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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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Euch«, wiederholte Formento mit jener gezwungenen Freundlichkeit, die gleichermaßen Auftakt zu einer brüderlichen Umarmung wie zu einem plötzlichen Dolchstoß sein konnte. »Sie haben beschlossen, Euch an einen angenehmen Ort, eine Stätte des Gebets verlegen zu lassen.«
    »Wohin bringt Ihr uns?«, fragte Tomei. Ein Hoffnungsschimmer hatte sich auf seinem Gesicht entzündet.
    Der Sekretär lächelte ihn an. »Das werdet Ihr bald sehen, es istnicht weit. Ich lasse Euch jetzt mit Eurer Wiedersehensfreude allein«, und mit diesen Worten schloss er die beiden Flügel des Kabinentürchens.
    Angelo Riccio wandte sich ab, denn dieses unerwartete Wiedersehen, von Formentos böswilligen und zweideutigen Plänen zwangsweise herbeigeführt, war wie eine Folter für ihn.
    »Ist das wirklich wahr, sie verlegen uns?«
    Der Frate drehte sich zu Filippo um, der ihn verwirrt und zärtlich ansah. So hatte er ihn noch nie erlebt. Das musste er ausnutzen.
    »Es scheint so«, sagte er flüsternd.
    Der andere rührte sich nicht. Dann verbarg er sein Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen. Leise, unterdrückte Schluchzer, die sich im Zittern seines Körpers fortsetzten. Das ist jetzt also der Moment des Zusammenbruchs, dachte Riccio, denn in all den Tagen, die sie in den Pozzi verbracht hatten, einige zusammen, viele weitere in benachbarten Zellen, hatte er ihn nie weinen gesehen oder gehört. Er spürte, wie das Boot vom Ufer abgestoßen wurde, hörte die Riemen gurgelnd ins Wasser tauchen, während die durch die Lamellen der Kabinentür fallenden Sonnenstrahlen mit ihren Bewegungen die Kurswechsel der großen Gondel verrieten. Er nahm sich zusammen, dachte an das Geld, das er noch bekommen musste, schlang einen Arm um Filippo, drückte ihn an sich und legte seine Lippen an sein Ohr.
    »Wenn sie uns befreit haben, bedeutet das, dass sie uns nicht fürchten.« Er gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange. »Wenn sie uns nicht fürchten, sind die schwersten Verdächtigungen fallengelassen worden.« Er küsste ihn abermals. »Die der Spionage, der Mittäterschaft bei der Explosion des Arsenale.«
    Filippo schien sich zu beruhigen.
    »Ich bin kein Spion und auch kein Saboteur. Ich würde niemandem etwas zuleide tun«, sagte Tomei halblaut. »Du glaubst mir doch, oder?«
    »Ich habe dir immer geglaubt.«
    »Mein Geliebter.« Der Florentiner drückte ihn an sich, streichelte sein Gesicht und begann, ihn leidenschaftlich zu küssen, auf die Lippen, die Augen, das Gesicht. »Wir sind zusammen durch die Hölle gegangen. Ich glaubte, ich könnte dich raushalten, indem ich schwieg   … Doch dem war nicht so. Durch meine Schuld   …«, Tomei unterbrach sich, die Hände des Mönchs in seinen haltend. »Jetzt musst du es erfahren«, sagte er dann wie aufgrund einer spontanen Seelenregung. »Es darf keine Geheimnisse mehr zwischen uns geben.«
    Bei aller Erfahrung, die Angelo Riccio mit dem doppelten Spiel hatte, diese schlichten, feierlichen Worte, auf die er seit Monaten wartete, riefen doch eine starke Gefühlsbewegung in ihm hervor, die ihm zunächst Stiche in den Magen versetzte, um ihm dann in den Kopf zu steigen und ihn zu berauschen wie gewisse weiße Schaumweine, die in der Gegend um Conegliano erzeugt werden.
    »Ich bin nach Venedig gekommen, um wichtige Bücher zu retten.«
    Das Mönchlein sah ihn verwirrt an.
    »Was sagst du? Welche Bücher? Dann bist du gar kein Maler?«, fragte er naiv wie ein Kind.
    Filippo lächelte ihn zärtlich an.
    »Ich bin Maler«, beruhigte er ihn, »ich bin ein Maler, den wichtige Personen nach Venedig geschickt haben, um kostbare Bücher zu finden und zu retten.«
    Jetzt habe ich ihn, dachte Riccio. »Ich verstehe nicht«, log er, Unsicherheit mimend.
    Filippo küsste ihn sanft auf die Lippen, dann legte er den Mund an sein Ohr. »Du bist ein Mönch, du müsstest das verstehen«, flüsterte er.
    Angelo löste sich abrupt von ihm und blickte ihn entsetzt an. »Bücher auf dem Index?«, stammelte er.
    Tomei verharrte einen Moment, dann nickte er unmerklich.»Hier in Venedig werden sie zu Tausenden beschlagnahmt und verbrannt. In Florenz hat man das schon getan.«
    »Das sind verbotene Bücher, Werke des Teufels!« Der Mönch hob absichtlich die Stimme.
    »Leise, sprich leise!«, ermahnte ihn Filippo ängstlich.
    »Entschuldige«, sagte Angelo mit brechender Stimme, die Hände vor den Mund schlagend und sich zusammenkrümmend.
    »Hast du je so ein Buch gelesen?«, fragte Filippo.
    Angelo Riccio

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