herum, während sie mit der linken Hand das Feuerzeug hochhob und mit der rechten ruhig den Revolver hielt. Sie marschierte mit schnellen Schritten auf die Quelle der Geräusche zu. Eleanor folgte ihr, nur um innerhalb des gesegneten Lichtkegels zu bleiben.
Als erstes sah Eleanor das mattglänzende Schimmern der Augen. Cordie kam nicht einmal aus dem Tritt.
»Heiliges Kanonenrohr«, entfuhr es ihr.
Eleanor brauchte einen Moment, bis sie in dem bärtigen Mann, der zusammengesackt an der Tunnelwand lehnte, den Sicherheitschef erkannte, der sie einige Stunden zuvor befragt hatte... Dillon. Jetzt starrte der kleingewachsene Mann sie nur mit glasigen Augen an, als stünde er unter Schock. Eleanor erkannte den Grund dafür, als Cordie noch näher an ihn herantrat. Es sah aus, als hätte der Sicherheitschef einen Autounfall gehabt: Seine Kleidung war zerrissen — der rechte Ärmel seines Blazers fehlte, das weiße Hemd hing in Fetzen —, und es klebte Blut an seinem Gesicht, seinen Händen, seiner Brust und in seinen zerzausten Haaren. Speichel tropfte aus seinem offenstehenden Mund in seinen Bart.
Paul stürzte zu ihm und legte stützend seinen Arm um den Mann, als Dillon noch weiter an der Wand heruntersackte und seine blankgewienerten Schuhe über den Boden rutschten. »Wir müssen ihn zu einem Arzt bringen«, rief der Kunstkurator.
Cordie wirbelte unvermittelt herum und hob das Feuerzeug und den Revolver in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Hastende Schritte kamen hallend durch die Dunkelheit auf sie zu.
17. Juni 1866, an der Kona-Küste
Ich habe während der vergangenen zwei Tage keine Einträge gemacht, da die wachen Stunden so unablässig mit Ereignissen gefüllt und die Ereignisse selbst zu außergewöhnlich waren, um die Eindrücke mit dem nötigen Abstand zu beschreiben, nicht einmal in der höchst persönlichen Form, die ein Tagebuch erlaubt. Selbst jetzt, während ich in dieser elenden Hütte in Hörweite der tosenden Brandung die Feder aufs Papier setze und dabei angestrengt auf die Laute des unvorstellbaren Grauens lausche, die sich über die Geräusche des Ozeans und der windgepeitschten Kokospalmen zu erheben beginnen, während ich diesen Lauten lausche und nur zu gut weiß, daß sie unseren schrecklichen Tod ankündigen könnten, vermag ich kaum, meinen eigenen Sinnen oder meinem Gedächtnis zu trauen.
Es scheint eine Ewigkeit her, daß ich aus einem Impuls heraus darauf bestand, den Korrespondenten und den Geistlichen auf ihrer Expedition der Nächstenliebe und Neugier an die Kona-Küste zu begleiten. Erstaunlicherweise war ihr Protest weder anhaltend noch vehement. Vielleicht hatte unser Abenteuer in der Nacht zuvor sie dazu gebracht, mich als eine verläßliche Gefährtin bei jeglichem Abenteuer, auf das sie sich begaben, zu betrachten.
Jetzt wünsche ich fast, dies wäre nicht der Fall gewesen.
Jedenfalls brachen wir spät an jenem Morgen vom Volcano House auf, während Hananui, McGuire, Smith, der Wirt und die getauften Führer die fliehenden Missionare nach Hilo begleiteten. Ein halbes Dutzend Pferde und eine entsprechende Anzahl von Mauleseln waren am Vulkanhotel untergebracht gewesen, so daß zumindest alle Weißen auf dem letzten Stück ihrer Flucht nach Osten reiten konnten. Sowohl der Wirt als auch sein Hausdiener hatten Musketen, die sie luden, bevor sie sich auf den Weg machten.
Es gab einiges Hin und Her über die Bewaffnung unserer kleinen Gruppe. Reverend Haymark tat das Angebot des Wirts ab, wir sollten eine der Musketen behalten, doch Mr. Clemens war diesem Vorschlag sichtlich nicht abgeneigt. Am Ende nahm der Korrespondent einen Revolver als Leihgabe an.
»Sie haben schon mal eine Waffe abgefeuert?« fragte der Wirt, offenkundig im Zweifel ob der Fähigkeiten des Korrespondenten. »Haben Sie im Krieg gedient?«
Mr. Clemens blickte von seiner Inspektion des uralten Revolvers auf. »Sir«, erwiderte er, und sein Missouri-Akzent wurde stärker, »ich hatte die Ehre, dem Freiwilligencorps beizutreten, um auf Seiten der Konföderation zu kämpfen.«
»Ah«, rief der Wirt aus und nickte anerkennend.
»Ich bin nach drei Wochen desertiert«, fügte Mr. Clemens hinzu.
»Mmmmm?« machte der
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