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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Wächterinnen kannten vermutlich die Tochter des Priamos oder die Priesterin des Sonnengottes und hinderten sie nicht daran. Kassandra trat vor das große Standbild der Göttin, die als junge Frau mit wallenden Locken und dem Blütenkranz einer Jungfrau dargestellt war.
    Jungfrau, Du hast Troia geliebt. Du hast uns die Weintraube und die Olive als DEINE kostbaren Geschenke gebracht. Du warst hier, ehe die überheblichen Anbeter des Zeus mit ihren neuen Himmelsgöttern und ihren Waffen ans Eisen kamen. Ich flehe DICH an, schütze jetzt DEINE Stadt.
    Sie blickte auf die zugezogenen Vorhänge des Allerheiligsten mit dem Palladium, der vom Himmel stammenden uralten schlichten Statue der Pallas, und dachte an die Göttin der Amazonen.
    0 DU, die Du eine Jungfrau bist wie die göttliche Jägerin. lch, eine Jungfrau, komme zu DIR, der vom Sonnengott Unrecht widerfahren ist. Soll ich IHM wie bisher dienen, obwohl ER mich verstoßen und verspottet hat?  Kassandra hatte eigentlich keine Antwort erwartet, aber sie spürte in ihrem Innern die drängende dunkle Flut der Göttin.
    Irgendwie getröstet kehrte sie in den Tempel des Sonnengottes zurück und machte sich wieder an ihre Pflicht, die Opfergaben der Gläubigen entgegenzunehmen.
    Khryse war wie üblich zur Stelle, ritzte seine Symbole in Wachstäfelchen und vermerkte die Zahl der Krüge mit Öl und Getreide - Gerste und Hirse - den Wein, die Honigwaben, Hasen, Tauben und Zicklein. Sie vermied es immer noch, ihn anzusehen, obwohl sie sich sagte, nicht sie müsse sich schämen.
    Eine jüngere Priesterin ließ aus Ungeschicklichkeit einen Krug fallen, und dadurch zerbrach ein anderer mit Honig; auf dem Boden breitete sich eine klebrige Masse aus Gerstenkörnern und Honig aus; die hilflosen Bemühungen der jungen Frau, sauberzumachen, machten das Geschmiere nur noch schlimmer. Kassandra riet ihr, einen Reisigbesen und einen Krug Wasser zu holen, und machte sich dann selbst daran, den Boden zu reinigen. Sie wies die junge Priesterin gerade an, einen Käfig mit Tauben beiseite zu stellen, als sie die vertraute und verhaßte Stimme hörte:
    »Das solltest du nicht tun, Herrin Kassandra. Das ist die Arbeit einer Sklavin.«
    »In den Augen der Unsterblichen sind wir alle Sklaven, du ebenso wie ich, Khryse«, erwiderte Kassandra, ohne den Blick vom Besen zu wenden.
    »Ganz recht. Aber wann hätte die Herrin Kassandra einmal nicht recht - ganz egal, welchen Preis sie oder ein anderer dafür bezahlen muß?« sagte Khryse. »Kassandra, so kann es nicht weitergehen. Du wagst ja nicht einmal, mir in die Augen zu blicken.« 
    Kassandra hob den Kopf und sah ihn wütend an. »Wie kannst du behaupten, ich wage es nicht!«
    »Weshalb weichst du dann immer meinem Blick aus?«
    Sie erwiderte höhnisch: »Bist du so schön, daß du glaubst, es müsse mir Vergnügen machen, dich anzusehen?«
    »Aber Kassandra«, sagte er, »können wir nicht Frieden schließen?« 
    »Ich bin dir eigentlich nicht böse«, sagte sie, sah ihn aber auch jetzt nicht an. »Halte dich von mir fern, und ich werde deine Höflichkeit erwidern, wenn du das von mir willst.«
    »Nein«, erwiderte Khryse, »du weißt, was ich von dir will, Kassandra.«
    Kassandra seufzte. »Khryse, ich will von dir nur, daß du mich in Ruhe läßt. Ist das deutlich genug?«
    »Nein«, sagte Khryse, griff nach ihren Händen und hielt sie fest. »Ich will dich, Kassandra. Dein Bild steht mir Tag und Nacht vor Augen. Du hast mich verhext. Wenn du mich nicht lieben kannst, befreie mich wenigstens von deinem Bann.«
    »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, erwiderte Kassandra erschrocken. »lch habe keinen Bann über dich geworfen. Weshalb sollte ich so etwas tun? lch begehre dich nicht. Ich mag dich überhaupt nicht, und wenn es nach mir ginge, wärst du in Kreta oder in einer der Höllen oder noch weiter weg. Ich weiß nicht, wie ich es dir deutlicher machen soll, aber wenn ich mich noch klarer ausdrücken könnte, würde ich es tun. Verstehst du das?«
    »Kassandra, kannst du mir nicht vergeben? Ich möchte dich nicht entehren. Wenn du willst, gehe ich als bescheidener Priester, der ich bin, zu deinem Vater und bitte ihn um deine Hand. Du mußt mir doch wohlgesonnen sein, denn du warst freundlich zu meinem mutterlosen Kind …«
    »Genauso freundlich wäre ich zu einer mutterlosen kleinen Katze«, fiel ihm Kassandra ins Wort. »Zum letzten Mal, Khryse: Ich werde dich nicht heiraten, selbst wenn du der letzte Mann wärst, den die

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