Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
Vom Netzwerk:
soeben von See zurückgekehrt. Habt Ihr Schiffe mit dem Halbmond gesehen?«
    »Wenn türkische Schiffe auf dem Meer waren, das ich befahren habe, Admiral«, antwortete Alvise bestimmt, »dann werden sie bei dem jungen Holz, aus dem sie gebaut sind, heute schon auf dem Grund liegen, als Nest für die Fische.«
    Eine allgemeine Heiterkeit wollte sich ausbreiten, die Zane nicht gefiel.
    »Habt Ihr sie gesehen oder nicht?«, fragte er säuerlich.
    »Nein, Admiral.«
    »Was erzählt Ihr uns dann?« Zanes Ton war aggressiv geworden, und es entstand ein spürbares Unbehagen unter den Anwesenden.
    »Laut Passi macht Selim Ernst«, fuhr Alvise fort. »Er hat von der Explosion erfahren und denkt, Venedigs Flotte sei zerstört. Und es gibt Leute, die großes Interesse daran haben, es ihm weiszumachen. Er scheint überzeugt zu sein, dass auch die venezianische Armee von der allgemeinen Krise betroffen ist.«
    »Wie ist das möglich?«, mischte sich Pietro Pizzamano ein. »Wie kann er denn so ahnungslos sein? Es gibt mehr türkische Spione in der Stadt als Boote vor Anker liegen, und er weiß nicht, dass unsere Flotte so stark ist wie eh und je?«
    Als Pietro Loredan sah, wie besorgt sein Sohn war, schien er zu seiner Rolle als Vater und Fürst zurückzufinden.
    »Mach dir keine Sorgen«, flüsterte er ihm zu. »Selim wird jedes Jahr zweihundertfünfzigtausend Dukaten für Zypern in seine Kasse legen können. Auch wenn das alles wahr sein sollte, haben wir bis zum nächsten Sommer genug Zeit, uns mit dem Türken zu einigen, und was das Geld erreicht, werden die Schwerter nicht besorgen müssen.«
    »Hoffen wir es, Vater.«
    »Davon bin ich voll und ganz überzeugt«, erwiderte der Vater. »Ich bin so glücklich, dass du zurück bist, mein Sohn.«
    Lächelnd legte Alvise eine Hand auf die seines Vaters und drückte sie liebevoll.

64
    Der Campo della Bragola wie auch die ganze übrige Stadt schien in einen Jahrmarkt verwandelt. An den Hauswänden, vor San Giovanni und sogar vor dem Palazzo Morosini war alles, was das Wasser überflutet und aufgeweicht hatte, zum Trocknen an die Luft und in die Mittagssonne gestellt worden. Decken, Tischtücher, Teppiche, Kissen, Gobelins und Gardinen hingen neben Kisten mit Obst und Gemüse, Broten, Zwieback, Flaschen und Geschirr. Die Neugeborenen schliefen oder weinten in ihren Wiegen. Die Alten warteten, auf Stühlen sitzend, eine Decke über den Knien, auf ein Wort des Trostes von denen, die umhergingen, um Dinge zusammenzutragen. Und da die unteren Stockwerke völlig leergeräumt waren, hatten viele sich um diese Mittagszeit dafür ausgerüstet, draußen zu essen.
    Andrea und Sofia überquerten den Platz inmitten von Besteckgeklapper und lauten Rufen nach den Körben, die aus den Obergeschossen herabgelassen wurden. Manch einer hatte an einer ruhigen Stelle des Campo Feuer unter seiner Kohlepfanne angezündet und röstete nun die Fische, die beim Sinken des Pegels zappelnd auf dem Straßenpflaster zurückgeblieben waren.
    » Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum, benedicta tu in mulieribus   …« Sofia betete leise beim Gehen, betrachtete alles ringsum und versuchte sich zu erinnern, ob die Bragola niedriger lag als ihr Haus, denn an den Wänden hier hatte das Hochwasser eine gut fünf Fuß hohe Schlammspur hinterlassen. An der Ecke derCalle della Crosera hörte sie die Schreie, und als sie das Grüppchen erkannte, fühlte sie sich einer Ohnmacht nahe.
    »Seht her! Seide für zehn Dukaten zum Wegwerfen! Und hier zwanzig Dukaten teurer florentinischer Samt erster Güte! Und ich habe Kunden, die auf die Kleider warten!«
    Sofia blieb bestürzt stehen, eine Hand auf den Mund gelegt. Dann machte sie Anstalten, umzukehren, ohne ein Wort zu sagen. Andrea konnte sie am Arm festhalten.
    »Wohin wollt Ihr? Ich begleite Euch, wir werden alles erklären.«
    »Wir werden alles erklären? Was könnte ich denn erklären?«, sagte sie mit brechender Stimme und versuchte sich loszureißen. »Dass ich die Stoffe zum Färben gewässert habe?« Sie schrie fast, und die anderen hörten sie. Alles drehte sich zu ihr um, Stille entstand, die Gruppe teilte sich, und aus diesem Bühnenvorhang trat ein untersetzter Mann mittleren Alters hervor. Er trug einen Umhang aus edlem Damast, der ihm bis zu den Füßen reichte, und hielt Stoffballen auf den Armen.
    »Seht her, was für ein Meisterwerk!«, fuhr der Mann Sofia an. »Wo wart Ihr, als das Wasser stieg?«
    »Signor Foppa, bitte, vergebt mir.« Sofia ging ihm nun

Weitere Kostenlose Bücher