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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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eingeschlossen wurden, um zu diskutieren und abzustimmen, weshalb sie ihre Betten selbst machen, ihren Schinken selbst schneiden mussten und das Leben gewöhnlicher Sterblicher führten, so lebten der amtliche Chiffreur Zuàn Francesco Marin, sein Sohn Ferigo und Pietro Amadi in Verbannung im unteren Teil der Kanzlei. Sie schliefen auf drei Betten, die der Großkanzler Ottobon hinter Wandschirmen aus chinesischem Stoff bereitgestellt hatte, und aßen bescheidene Mahlzeiten an dem Tisch, den die beiden Diener zweimal am Tag auf- und abbauten. Denn Geheimhaltung ist Kontrolle. Kontrolle ist Konzentration, und Konzentration ist Abgeschiedenheit.
    Zu dieser späten Stunde, lang nach Mitternacht, lag der Saal im Halbdunkel eines auf kleinster Flamme brennenden Lichts, und das Schnarchen zwischen den Papieren schien den Chiffreur Martin nicht zu stören, während er mit weit geöffneten Augen auf das unermesslich große Meer starrte, das vor ihm lag. Denn der gesamte verschlüsselte Text war auf eine quadratische hölzerne Tafel von je zehn Spannen Seitenlänge geschrieben worden.
    Die Tafel ruhte auf einer Malerstaffelei. Im schwachen Licht der Lampe stand Marin davor. Er hatte die fünf Buchstaben des ersten Wurms, kctfz , unterstrichen und zählte jetzt die Buchstaben, die ihn von seinem Kumpan trennten. Als die Spitze seiner Feder auf das nächste k traf, hielt er inne.
    »Fünfunddreißig«, sagte er halblaut in jubilierendem Ton. »Fünfunddreißig«, wiederholte er lauter, auf das unerklärliche Gewirr starrend.
    Der Erste, der diese Worte hörte, sich aus den Träumen löste und die Augen öffnete, war der junge Amadi. Durch den Nebel des Erwachens und den feinen Stoff des Paravents sah er seinen Lehrer, vier Schritt entfernt, über die Arbeit gebeugt. Er fühlte sich schuldig, wickelte sich in die Decke und stand auf.
    »Fünfunddreißig, sieben, fünf, eins«, sagte Marin, den Blick fest auf die Tafel geheftet, als fürchtete er, ein Teil der verschlüsselten Botschaft könnte sich ablösen und davonmachen. Er nahm ein Blatt, tunkte die Feder in das Tintenfass und schrieb etwas auf.
    »Maestro, Ihr seid noch wach?«
    Auf das Flüstern seines Schülers drehte Marin sich ruckartig um. Er sah ihn an wie einen Fremden. Dann nahm er das Blatt und zeigte es ihm.
    »Fünfunddreißig Buchstaben stehen zwischen den Köpfen dieser beiden Würmer. Und zwischen diesen«, sagte er mit verzückter Miene, auf das Wort neo zeigend, das sich an drei Stellen der Chiffre wiederholte, »stehen zweiundvierzig und hundertneunundachtzig, und schau hier, zwischen den beiden lctcsmev vierundachtzig und zwischen dem cav zweiundvierzig Buchstaben   …« Marin ging einem Gedanken nach, der schwer zu bändigen und auszudrücken schien. »Verstehst du, was sie alle vereint?«
    Pietros Blick verlor sich im Nichts, er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Die Sieben. Es sind alles Zahlen, die durch sieben teilbar sind.« Der alte Chiffreur betonte jedes Wort.
    »Ein Chiffrierschlüssel aus sieben Buchstaben?«, wagte Pietro schüchtern.
    Diesmal nickte der Alte mit einer Spur Befriedigung. »Genau!«
    Sein junger Schüler blickte ihn verblüfft an. »Wie könnt Ihr Euch so sicher sein?«, flüsterte er verlegen.
    »Die polyalphabetische Chiffre ist reinste Geometrie, mein lieber Junge!«, deklamierte Marin feierlich. »Sie ist kristallklare Mathematik, der Chiffrierschlüssel wechselt zyklisch und erzeugt Wiederholungen wie die Wochentage, denn nach dem Samstag wird immer ein Sonntag kommen, ob regnerisch oder sonnig, windig oder still, aber immer ein Sonntag. Denn nichts entflieht. Nichts entgeht den Augen desjenigen, der zu sehen weiß.«
    Neben Pietro Amadi erschien schlaftrunken Ferigo. »Vater   …«, hob er in besorgtem Ton an.
    »Ruhe!«
    Ferigo spürte einen Hass auf den Vater aufsteigen, aber er schwieg.
    »Ihr seht   …«, Zuàn Francesco hatte sich wieder zur Tafel umgedreht und zeigte auf die Wiederholungen, »dass sie nicht zufällig sein können. In der alphabetischen Substitution gibt es keinen Zufall. So wie es im Leben keine Zufälle gibt! Versuchteuch einen unendlich großen Gitterrost vorzustellen, auf dem das Endliche liegt, das wir kennen.« Er machte eine Pause, suchte hektisch nach klareren Worten. »Stellt euch eine Lammkeule, ja, eine schöne Lammkeule auf diesem Rost vor.« In seiner Stimme lag die Emphase des Predigers. »Das glühende Eisen zeichnet sich auf der Keule ab, stimmt’s?« Die beiden Jungen

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