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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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er, dass es kein Zurück gab. Er blickte nach vorn. Ohne Bernardo hatte die Mascaréta begonnen, über das Wasser zu fliegen. Andrea maß mit der Hand den Sonnenstand am Horizont: zehn Finger, wenig mehr als zwei Stunden bis Sonnenuntergang. Im Geiste zählte er sich die schiffbaren Kanäle in der Lagune auf. Er richtete das Segel mit der Schot aus, denn das Boot fuhr mit einer Geschwindigkeit an der Grenze seiner Möglichkeiten, zu beiden Seiten spritzte das Wasser hoch auf. Sofia kauerte am Bug, in ihre Decke gehüllt, der kleine überdeckte Teil der Mascaréta bot einen leidlichen Schutz. Gerne wäre Andrea zu ihr gegangen, hätte sie getröstet, ermutigt. Aber bei dem Wind durfte er das Ruder nicht loslassen. Zum letzten Mal blickte er hinter sich: Die Fregatte schien stillzustehen, über fünfhundert Fuß entfernt. Er dachte an Bernardo.

114
    Beim Sonnenuntergang schlug der Ostwind jäh um, wurde zur Bora und verlor all sein Wohlwollen.
    Andrea spürte den Schlag im Rücken, sah, wie das Segel sich krümmte und das Fall des Masts sich knirschend spannte, während das Heck der Mascaréta aufragte und der Bug stockte. Das Boot neigte sich leewärts, bis die Segelecke das Wasser berührte. Andrea drückte das Ruder mit beiden Armen, die Füße an die Bootswand gestemmt. Gleich würde das Boot umkippen. Er ließ die Schot los, das Segel öffnete sich ganz, drehte sich einmal um den Mast, dabei riss es das Rückhaltetau am Bug mit sich und stellte sich quer.
    Die Mascaréta war halb wieder aufgerichtet, doch der Wind war so stark, dass das Segel, auch wenn es killte, den Mast so sehr schüttelte, dass der sich früher oder später aus der Verankerung reißen und den Kiel auseinanderbrechen lassen würde. Wenn sie hier untergingen, eine Meile nördlich vom Kai von Malamocco, mitten im Canale Fisolo, würden sie sterben. Das wurde ihm bewusst, trotzdem verharrte er am Heck, außerstande, im Toben des Windes eine Entscheidung zu treffen.
    Plötzlich peitschte ihn das lose im Wind flatternde Bugtau ins Gesicht und verletzte ihn an der Schläfe. Die Wut riss ihn aus seiner Unschlüssigkeit, als hätte ihm jemand einen Fausthieb versetzt. Er ließ das Ruder los und holte ein Messer vom Bootsboden, mit dem er das Fall durchschnitt, an dem das Segel hing. Das Segel sackte ein wenig zusammen, er packte es, konnte es ganz herabziehen und die Segelstange an den Besanbaum anlegen. Dann schnitt er die Ringe durch, die die Segelränder am Baum hielten. Dabei verletzte er sich wieder im Gesicht und an den Händen, aber es gelang ihm, das ganze Segelwerk ins Boot zu bringen und vom Heck bis zum Bug an der Bootswand festzubinden.
    Die Böen der Bora erfassten den Mast und brachten das Bootwieder zu sehr ins Schwanken. Er konnte auch den Mast herausziehen, legte ihn neben das Segel und befestigte ihn. Doch es gab ein neues Problem: der zunehmende Wind bewegte die Oberfläche der Lagune mit kurzen, steilen Wellen. Wasserhiebe prallten gegen die niedrigen Bootswände, versprühten zu tausend Spritzern und schwappten über den Rand. Das Wasser stand schon bis zur Wegerung im Bauch des Bootes. Andrea beobachtete Sofia: Sie hatte die Augen geöffnet und blickte sich um, erschrocken und verwirrt im Delirium des Fiebers und des wirklichen Chaos, das sie umgab.
    »Sofia!«, schrie er und schleppte sich zu ihr. »Sofia!« Er nahm ihre Hand. Sie bewegte die Lippen, wollte sprechen. Eine stärkere Welle überspülte beide und durchnässte sie bis auf die Haut. Er musste etwas tun. Ringsumher zerstäubte das Wasser im goldenen Licht des Sonnenuntergangs, und jeder Windstoß nahm die Form einer Wolke an, die über die Wasseroberfläche jagte und alles zu verschlingen schien. Wenn er Sofia und sich retten wollte, musste er den Bug in den Wind richten. Und dafür gab es nur ein Mittel: den Anker. Dort lag er, in Reichweite, unter der Brücke am Bug, ein vierzig Pfund schwerer Bleibarren an einem Tau von etwa fünfzig Fuß Länge. Das Tau schien in Ordnung zu sein. Er löste etwa zwanzig Windungen für den Anfang. Dann kniete er nieder, nahm das Blei und warf es, gegen das Schlingern und Schütteln ankämpfend, über Bord. Das Tau wickelte sich etwa bis zur Hälfte der Windungen ab, dann hielt es an. Der Anker hatte den Grund des Kanals erreicht, etwa fünfzehn Fuß tief. Sofort spürte Andrea, wie das Tau anzog. Er ließ es zwischen seinen Fingern hindurchgleiten, wie man eine Angelschnur mit einem großen Fisch hält. Dann hielt er es fest, und

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